Bochum/Dortmund. Im Derby zwischen dem VfL Bochum und dem BVB stehen die Schlotterbeck-Brüder im Fokus. BVB-Profi Nico würde Bruder Keven auch umgrätschen.
Nein, eine Wette haben sie nicht laufen. „Wir lassen das auf uns zukommen“, sagt Nico Schlotterbeck. Gemeint ist jenes Spiel, auf das so viele hinfiebern: DFB-Pokal-Achtefinale, VfL Bochum gegen Borussia Dortmund, ein Flutlichtspiel an der Castroper Straße an diesem Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF und Sky). Ein besonderes Spiel, für die Bochumer vielleicht noch etwas mehr als für die erfolgsverwöhnteren Dortmunder – insbesondere aber für die Brüder Schlotterbeck.
VfL Bochum gegen BVB: Keven und Nico Schlotterbeck treffen aufeinander
Die könnten aktuell ja wieder zusammen wohnen, wie sie es einst in Freiburg taten, eine Weile stand das sogar im Raum. Nun allerdings hat jeder seine eigene Unterkunft, beide wohnen aber in Dortmund – obwohl nur Nico Schlotterbeck bei dem großen Verein in dieser Stadt angestellt ist. Keven Schlotterbeck spielt ein Stück weiter westlich, die A40 entlang, beim deutlich kleineren Klub, dem VfL Bochum. Was bereits verrät, dass die beiden Brüder ganz unterschiedliche Karrierewege zurücklegen. Heute aber treffen sich beide im Ruhrstadion, Bochum will Dortmund rauswerfen. Der große Bruder, Keven, möchte den kleinen, Nico, ärgern.
„Wir beide wissen um die besondere Bedeutung. Wir beide stehen ständig in Kontakt und versuchen, uns gegenseitig zu helfen. Wenn etwas ist, weiß er, dass er sich immer bei mir melden kann“, sagt Keven Schlotterbeck (25). „Wenn es dann Richtung Pokalspiel geht, werden vielleicht ein, zwei Nachrichten weniger ausgetauscht. Dann heißt es: Volle Attacke für den Verein.“
BVB-Profi Nico Schlotterbeck riet seinem großen Bruder zum VfL Bochum
Spiele gegeneinander kennen sie schon, als Dortmund in der Hinrunde auf Freiburg traf, saß Keven Schlotterbeck aber nur auf der Bank, während Nico auf dem Rasen verteidigte. Der kleine Bruder, 23 Jahre alt, ist sportlich die größere Nummer: Stammspieler beim BVB, Mitglied der Nationalmannschaft. Der ältere Bruder hat hingegen eine Zeit hinter sich, in der die Karriere stockte, in diesem Winter wurde er daher von Freiburg an den VfL Bochum verliehen; dort wird er in der Abwehr gebraucht.
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„Nico hat mir zum Wechsel nach Bochum geraten, weil der VfL ein geiler Verein ist“, berichtet Keven Schlotterbeck. „Er hat mir erzählt, was im Pott anders ist als im Breisgau: Hier bekommst du die Wahrheit auf gut Deutsch direkt in die Fresse gesagt, während sie im Süden weniger direkt sind, eher hintenrum.“ Sein kleiner Bruder habe einen Karriereweg eingeschlagen, „den ich auch gerne genommen hätte. Ich war aber noch nicht so reif und bullig wie er, sondern eher kleiner und etwas dicker. Er macht seine Sache in Dortmund sehr gut und hat sich das alles verdient.“
Beide Schlotterbecks nahmen einen unterschiedlichen Weg nach oben
Zur Familiengeschichte der Schlotterbecks gehört, dass an beiden Sprösslingen, geboren im württembergischen Waiblingen nahe Stuttgart, deutlich wird, welche unterschiedliche Routen in die Bundesliga führen können. Keven Schlotterbeck gelangte über Umwege in den bezahlten Fußball, Nico Schlotterbeck hingegen kletterte lange, als hätten Karriereplaner seinen Marsch vorgezeichnet, immer weiter nach oben. Im Sommer 2022 bezahlte die Borussia für den Abwehrspieler 20 Millionen Euro an Freiburg. Erst beim Vizemeister erlebte er Rückschläge, seine Fehler führten zu Toren, auch bei der Weltmeisterschaft in Katar patzte er. Dortmunds Trainer Edin Terzic baut trotzdem auf ihn.
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Ihm tue es gut, nun jemanden aus seiner Familie um sich zu haben, verrät Nico Schlotterbeck. Früher sei es zu Hause immer um Fußball gegangen. „Unsere Eltern haben uns immer unterstützt, jetzt haben wir es beide geschafft, obwohl unsere Fußballwege unterschiedlich waren. Ich habe schon mit 16 Jahren den Schritt ins Internat gewagt, mein Bruder hat erst in den unteren Ligen gespielt, von dort kam er durch unseren Berater in den Profibereich.“
2014 sortierten die Stuttgarter Kickers Keven Schlotterbeck in der Jugend aus, der Profifußball schien weit weg. Die erste Herren-Station? In der Verbandsliga beim VfL Kirchheim. Amateurfußball statt Bundesliga. Freiburg wurde allerdings auf ihn aufmerksam, verpflichtete ihn 2017 zunächst für die U23. Zwei Jahre später rückte er als Ergänzungsspieler in den Profikader auf, jetzt soll er Bochum beim Klassenerhalt helfen.
BVB-Trainer Edin Terzic setzt auf Ehrgeiz
Und jetzt kommt es zum direkten Duell: „Ich hoffe, mein Bruder spielt“, sagt Nico grinsend. „Aber nicht so gut, dass er uns im Weg steht.“ Sein Trainer Edin Terzic macht sich keine Sorgen, dass sein Abwehrspieler zu viel Rücksicht auf den Bruder auf der anderen Seite nehmen könnte: „Wenn ich jeden Tag sehe, wie sehr Nico auch im Training jedes Spiel gewinnen will, bin ich mir zu 100 Prozent sicher, dass es früher im Kinderzimmer auch so war“, meint er.
War es, das können die Brüder bestätigen. Und der Ehrgeiz ist kein bisschen abgekühlt. „Nico hat mal gesagt, er würde mich im direkten Duell umgrätschen“, erzählt Keven Schlotterbeck. „Ich will natürlich niemanden verletzen, aber dem kleinen Bruder trotzdem zeigen, wer der Stärkere von uns beiden ist.“