Jerez de la Frontera/Spanien. Gerrit Holtmann will sich im Trainingslager des VfL Bochum wieder für die Startelf empfehlen. Im Test gegen Zürich verletzt er sich am Knie.

Auf Gerrit Holtmann müssen die rund 30 mitgereisten Fans am Trainingsplatz des Resorts Barcelo Montecastillo im spanischen Jerez de la Frontera nicht warten – der Außenstürmer kommt nach dieser Einheit direkt selbst zu ihnen.

VfL Bochum: Gerrit Holtmann pflegt guten Umgang zu den Fans

Ein frohes neues Jahr wünscht Holtmann den treuen Anhängerinnen und Anhängern, diesen „vielen bekannten Gesichtern und positiv Verrückten, die so viel auf sich nehmen, um uns zu unterstützen“, wie er später in der Lobby des Hotels in Jerez sagt, wo der VfL Bochum eine Woche lang sein Trainingslager-Quartier gebucht hat.

Eine Selbstverständlichkeit ist ein guter Umgang mit den Fans für den Mann mit dem starken linken Fuß – anders als für viele andere Bundesliga-Profis der heutigen Abschottungs-Zeit. Für Holtmann sind sie ein wichtiger Teil des Teams. So wie er sich auch selbst sieht, als ein Spieler für das große Ganze. „Wir sind dran“, sagt er hoffnungsvoll mit Blick auf die Tabelle, auf Rang 17 mit nur einem Punkt Rückstand auf den ersten Gegner am 21. Januar, Hertha BSC, sowie den VfB Stuttgart und zwei Punkten auf Augsburg.

Holtmann ist aber nicht nur ein netter Kerl, der offen ist für alle. Er ist auch ein richtig guter Fußballer – wenn er in (Top-)Form ist wie in der Rückrunde der vergangenen Saison. Dann kann er ebenso den Unterschied machen wie seine Außenstürmer-Konkurrenten Takuma Asano, Christopher Antwi-Adjei oder Simon Zoller.

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Am Dienstag gegen 17.25 Uhr dann der Schock: Holtmann rutschte kurz vor Schluss des Testspiels gegen Grashoppers Zürich auf dem Rasen weg, blieb liegen, wurde behandelt und ausgewechselt. Eine Eisbandage kühlte sein Knie, Holtmann konnte aber ohne stützende Helfer den Platz langsam verlassen. „Ich denke, es ist nichts so Schlimmes“, sagte er selbst vorsichtig optimistisch. Genauere Untersuchungen standen aber noch aus.

Bestätigt sich die erste Vermutung, will er weiter Gas geben und an seine Vorjahres-Frülings-Form anknüfpfen. Vor rund einem Jahr wurde sein Maradona-Messi-Solo zum 1:0 gegen Mainz im August 2021 zum Tor des Jahres in der ARD gewählt, zum Jahrestag bekam Holtmann viele Glückwünsche auf sein Handy geappt. In Dortmund traf er auch Ende April und feierte den Klassenerhalt. Nach der Saison gab er sein lang ersehntes, immer wieder verschobenes Debüt für die philippinische Nationalmannschaft, der Heimat seiner Mutter. Im Sommer hat er geheiratet und etwas später seinen Vertrag beim VfL verlängert bis Juni 2025. Was für ein Holtmann-Halbjahr!

Trainer Thomas Letsch hält große Stücke auf die Qualitäten von Gerrit Holtmann, hier im Testspiel gegen Zwolle. Der Außenstürmer hat zuletzt aber seinen Stammplatz verloren im Team des VfL Bochum.
Trainer Thomas Letsch hält große Stücke auf die Qualitäten von Gerrit Holtmann, hier im Testspiel gegen Zwolle. Der Außenstürmer hat zuletzt aber seinen Stammplatz verloren im Team des VfL Bochum. © FUNKE Foto Services | Udo Kreikenbohm

In dieser Saison aber läuft es sportlich noch lange nicht so rund wie erhofft. Holtmann zeigte in den ersten Spielen noch unter Trainer Thomas Reis ordentliche Leistungen, traf aber allein in Freiburg nur Pfosten und Latte statt ins Tor. Unter Thomas Letsch, der große Stücke auf seine Qualitäten hält, hat er zuletzt seinen Stammplatz verloren, den der 27-Jährige aus Bremerhaven seit seiner Ankunft in Bochum im Sommer 2020 eigentlich fast immer fest gebucht hatte.

Holtmann nimmt es sportlich. „Jimmy“, sagt er über Christopher Antwi-Adjei, der ihn zuletzt verdrängt hatte aus der Startelf, „hat es sehr gut gemacht. Die Mannschaft hat überzeugt, es geht bei uns alles in die richtige Richtung.“ Auch dank Letsch. Der Schwabe, meint Holtmann über den Reis-Nachfolger, sei ein „super Trainer, fachlich und menschlich ist er überragend. Er passt hervorragend nach Bochum.“

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Aber klar: Spielen will er wieder mehr als zuletzt. In den letzten fünf Partien wurde er viermal eingewechselt, in Augsburg spielte er gar nicht. Spielen will er möglichst von Beginn an, auch wenn die von Coach Letsch mehrmals nach 60 oder 70 Minuten eingewechselte und viel gelobte „zweite Sturmreihe“ mit Holtmann oft für frischen Wind sorgte. Der schnelle Flügelstürmer ist selbstkritisch: „Ich bin keiner, der gleich zum Trainer rennt und ihn fragt, warum ich nicht spiele. Es liegt an mir. Ich muss mich steigern und verbessern.“

Zwischenzeitlich bremste ihn auch eine Reizung im Adduktorenbereich aus, die der stets erfrischend ehrliche Holtmann in der Hektik der Medienwelt nach dem 2:1-Sieg gegen Union Berlin versehentlich zu einer Schambeinentzündung erklärte. „Das war mein Fehler, so gravierend war es nicht“, sagt er heute. Und hat spätestens im ersten WM-Urlaub alles auskuriert.

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Der erste Vorbereitungsblock war hart, Letsch forderte viel von seinen Profis, was auch zu müden Beinen in den Testspielen führte (drei Niederlagen, ein Remis), meint Holtmann. Im Weihnachtsurlaub tankte der leidenschaftliche Pokemon-Karten-Sammler auch mental neu auf, war erstmals seit zehn Jahren bei Verwandten auf den Philippinen zu Gast. Eine andere Welt, wie Holtmann im positiven Sinne erzählt, mit kleinen Mopeds, den Tuk Tuks, auf denen sich gerne fünf Leute quetschen wie seine Cousinen und Cousins, die irgendwann die Angst vor hautnah vorbeifahrenden Autos verloren haben.

Eine Lebensfreude, ein Optimismus, der durchaus beispielhaft sein kann. Die Siege gegen Mönchengladbach und in Augsburg zum WM-bedingt frühen Ausklang im alten Jahr jedenfalls, sagt Holtmann mit frischem Mut, waren „ein richtiger Befreiungsschlag. Das spüren wir noch, und daran wollen wir gleich wieder anknüpfen.“

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