Bochum. Der VfL Bochum muss auf Torwart Riemann verzichten. Auf dem Feld hat Trainer Reis keine personellen Sorgen, sondern ein „linkes“ Luxusproblem.

Bei manchen Anhängern gab es diesen natürlichen Reflex am Donnerstagabend oder Freitagfrüh im Kollegenkreis, nach dieser 1:2-Pleite des schwer kriselnden Ligakrösus’ Hamburger SV beim SV Sandhausen. Kann der VfL Bochum schon am Montagabend (20.30 Uhr/Sky), nach dem viertletzten Saisonspiel, aufsteigen, wenn er in Darmstadt gewinnt?

Nein. Kann er nicht. Rechnerisch wäre der Aufstieg des Tabellenführers auch bei einem Sieg in Darmstadt und bei Niederlagen aller noch im Rennen befindlichen Aufstiegskonkurrenten noch nicht fix. In diesem ja auch eher unwahrscheinlichen Fall könnten Fürth und Kiel aufgrund ihrer Nachholspiele Bochum immer noch auf Rang drei schieben. Theoretisch.

Das nahende Ziel lässt manchen Schmerz vergessen beim VfL Bochum

Gefühlt wäre der VfL aber unabhängig von der Konkurrenz bei einem Sieg (fast) am Ziel. Ohnehin gilt: Auch bei einem Remis und auch bei einer Niederlage hätte Bochum weiterhin allerbeste Karten, den Aufstieg in den folgenden Partien gegen Regensburg (9. Mai/13.30 Uhr), in Nürnberg (16.) und gegen Sandhausen (23./jeweils 15.30 Uhr) klarzumachen.

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Trainer Thomas Reis ist also auch gefordert, gar nicht das Gefühl aufkommen zu lassen, man hätte es „schon“ geschafft. Doch wer die Spieler spielen sah in Heidenheim und sprechen hörte nach Heidenheim, muss sich diesbezüglich auch nicht ernsthaft Sorgen machen.

Das Ziel Aufstieg ist so nah, dass es sicherlich den einen oder anderen Prozentpunkt Extrawillen herauskitzelt, den einen oder anderen Schmerz vergessen lässt. Die Bochumer zeigten beim FCH fußballerisch eine durchwachsene Leistung. Aber sie kämpften um fast jeden Grashalm am Schlossberg, das galt im übertragenen Sinne auch für die Bank.

Immer wieder sprangen die (zunächst) nicht eingesetzten Spieler auf, pushten, feuerten an. Auch Danilo Soares übrigens, der sich nicht beleidigt verkroch nach seiner erneuten Nicht-Berücksichtigung, sondern auf eine andere Art mithalf, ehe er am Ende, nach seiner Einwechslung, ja wieder auf dem Rasen anpacken durfte.

Thomas Reis ging in Heidenheim emotional mit wie selten zuvor

Auch Thomas Reis war nicht nur der gewohnte ruhende Fels in der Brandung. Sondern ein mit Ehrgeiz und Adrenalin vollgepumpter Trainer, der mitunter seinen Emotionen freien Lauf lief. Als der eingewechselte Soma Novothny kurz vor Schluss direkt vor seiner Coachingzone eine Grätsche auspackte, ging Reis ab wie das berühmte Zäpfchen. Ebenso wie die selten so laut und ausgiebig jubelnden Spieler nach dem Schlusspfiff.

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Alle aber, Reis wie die Profis, gaben sich schon kurz darauf wieder fokussiert auf die nächste Aufgabe. Auf den SV Darmstadt 98. Das nahende Ziel, der gute Lauf, vielleicht würde er zwei, drei Prozentpunkte extra herausholen, sagte Reis auf die entsprechende Frage. „Aber das darf nicht in Überheblichkeit ausarten“, sagte er auch mit Blick auf den Vorsprung auf den HSV. „Sandhausen hat mit viel Leidenschaft gespielt. Wir schauen nur auf uns, müssen unsere Punkte holen. Dann können wir schauen, was die Konkurrenz macht.“ Und Darmstadt, mahnt Reis, „ist ein sehr unangenehmer Gegner. Das haben sie auch im Hinspiel gezeigt.“

Im Hinspiel dreht Bochum die Partie binnen zwei Minuten

Zum Jahresauftakt drehten die Bochumer gegen einen spielstarken Gast binnen zwei Minuten einen 0:1-Rückstand (82. Eigentor Kempe, 83. Pantovic). Darmstadt fiel in eine tiefe Ergebniskrise und befreite sich erst mit verstärkter Defensivarbeit. Zuletzt gab es einen 2:1-Sieg in Hamburg, ein 2:2 gegen Fürth und einen 3:1-Erfolg in Würzburg.

Mit 39 Punkten hat die Mannschaft von Trainer Markus Anfang immerhin den Klassenerhalt so gut wie sicher. Auch dank des international begehrten Stürmers Serdar Dursun, mit 19 Toren und sieben Torvorlagen zweitbester Torjäger der Liga hinter Simon Terodde (20) und bester Scorer - punktgleich mit Bochums Robert Zulj (12 Tore, 14 Torvorlagen).

Riemann war nach der Operation schon wieder am Stadion

Bochum aber klopft an die Bundesliga. Dabei kann und wird Trainer Reis wohl auf fast die gleiche Startelf setzen wie in Heidenheim. Für Torwart Manuel Riemann ist die Saison bekanntlich beendet, er wurde am Freitag operiert nach seinem Mittelhandbruch. Die Operation sei gut verlaufen, so Reis, „er war schon hier vor Ort. Das zeigt, wie fußballverrückt er ist.“

Für ihn gibt Patrick Drewes, in Heidenheim ein sicherer Rückhalt, sein Startelf-Debüt in dieser Saison. Drewes’ Vertrag läuft im Sommer aus, daher könne er sich nun „definitiv empfehlen“. Ob für den VfL oder „einen anderen Verein“, ließ Reis aber offen. „Wir beim VfL wissen, was er kann. Er hat es in Heidenheim gut gemacht und wird sich noch steigern, davon bin ich fest überzeugt.“

Soares, Bockhorn, Blum: Ein Luxusproblem auf der linken Seite

Enorm gesteigert hat sich seit seiner Ankunft in Bochum Herbert Bockhorn. Nach seiner erneut vorzüglichen Leistung dürfte er auch erneut hinten links verteidigen. Oder er rückt weiter nach vorne und ersetzt dort Danny Blum. Der Flügelstürmer hat zwar engagiert mitverteidigt, es fehlt ihm nach seiner längeren Sperre aber ein wenig die Spritzigkeit. Dann könnte Danilo Soares hinten links beginnen. Zwei aus drei: An dieser Stelle darf man getrost von einem Luxusproblem sprechen.

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Quarantäne-Trainingslager: Trainer Reis steht hinter der DFL-Entscheidung

Wie alle Profiteams müssen die Bochumer ab 12. Mai bis zum Saisonfinale am 23. Mai nach einem Beschluss der DFL in ein Quarantäne-Trainingslager, wie schon vor dem Re-Start vor rund einem Jahr. Der VfL will in das Hotel – in welches, steht laut Klub noch nicht definitiv fest – wohl „mit dem kompletten Kader“ einziehen, so Thomas Reis. Der Trainer sagte zur DFL-Entscheidung: „Wir stehen absolut dahinter. Wir haben das Privileg, unseren Beruf ausüben zu dürfen. Mit der Maßnahme kann man das Risiko noch einmal minimieren.“ Oberstes Ziel müsse es sein, „die Saison zu Ende zu spielen“.