Köln. Wer übernimmt auf dem Feld die Kommandos? Auch das ist ein Thema beim VfL Bochum nach dem 1:2 in Köln. Asano fällt noch länger aus.

Enttäuscht gingen die Spieler des VfL Bochum vom Platz im immer noch tosenden Kölner Stadion. Mit dem 1:2 beim FC war der Aufsteiger gut bedient. Fünf Aspekte nach der zweiten Auswärtsniederlage und vor der Partie gegen Hertha BSC am 12. September (17.30 Uhr/Ruhrstadion).

1 Die erste halbe Stunde: Warum Köln Bochum überrollen konnte

Der VfL wurde wie schon in Wolfsburg überrollt, war passiv, kam nicht aus der eigenen Hälfte und hatte Glück, dass Köln nicht traf. Verschlafen habe man den Start, bodenlos sei er gewesen, sagten Spieler und Verantwortliche im Tenor unisono.

Warum? War es die imposante Kulisse nach der langen Geisterspielzeit? Die Kölner Aggressivität, das Tempo, das einige sichtlich überforderte? Vielleicht eine Mischung daraus. Fakt ist: „Wir haben den Männerfußball nicht angenommen“, sagte Trainer Thomas Reis. Sein Plan musste durch die Passivität im Zweikampf scheitern: Köln seiner Stärken zu berauben durch aktives Verteidigen, Unruhe aufkommen zu lassen und dann selbst das Spiel zu übernehmen.

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Im Zentrum stimmt die Zuordnung nicht - Links hilft Holtmann nicht

Die Zuordnung im Zentrum funktionierte nicht. Anthony Losilla schaffte es nicht, den Zehner Ondrej Duda aus dem Spiel zu nehmen, verließ zudem zu oft seine Position. Milos Pantovic und Elvis Rexhbecaj waren ebenfalls viel zu weit weg von Florian Kainz und Dejan Ljubicic. Stürmer Sebastian Polter beschäftigte Kölns Sechser Ellyes Skhiri nicht eng genug. „Köln konnte immer wieder Pässe in die Schnittstellen spielen, weil wir im Zentrum keinen Zugriff hatten“, analysierte Sportgeschäftsführer Sebastian Schindzielorz.

Und links hatte Benno Schmitz, der FC-Außenverteidiger, ständig freie Bahn, weil Gerrit Holtmann anders als besprochen und anders als Simon Zoller auf der rechten Seite nicht mit nach hinten marschierte. Danilo Soares hätte Holtmann eine klare Ansage machen müssen. Tat er aber nicht und war zudem selbst überfordert.

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Wer übernimmt das Kommando? Bockhorn ist für Standards nicht vorgesehen

Das war ein Kernproblem des VfL: Es gab vor Manuel Riemann keinen Anführer, der die Kommandos gab wie Robert Zulj in der Aufstiegssaison. Auch Kapitän Losilla schaffte dies nicht. Ein Beispiel: Herbert Bockhorn, rechts hinten ebenso überfordert wie der zu langsame Vasileios Lampropoulos in der Innenverteidigung neben ihm, drosch einen Freistoß aus guter Distanz weit übers Tor. Bockhorn ist für solche Standards nicht vorgesehen. Warum seine Kollegen ihn klaglos gewähren ließen, wird auch ein Thema sein in der Analyse.

2 Die Umschaltmomente: Der Mut zur schnellen Entscheidung fehlt

Und doch: Köln schaffte die Führung nicht. Bochum befreite sich noch vor der Pause, spielte aber seine Umschaltmomente gegen mutig hoch attackierende, hinten dadurch offene Kölner „schlecht und nicht zielgerichtet“ aus, so Reis. Ein besonderes Ärgernis, „denn solche Chancen bekommt du in der Bundesliga nicht so oft, die müssen wir besser nutzen.“ Gerrit Holtmann, diesmal völlig blass, bremste ab statt durchzuziehen. Bockhorn ebenso. Es fehlte der Mut zur schnellen Entscheidung. Vielleicht: ein Lernprozess. Einmal geriet zudem Zollers Rückpass auf Polter zu ungenau.

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3 Die Gegentore: Bockhorn mit Fauxpas, Soares hebt das Abseits auf

Der Druck der Kölner schlug sich auch in der Statistik nieder mit einem Ballbesitz von 71 Prozent (nach 30 Minuten: 80 Prozent!), einer Zweikampfquote von 59 Prozent, zwei Pfostentreffern und mit 22 Kölner Torschüssen (Bochum: elf). Dennoch stand es 0:0 nach 82 Minuten.

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Dann suchte Bockhorn im Mittelfeld das Dribbling gegen zwei Kölner. „Das war völlig unnötig“, ärgerte sich Reis. Köln schaltete um, Bockhorn fehlte hinten rechts, in der Mitte entwischte Torschütze Louis Schaub. Und Danilo Soares hob das Abseits vor: Wäre er im gegnerfreien Raum auf der linken Seite ein, zwei Schritte nach vorne gegangen vor der entscheidenden Flanke, hätte der Treffer nicht gezählt.

Beim 2:0 ist Lampropoulos nicht schnell genug

Beim 2:0 schon in der Nachspielzeit verlor Lampropoulos im Strafraum Torschütze Tim Lemperle völlig aus den Augen. Die Flanken freilich waren stark, wie überhaupt die Kölner stark waren: „Der Sieg ist absolut verdient“, sagte Reis. „Trotzdem wäre mehr möglich gewesen für uns.“ Ein Mutmacher: „Die Mannschaft hat nie aufgesteckt und sich das Tor von Simon Zoller noch verdient“, so Reis.

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4 Die Standards: Hoffnungsträger ist Eduard Löwen

Die Freistöße und Ecken des diesmal enttäuschenden Elvis Rehxbecaj gerieten meist zu kurz, waren allesamt harmlos. Mit Eduard Löwen, der nach seiner Olympiareise und Verletzungspause sein Kurz-Debüt feierte für den VfL, könnte Besserung eintreten. Der 24-Jährige wäre zudem auch ein Kandidat für die Kommandos jenseits von Riemann.

5 Der Ausblick: Löwen und Tesche kehren zurück

Löwen ist ein Hoffnungsträger. Robert Tesche, der seine Rot-Sperre ausgesessen hat, ist es auch. Beide könnten in zwei Wochen gegen Hertha in die Startelf rücken, das Zentrum stabilisieren. Dann müsste neben Milos Pantovic, der bei allem Einsatz kein Bundesliga-Stammspieler sein kann, Losilla oder Rexhbecaj auf die Bank.

Bella-Kotchap und Ganvoula sind für Länderspiele nominiert

Überhaupt deuten sich mehr Alternativen an für Reis. Maxim Leitsch könnte zurückkehren. Noch ist allerdings offen, wann er ins Mannschaftstraining wieder einsteigt (muskuläre Probleme). Leitsch würde mit seinem Tempo der Verteidigung Halt geben. Mit Bochums bestem Feldspieler in Köln, dem von der Kulisse offenbar unbeeindruckten 19-jährigen Armel Bella-Kotchap, hätte der VfL dann eine deutlich schnellere, stärkere Innenverteidigung.

Bella-Kotchap hat sich die Nominierung für die U21-Nationalmannschaft redlich verdient, neben ihm wird in der Länderspielpause wohl nur Silvere Ganvoula (Kongo) auf Reisen sein. Alle anderen trainieren in Bochum.

Faserriss: Takuma Asano fällt noch länger aus - Blum eine Option

Herbert Bockhorn muss dann aus seinen Fehlern schnell lernen, muss robuster und klarer werden im Spiel. Denn Cristian Gamboa wird nach seiner Arm-OP noch ausfallen. Ebenso wie Offensivkraft Takuma Asano. Der Japaner hat sich beim Kurzeinsatz gegen Mainz vor gut einer Woche einen Faserriss in den Adduktoren zugezogen und dürfte noch rund zwei weitere Wochen fehlen. Danny Blum dagegen drängt als Option in den Kader. Der 30-Jährige ist auch ein Kandidat für scharfe Standards.