Bochum. Anthony Losilla ist Kapitän des VfL Bochum. Im WAZ-Interview spricht er über das Saisonfinale, die Quarantäne, Schalke und seinen Lebenstraum.

Für Anthony Losilla (35) ist diese Zeit in vieler Hinsicht eine besondere. Der Franzose ist seit 2014 beim VfL Bochum, hat bislang 235 Spiele für den VfL gemacht. Seit der vergangenen Saison ist er Kapitän des Teams. Der VfL Bochum ist Spitzenreiter der 2. Bundesliga, Losilla kann mit dem Team den Aufstieg in die 1. Bundesliga schaffen. Dort hat er noch nicht gespielt. Losilla aber ist auch Familienvater. Das macht die bald anstehende Zeit im Saisonfinale, die die Fußball-Profis in Quarantäne verbringen müssen, deutlich schwerer für ihn. Im WAZ-Interview spricht er über die Trennung von seiner Familie, die jüngsten Vorfälle beim FC Schalke 04 und seinen sportlichen Lebenstraum.

Hallo Herr Losilla. Demnächst geht es für das Team in Hotel-Quarantäne. Wir erklären Sie es Ihren Kindern, dass Sie zwar in Bochum, nicht aber zu Hause sein können?

Es steht außer Frage, dass es eine komische Situation ist. Doch es ist eine notwendige Maßnahme, die wir so annehmen. Außerdem kennen wir das Quarantäne-Trainingslager schon aus der vergangenen Saison. Damals mussten wir vor dem Re-Start auch ins Hotel.

Wie halten Sie Kontakt?

Kontakt zu halten ist in der heutigen Zeit kein Problem. Ich kann mit meiner Familie telefonieren oder Videoanrufe machen, damit ich meine Frau und die Kinder sehen kann.

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Einmal ein Blick zurück für Sie und zu Schalke 04. Etwas Ähnliches, was die Schalker Spieler zuletzt durchmachen mussten, haben Sie erlebt, als Sie mit Dresden abgestiegen sind. Wie haben Sie das verarbeiten können und wie lange hat das gedauert, bis sie wieder unbeschwert Fußball spielen konnten?

Ich habe so etwas Ähnliches erlebt, wenn auch nicht so extrem wie bei Schalke 04 zuletzt. Am letzten Spieltag hatten wir mit Dresden noch die Chance, die Klasse zu halten. Nach dem Spielende und dem besiegelten Abstieg haben die Fans Plakate hängen lassen mit deutlichen Botschaften. Es war unangenehm, das zu erleben. Zur Sicherheit sind wir noch zwei Stunden länger im Stadion belieben. Danach habe ich aber nicht die Gefahr gespürt, dass die Fans auf uns losgehen könnten. Ich habe mich sicher gefühlt. Der Verein hatte es sehr gut organisiert, dass genug Ordner da waren. Nichtsdestotrotz ist ein Abstieg eine schlimme Situation, die man als Spieler nicht erleben möchte. Doch als Fußballer muss man mit dem Druck umgehen. Was jedoch auf Schalke passiert ist, war zu extrem. Dafür habe ich kein Verständnis.

Das Rennen um den Aufstieg mit Bochum und dazu die Coronapandemie, die Sie als Familienvater noch intensiver erleben, stellt eine besondere Belastung da. Wie kommen Sie damit klar?

Wir als Fußballer haben das Privileg, unseren Job weiter ausüben zu dürfen. Dafür müssen wir dankbar sein. Deshalb achten wir sehr darauf, was wir tun. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Kinder. Wir wollen kein Risiko eingehen. Doch dass wir trotz dieser Situation das Glück haben, in dieser Saison um den Aufstieg mitspielen – das ist positiver Druck.

Drei Spiele stehen noch an. Warum schafft Bochum den Aufstieg?

Wir haben eine gute Ausgangsposition: Drei Spieltage vor Schluss sind wir auf dem ersten Platz und haben drei Punkte Vorsprung auf Platz zwei. Wenn wir unseren Job machen, kann uns keine andere Mannschaft mehr überholen. Zudem ist es für ein paar Spieler von uns – zum Beispiel Manuel Riemann, Robert Tesche und mich – vielleicht die letzte Chance, in der Bundesliga spielen zu können. Das ist noch einmal ein wahnsinniger Ansporn.

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Auch in dieser Saison gehören Sie wieder zu den Spielern, die am meisten laufen. Trainer Thomas Reis hat ihnen aufgezeigt, dass Sie nicht immer überall sein müssen. Wie schwer fällt es Ihnen, auch mal nicht zu laufen?

Es war in all den Jahren immer meine Stärke, viel laufen zu können. Ich weiß, dass der Trainer möchte, dass ich nicht unnötig viel laufe. Daran habe ich gearbeitet bzw. arbeite ich immer noch und habe mich auch schon in die richtige Richtung entwickelt habe. Ich laufe immer noch viel, aber besser. Ich mache keine unnötigen Wege mehr. Meine Laufstärke werde ich aber nach wie vor für meine Mannschaft einsetzen.

Manuel Riemann sprach davon, dass sich für ihn ein Traum erfüllen würde, wenn es mit dem Aufstieg klappen würde. Sie haben noch nicht in einer ersten Liga gespielt. Würde sich für Sie auch ein Traum erfüllen?

Natürlich. Das wäre ein Lebenstraum, der im Erfüllung gehen würde. Ich habe noch nie in der Bundesliga gespielt. Das im Alter von 35 Jahren zu erreichen, mit einem Verein, bei dem ich jetzt seit sieben Jahren bin – ich kann mir nichts Besseres vorstellen. Ein Aufstieg wäre der Höhepunkt meiner Karriere.

Unabhängig davon, in welcher Liga der VfL in der nächsten Saison spielt, werden sie weiter als Spieler dabei sein. Gibt es schon Pläne, wie es für Sie beim VfL weitergeht, wenn sie ihre Laufbahn irgendwann beenden?

Ich konzentriere mich erstmal nur auf meine Karriere als Spieler. Ich fühle mich mit 35 Jahren immer noch gut und fit genug, um weiter Fußball zu spielen. Ich habe noch ein Jahr einen Vertrag als Spieler hier beim VfL. Dieses Jahr will ich genießen. Für alles weitere lasse ich mir Zeit, denn ich muss einige Faktoren berücksichtigen – allen voran meine Familie.