Bochum. Christopher Antwi-Adjei verzückte gegen Frankfurt nicht nur den Trainer. VfL Bochums Flügelstürmer über Letsch, Fitness, seine Rolle, die WM.

Schon wenige Minuten nach seiner Einwechslung rieben sich auf den Tribünen viele Fans des VfL Bochum die Augen. Teilweise vielleicht verwundert. Teilweise fühlten sie sich bestätigt: Er kann es! Schon immer gewusst.

Christopher Antwi-Adjei flitzte, wirbelte, spielte auf dem Rasen wie seit einer gefühlten Fußball-Ewigkeit nicht mehr. Er rannte von links nach rechts, von hinten nach vorne und wieder zurück. Er eroberte zahlreiche Bälle, trieb sie nach vorne. Er holte Freistöße und Einwürfe heraus, er stellte mit seinem Tempo die Frankfurter Defensive vor erhebliche Probleme. In nur 25 Minuten hat Antwi-Adjei ein ganz starkes Zeichen gesetzt.

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Trainer Letsch schwärmt von Antwi-Adjeis „extremer Energie“

Das sah auch sein Trainer so. Von einer „extremen Energie“ Antwi-Adjeis schwärmte VfL-Coach Thomas Letsch Tage später noch gegenüber dieser Redaktion. Von einer Energie, die Bochum benötigte, um Frankfurt fernzuhalten vom Ausgleich, um selbst zu erhöhen. 2:0. 3:0 nach Einwurf von Antwi-Adjei in den Fuß von Winkel-Torschütze Philipp Förster.

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Christopher Antwi-Adjei, von seinen Freunden und Kollegen Jimmy genannt, ist endgültig wieder richtig da beim VfL Bochum. Antwi-Adjei aber gab das ganze Lob umgehend zurück. Beim Spiel gegen Köln, als er auch eingewechselt wurde rund zehn Minuten vor Schluss, habe die Mannschaft nicht so den Zugriff gehabt wie erwünscht. Köln drückte, Köln glich aus, Antwi-Adjei blieb blass. Gegen Frankfurt sei das anders gewesen.

Der Hagener Flügelstürmer lobt Zoller und Kollegen

Auch, weil „es die Startelf gut gemacht hat“, sagt der Hagener bescheiden. Simon Zoller, für den er reinkam in Minute 72, und dessen Kollegen hätten die Eintracht mit viel Lauf- und Zweikampfarbeit gestresst, genervt, quasi zermürbt. Und Bochum war eben gerade mit 1:0 in Führung gegangen. Das Momentum lag auf der VfL-Seite, „dann ist es einfacher, ins Spiel zu kommen“, sagt Antwi-Adjei. „Es entstanden Räume, die ich nutzen wollte“, sagt der Turbo-Außenstürmer.

Die man dann aber eben auch nutzen muss. Antwi-Adjei schaffte dies, noch besser als die zehn Minuten später eingewechselten, ebenfalls überzeugenden und schnellen Jordi Osei-Tutu und Silvere Ganvoula.

Es war ja ziemlich ruhig geworden um den im Sommer 2021 früh vom Zweitligisten SC Paderborn verpflichteten Antwi-Adjei, den Flügelflitzer aus Hagen, der gegen den FC Bayern im Februar sein erstes und bisher einziges Bundesliga-Tor für den VfL Bochum erzielt hatte. Er spielte in der Vorsaison keine überragende, aber auch keine schlechte Rolle im Team des damaligen Trainers Thomas Reis. 25 Einsätze, davon zwölf von Beginn an. Ordentlich. Ein Tor, zwei Torvorlagen – Luft nach oben.

Verletzungspech vom Saisonende 2021/22 bis Ende August

Doch Antwi-Adjei beendete die vergangene Saison mit Krankheits- und Verletzungspech nicht so gut, wie er sie weitgehend zuvor bestritten hatte. Und er kam schwer in diese Spielzeit, Verletzungen warfen ihn gleich zweimal zurück. Nach seiner Länderspielreise mit Ghana stieg er verspätet in die Vorbereitung ein, wie so viele Bochumer Profis. Er zog sich eine muskuläre Verletzung zu vor der Abreise ins Trainingslager, konnte gut zwei Wochen nicht am Mannschaftstraining teilnehmen.

Nach dem Saisonstart verletzte er sich erneut, kehrte erst gegen Bremen Anfang September in den Kader zurück – und scheint nun wieder richtig da zu sein. Bereits in der zweiten Halbzeit beim 0:4 in Leipzig, nach seiner Einwechslung, zählte er zu den Besseren beim VfL Bochum. Jetzt der Wirbel-Auftritt daheim. Schon länger habe er keine muskulären Probleme mehr, sagt Antwi-Adjei zufrieden, „ich fühle mich gut. Vor allem, weil wir den ersten Sieg gemeinsam erkämpft haben. Das war wichtig.“

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Neue Ideen: Das sagt Antwi-Adjei über den neuen Trainer Letsch

Auch dank des neuen Trainers, meint Antwi-Adjei. Sein Eindruck von Thomas Letsch, seit knapp drei Wochen neuer VfL-Trainer, sei „gut. Er bringt viele neue Ideen rein, die Intensität im Training ist hoch. Es war von Anfang an Feuer drin“, sagt der 1,74 Meter kleine Dribbelmeister. So lege Letsch bei der taktischen Ausrichtung viel Wert auf Kompaktheit und Geschlossenheit, auf das gemeinsame Erobern der zweiten Bälle, erkläre viel. Antwi-Adjei: „Es ist eine gute Entwicklung bei uns zu erkennen.“

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Eine Entwicklung, die ihm vielleicht auch mal wieder einen Einsatz von Beginn an beschert? Antwi-Adjei würde sich naturgemäß freuen. Er hält aber den Ball flach. Er sagt: „Wichtig ist, dass wir Spieler einwechseln können, die dann noch mal Power ins Spiel bringen.“

Es geht nun nach Stuttgart. Zum Vorletzten VfB. Ein weiterer Erfolg, „das wäre natürlich überragend“, sagt Antwi-Adjei. „Dafür müssen wir wieder Vollgas geben wie gegen Frankfurt. Wenn wir eine kleine Serie hinlegen, bleiben wir dran oder überholen sogar den einen oder anderen Konkurrenten. Das kann ganz schnell gehen.“

Erst Zoller - dann Antwi-Adjei? Oder bleibt Holtmann draußen?

Das ist das Ziel – vielleicht wieder in der Frankfurter Konstellation. Den Gegner müde zu beackern mit Zoller und Co., um ihn dann mit dem Tempo von Antwi-Adjei oder Osei-Tutu zu überrennen, das ist kein schlechter Plan. Gegen Frankfurt ging er jedenfalls auf. Wobei Antwi-Adjei ja nicht nur für Zoller in die Startelf rutschen könnte, sondern auch für Gerrit Holtmann. Schnell sind sie beide. Holtmann hat in dieser Saison nicht so enttäuscht wie einige andere. Komplett überzeugt wie teilweise in der Vorsaison hat er allerdings auch noch nicht, vor allem nicht konstant.

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Denkbar, wahrscheinlich sogar ist, dass Trainer Letsch in der Englischen Woche rotiert und beim Pokalspiel am Dienstag in Elversberg dem einen oder anderen bisher weitgehend gesetzten Offensivspieler wie Zoller, Holtmann oder Philipp Hofmann zunächst eine Pause gibt. Oder dies bereits in Stuttgart erwägt.

WM in Katar ist für den Nationalspieler von Ghana ein großes Ziel

Klar ist, dass Antwi-Adjei bereit ist zu zeigen, was er kann, ob von Beginn an oder wieder als Joker. Dabei will er sich auch für die WM in Katar (20. November bis 19. Dezember) empfehlen. Im Juni feierte der gebürtige Hagener mit familiären Wurzeln in Ghana seine Einsätze Nummer zwei und drei für Ghana, nach einer mehrjährigen Pause seit seinem Debüt im November 2019. In der jüngsten Länderspielphase, der letzten vor der WM, zählte Antwi-Adjei nicht zum Aufgebot der Afrikaner, nachdem er seine Verletzung gerade erst auskuriert hatte.

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„Ich will gesund bleiben und mich in der Bundesliga empfehlen“, sagt er nun. Auch für die WM. Zumindest „ein bisschen“ Hoffnung, nominiert zu werden, hat der Flügelstürmer des VfL Bochum jedenfalls. Immerhin dürfen diesmal 26 Spieler nominiert werden statt 23 wie bei den letzten Weltmeisterschaften. Ghana ist allerdings mit Spielern wie Inaki Williams von Athletic Bilbao oder Daniel Kofi-Kyereh vom SC Freiburg offensiv gut besetzt. Ghana trifft in Katar in der Vorrunden-Gruppe H auf Portugal, Südkorea und Uruguay.