Bochum. Im Ruhrstadion ist der VfL Bochum derzeit eine Macht, auch dank der Fans, meint Trainer Letsch. Bis zur WM müssen aber auch auswärts Punkte her.
Um den Coup des VfL Bochum nach einer Nacht Schlaf einzuordnen, lohnt ein Blick in die Statistik. Knapp sechs Jahre war es her, dass ein Bundesliga-Schlusslicht einen Bundesliga-Spitzenreiter besiegen konnte. Dem FC Ingolstadt, aktuell Tabellendritter der 3. Liga, ist dieses Kunststück gelungen im Dezember 2016 gegen RB Leipzig (1:0).
Fast sechs Jahre später feierte nun Bochum die Überraschung des elften Spieltages. 2:1 gegen Union Berlin. Und das Beste daran war: Dieser Sieg war hochverdient, die Leistung deutlich besser noch als beim 3:0 gegen Eintracht Frankfurt.
Union Berlin hadert mit zwei Schlüsselszenen - Riemann bleibt ein Elfmeter-Held
Über den verdienten Sieger gab es nach der Partie keine zwei Meinungen, auch die Berliner gratulierten höflich. Wobei sie mit zwei Schlüsselszenen hadern durften. Zum einen mit der Gelben Karte gegen Ivan Ordets nach einem harten Foul an Janik Haberer, der verletzt vom Feld musste – eine Rote Karte hätte dem Regelwerk sicherlich nicht widersprochen. Zum anderen mit dem vergebenen früheren 1:2, als Milos Pantovic an Torwart Manuel Riemann scheiterte vom Elfmeterpunkt. Es war der achte – in diesem Fall aber zumindest fragwürdige – Elfmeter gegen Bochum im elften Spiel, ein Rekordwert. Zum vierten Mal ging der Schuss nicht (direkt) ins Netz. Riemann bleibt, wie es ja salopp heißt im Fußball, ein „Elfmeterkiller“.
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Letztlich setzte sich der enorm präsente, der wuchtigere VfL durch. Dank einstudiertem Standard-Kopfball-Tor von Philipp Hofmann nach Philipp Försters Ecke. Dank des 2:0 nach einem Treffer für das Lehrbuch, Kapitel „Steil und Klatsch“, sagte Trainer Thomas Letsch genüsslich zum wunderbar heraus kombinierten 2:0 von Gerrit Holtmann.
Drei Auswärtsspiele und nur ein Heimspiel bis zur WM-Pause
Der Coach hofft nun, dass auch auswärts der Knoten platzt in der Liga. Das wäre immens wichtig, um in der über zweimonatigen Winterpause den Klassenerhalt in Sichtweite zu haben, was die Motivation in der spiellosen dunklen Jahreszeit ebenso beflügeln dürfte wie die Aussicht auf das Pokal-Achtelfinale gegen Borussia Dortmund.
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Der Spielplan meint es jedenfalls nicht so richtig gut mit dem VfL Bochum, der mit sieben Punkten nach dem Sechs-Niederlagen-Fehlstart weiterhin längst nicht im Soll ist im Kampf um den Klassenerhalt. Gegen Hertha BSC, trotz des 2:1-Sieges gegen das neue Schlusslicht Schalke 04 mehr Abstiegskonkurrent als Über-Gegner, und den schwer kriselnden Champions-League-Klub Bayer Leverkusen darf der VfL erst nach der langen Winterpause ran zum Abschluss der Hinserie im neuen Jahr. Und vor allem: Von den vier Spielen bis zur WM-Unterbrechung muss Bochum dreimal auswärts antreten.
Fünf Spiele, fünf Niederlagen: Auswärts soll die Wende her
Es geht zunächst nach Wolfsburg, dann nach Dortmund, und nach dem Heimspiel gegen Mönchengladbach wartet noch der FC Augsburg auf seine Gäste aus dem Revier. Auswärts hat der VfL seine fünf Saisonspiele bisher verloren: in Hoffenheim (2:3) und Freiburg achtbar (0:1), auf Schalke so überflüssig wie am Ende verdient (1:3), in Leipzig chancenlos (0:4) und in Stuttgart nach viel zu vielen individuellen Aussetzern (1:4).
„In den drei Heimspielen haben wir es geschafft, sofort eklig zu spielen. Jetzt müssen wir auch auswärts stabiler werden“, meinte Torschütze Holtmann. „Wir haben das in der letzten Saison geschafft, wir schaffen das auch diesmal wieder.“
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In der Vorsaison dauerte es bis zum achten Spieltag, ehe nach vier Auswärtsniederlagen der erste Sieg gelang in Fürth (1:0). Es folgten ordentliche, aber unbelohnte Leistungen in Leverkusen (0:1) und Mönchengladbach (1:2) sowie ein wichtiger 3:2-Erfolg beim FC Augsburg.
Gelingt Bochum in Wolfsburg die Auswärts-Wende? Der Einsatz, die Kompaktheit, die Aggressivität in den Zweikämpfen sorgten für beste Laune im Ruhrstadion zuletzt, und „so müssen wir auch auswärts weiterspielen. Wir brauchen die Punkte, das ist ganz wichtig“, betonte Christopher Antwi-Adjei.
Kruse-Aus, Masken-Wirbel: Viel Theater in Wolfsburg
Unmöglich ist das nicht am kommenden Samstag (15.30 Uhr/Sky). Die Wolfsburger Saison ist bisher von negativen Schlagzeilen überschattet, vom Theater um den von Trainer Nico Kovac aussortierten Max Kruse bis zum Fehlverhalten etlicher Spieler bei der Bahnreise zur Partie in Leverkusen. Viele Profis trugen keine Maske und sollen zudem noch Bahn-Bedienstete verhöhnt haben. Der Klub, allen voran Geschäftsführer Jörg Schmadtke, entschuldigte sich öffentlich und maßregelte die beteiligten Spieler.
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Wolfsburg, wo ab Februar Bochums Ex-Sportgeschäftsführer Sebastian Schindzielorz als neuer Sportdirektor einsteigt, hat auch unter Trainer Kovac noch keine den Ansprüchen genügende Konstanz gefunden. Allerdings zeigt die Formkurve nach oben. In den letzten vier Partien gab es erst einen Sieg gegen Stuttgart (3:2) und dann drei Remis in Augsburg (1:1), gegen Mönchengladbach und nun in Leverkusen (jeweils 2:2).
Wolfsburg ist gemeinsam mit dem VfB mit fünf Unentschieden Remis-König der Liga, konnte daheim auch gegen Bremen und Schalke nicht gewinnen. Setzt sich Bochum durch, würde der Revierklub bis auf einen Punkt an Wolfsburg heranrücken und den VW-Klub noch stärker in den Abstiegskampf ziehen.
So will Trainer Letsch die Spieler stark machen
Eine große Chance. Um sie zu nutzen, will Trainer Thomas Letsch auch die Gedanken der Spieler in eine positive, in eine mutigere Richtung lenken. Die Wucht der Fans im Ruhrstadion mache schon etwas aus, sagte Letsch am Sonntag im kleinen Journalisten-Kreis. Sein Team müsse auch auswärts so ins Spiel gehen, als sei es ein Heimspiel. So wie gegen Union.
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Es war die beste Saisonleistung des VfL. Es war zum ersten Mal eine über die komplette Distanz konzentriert gute Leistung. „Das Aggressive, dem Gegner ständig auf den Sack zu gehen, niemals aufzugeben“, das sei das, was Trainer Letsch sehen will vom Team, erklärte Hofmann. „Diese Spielweise müssen wir beibehalten und auch auswärts auf den Platz bringen“, fordert der Zielstürmer.
Gerrit Holtmann setzt auf die eigenen Fans: „In Wolfsburg ist doch nix los“
Auf die Fans jedenfalls kann sich Bochum ja auch in anderen Stadien verlassen – erst Recht in Wolfsburg. Atmosphärisch sieht Gerrit Holtmann hier ein Heimspiel für den VfL. Der Außenstürmer zählt zu den im Floskel-Geschäft Profifußball selten gewordenen Spielern, die offen und erfrischend ehrlich ihre Meinung äußern. „Unsere Fans werden da auf jeden Fall lauter sein“, sagte Holtmann. „In Wolfsburg ist doch nix los.“