Gais/Südtirol. Um Felix Passlack gab’s einst einen Hype wie um Götze. Der Ex-Dortmunder spricht über seinen Wechsel zum VfL Bochum, Ziele, Dreierkette.
Felix Passlack winkte enttäuscht ab, als in Düsseldorf der Halbzeitpfiff ertönte. 0:1 stand es im Testspiel gegen den VfL Bochum, Passlacks Arbeitstag war zur Pause beendet. „Das bin genau ich“, sagt er ein paar Tage später im Südtiroler Gais, wo der VfL für eine Woche sein Trainingslager abhält. „Ich will von Natur aus immer gewinnen, gebe immer 100 Prozent, auch im Training.“
Und die Qualität des Trainings beim VfL sei „hoch, es ist Intensiv. Die Jungs sind mit Vollgas, aber auch Spaß dabei, wollen jedes Trainingsspiel gewinnen und dazu lernen.“ Dabei darf man unterstellen, dass der gerade mal 25-Jährige ein Training gewohnt ist mit individuell noch deutlich stärkeren Spielern.
Passlack kommt von Borussia Dortmund. Seit 2012 war der 1,70 Meter kleine, schnelle Mann erst als Flügelstürmer, dann als Rechtsverteidiger für den BVB am Ball, wurde zwischenzeitlich als junger Profi verliehen an die TSG Hoffenheim, Norwich City und Fortuna Sittard.
Saisonfinale: Passlack zur verpassten Meisterschaft mit dem BVB
Zuletzt zählte er drei Jahre am Stück zum hochkarätigen Kader des Vizemeisters. Beim Saisonfinale war er nicht im Aufgebot. Extrem „bitter“ fand er die verpasste Meisterschaft nach dem 2:2 gegen Mainz aber dennoch. Zugleich durfte er sich aber auch freuen: über den Klassenerhalt des VfL.
Denn Passlack, dessen Vertrag in Dortmund auslief, hatte ja längst seinen Zweijahres-Vertrag unterschrieben beim Reviernachbarn. Ligaunabhängig: Passlack hätte für den VfL auch in der 2. Liga gespielt. Das spricht für den Ehrgeiz des Bottropers, auch finanzielle Abstriche in Kauf zu nehmen, um endlich wieder regelmäßig Fußball zu spielen.
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Bochums Passlack: Ich habe richtig Bock auf den VfL
„Ich habe schnell gemerkt, dass die Verantwortlichen richtig Bock auf mich haben. Und ich habe Bock auf den VfL“, sagt Passlack. „Deshalb habe ich mich früh entschieden, ligaunabhängig. Ich will viel spielen. Mir wurde hier eine gute Perspektive aufgezeigt und mir gesagt, dass ich hier gebraucht werde.“ Schon jetzt sagt er: „Mein Wechsel zum VfL ist ein guter Schritt in die richtige Richtung.“ Sein neuer Trainer Thomas Letsch schwärmt: „Er trainiert hier, als wolle er die Welt einreißen.“
Rückblende: Den großen Durchbruch hat der Hochbegabte verpasst. Er wurde zweimal Deutscher Meister mit der B-Jugend des BVB, zweimal Deutscher Meister mit der A-Jugend des BVB, durchlief sämtliche U-Nationalmannschaften Deutschlands, führte die U17 als Kapitän zur Vize-Europameisterschaft, wurde mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold ausgezeichnet als bester Spieler Deutschlands seines Jahrgangs (2015).
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Klopp schwärmte von Passlack - Tuchel schulte ihn zum Rechtsverteidiger um
Mit 16 stieß er zu den Profis, noch unter Jürgen Klopp, der von den Jungspund begeistert war. Mit 17 gab er sein Bundesliga-Debüt. Um Passlack gab es einen Hype fast wie um den jungen Mario Götze. Zu viel Trubel für einen jungen Mann? „Nicht unbedingt“, sagt er. „Am Anfang meiner Profikarriere gab es einen Positionswechsel. In der Jugend war ich offensiver, unter Trainer Thomas Tuchel wurde ich zum Rechtsverteidiger umgeschult. Da braucht man Spiele, um in der neuen Rolle anzukommen. Die habe ich wenig gehabt, daher war es nicht so ganz einfach.“
Hinzu kam natürlich geballte Konkurrenz, Lukas Piszczek etwa, später der immer stärker werdende Marius Wolf. Von Piszczeck und Linksverteidiger Marcel Schmelzer, aber auch Götze oder Ilkay Gündogan habe er im Training sehr viel gelernt. Gespielt hat er fast nie.
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Bei Fortuna Sittard blühte Passlack im zentralen Mittelfeld auf
Auch in Hoffenheim und bei Norwich City nicht. Erst beim niederländischen Erstliga-Abstiegskandidaten Fortuna Sittard blühte er auf, wieder in neuer Rolle, eher im zentralen Mittelfeld mit vielen Freiheiten nach vorne. 25 Pflichtspiele machte er, „ich habe das Vertrauen gespürt, konnte befreit aufspielen“, sagt er. Dann kam die Corona-Pause. Es ging zurück zum BVB im Sommer 2020. Passlacks beste Phase in Dortmund hatte er dann unter Trainer Lucien Favre, er kam zu vielen Einsätzen.
Nach Favres Aus aber saß er unter Edin Terzic, Marco Rose und erneut Terzic wieder meist nur auf der Bank oder der Tribüne. In der Vorsaison kam Passlack nur auf fünf Pflichtspiel-Einsätze und durfte nur einmal über 90 Minuten ran, beim Champions-League-Spiel gegen Kopenhagen. Er zeigte eine gute Leistung. Doch „wenn die Mannschaft im Flow ist und die Konkurrenten nicht ausfallen“, so Passlack, „wird es schwer, ins Team zu rutschen.“
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Passlack über Konkurrent Gamboa: „Wir haben viel Spaß zusammen“
Ein Schritt zurück soll ein Schritt nach vorne sein. In Bochum. Vielleicht wieder mit einer neuen Rolle. Bisher spielte er Rechtsverteidiger in einer Viererkette. Beim VfL ist er auch als Schienenspieler einer Dreierkette eingeplant. „Ich bin gespannt, will mich auch selbst weiter entwickeln“, sagt der trotz der BVB-Glitzerwelt stets geerdet gebliebene Passlack, der im In- wie Ausland von seiner Frau Hannah unterstützt wurde. „Privat ging es mir immer gut, auch wenn es sportlich nicht lief“, betont er.
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Er will spielen – selbstverständlich ist das nicht. Cristian Gamboa, Bochums langjähriger Mentalitätsspieler, ist sein Konkurrent. „Er ist ein super Typ“, sagt Passlack. „Wir haben viel Spaß zusammen, helfen uns gegenseitig. Derzeit erklärt Gambo mir viel, wie ich in der Viererkette stehen und anlaufen muss beim VfL“, sagt Passlack.
Thomas Letsch sieht Passlack als idealen Schienenspieler
Trainer Letsch reibt sich die Hände. Gamboa ist bereits topfit, Passlack ein möglicher Schlüsselspieler der Saison. „Das wird ein spannendes Duell bleiben“, sagt Letsch. „Felix wäre sicherlich ein Profiteur, wenn wir hinten zu dritt spielen und er noch einen Mann hinter sich hat. Er hat seine Stärken eher nach vorne, kann aber auch in der Viererkette rechts verteidigen.“
Fortuna Bottrop darf sich wohl über viele Besuche Passlacks freuen
Konkurrenz, betont Passlack, sei immer gut. Mit dem VfL will er den Klassenerhalt erreichen, natürlich weniger Gegentore kassieren als zuletzt. Und bleibt Zeit, wird Passlack auch häufig in Bottrop am Platz sein. Er ist heimatverbunden, seinen ersten Klub als Kind, den Bezirksligisten Fortuna Bottrop, hat er nie aus den Augen verloren.
In Bottrop trifft er sich gerne mit seinen Freunden. Der Spielplan meint es gut mit ihm: Die ersten neun Pflichtspiele des VfL steigen alle samstags. „Daher“, hofft Passlack, „schaffe ich es bestimmt ein paar Mal, mir am Sonntag die Spiele von Fortuna anzugucken.“