Donaueschingen. Schalke ist nach dem ersten Trainingslager zufrieden zurück in die Heimat gereist. Die Zugänge Leon Goretzke, Felipe Santana und Adam Szalai beeindruckten, Rückkehrer Tim Hoogland bietet sich für die Schwachstelle Rechtsverteidiger an. Und Trainer Jens Keller? Der hält jetzt sogar Titel für möglich.
Donaueschingen ist nicht die Ecke für den großen Fußball im Land. Die Fahne von Borussia Mönchengladbach, die jemand in der Innenstadt aufgehängt hat, sorgt zum Beispiel mitunter für Rätselraten in der Bevölkerung: Manche Leute glauben, dass die Raute mit dem großen B in der Mitte das Symbol von Borussia Dortmund sein muss – diese Menschen kann man durch ihren Dialekt leicht als Einheimische identifizieren. Trainieren und sich auf die neue Saison vorbereiten kann man dagegen freilich prima im Schwarzwald. „Es gibt hier perfekte Bedingungen“, sagt Schalkes Trainer Jens Keller und kommt zu dem Schluss: „Viel besser kann ein Trainingslager nicht sein.“ Und so reiste Schalke gestern mit einem guten Gefühl zurück in die Heimat.
Am Sonntag beginnt zu Hause der zweite Teil der Saisonvorbereitung: Dann werden auch die fünf deutschen A- bzw. U-21-Nationalspieler Benedikt Höwedes, Julian Draxler, Roman Neustädter, Sead Kolasinac und der vom 1. FC Köln gekommene Christian Clemens zur Mannschaft stoßen. Für einige Nachwuchsspieler aus der U19 und der U23, die den Kader in Donaueschingen aufgefüllt haben, ist die Talentshow dann wieder beendet – sie durften aber alle am Donnerstag beim Testspiel gegen den FC 08 Villingen (5:0) einmal vorspielen.
Goretzka zeigt starkes Debüt
Es passte ins Bild dieser Vorbereitung, dass die Partie gegen den Oberligisten durch das starke Debüt von Leon Goretzka sogar einen gewissen Nachhaltigkeits-Effekt hatte. „Es hat viel Spaß gemacht“, schmunzelte der 18-Jährige, der mit einem herrlichen Freistoß gleich sein erstes Tor für die Königsblauen erzielte. Ungewöhnlich, dass er als Neuling sofort den Freistoß schießen durfte, aber es habe sich so recht kein anderer angeboten – „und da habe ich mir gedacht: warum nicht ich?“
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Es müsste schon verdammt viel schief laufen, sollten sich solche Neuzugänge wie Leon Goretzka, Felipe Santana und Adam Szalai nicht über kurz oder lang als Verstärkung für Schalke erweisen. Der erste Eindruck von dem Trio (Christian Clemens kommt ja erst am Sonntag dazu) ist jedenfalls auch bei den Mitspielern ausgesprochen positiv. „Wir haben richtig gutes Potenzial dazu bekommen. Der Konkurrenzkampf ist noch mal größer geworden“, hat Torwart Timo Hildebrand beobachtet. Und auch wenn es durch den verschärften Kampf um die Plätze vielleicht nicht für jeden Spieler bequemer wird, ist dies für Mittelstürmer Klaas-Jan Huntelaar der richtige Weg: „Es ist immer gut, einige neue Spieler dazu zu holen. Denn dadurch kriegt man frisches Blut in die Mannschaft.“
Keller erwartet keine große Kräfteverschiebung in der Bundesliga
Offen ist auf der Seite der Neuzugänge allein noch die Position des rechten Verteidigers. Weil sich diese Flanke im Vorjahr als zu dünn besetzte Schwachstelle entpuppt hat, lässt Manager Horst Heldt bei der geplanten Verpflichtung von Sascha Riether (FC Fulham) nicht locker. Indes ist der Druck im Moment nicht so groß, weil sich mit Rückkehrer Tim Hoogland derzeit aus den eigenen Reihen eine Alternative zu Atsuto Uchida auftut. Da Hoogland in den vergangenen Jahren immer wieder von Verletzungen und Krankheiten zurückgeworfen wurde, kann man mit ihm zwar nicht wirklich planen, aber willkommen ist der gebürtige Marler allemal: „Der kommt zurück, und man hat das Gefühl, als wäre er nie weg gewesen“, lobt Heldt.
Es ist für Schalke gut angelaufen im Schwarzwald – mehr aber auch noch nicht. „Der erste Eindruck ist gut“, sagt Horst Heldt, „aber mehr wird man im zweiten Trainingslager sehen.“ Das findet vom 19. bis 26. Juli in Klagenfurt statt. Die einzige Prognose, die Schalkes Manager derzeit abgeben will, ist noch ziemlich allgemein gehalten: „Ich glaube, dass wir für die neue Saison gut aufgestellt sind.“ Auch Trainer Jens Keller hält sich noch zurück – abgesehen davon, dass er in der Bundesliga nicht mit großartig veränderten Kräfteverhältnissen rechnet: „Da muss man realistisch sein, die Bayern haben sich ja nicht verschlechtert“, sagt er und fügt mit seinem trockenen Humor an: „Aber vielleicht gibt es bei denen ja mal eine Misere mit 25 Verletzten…“
DFB-Pokal wäre "schon ein guter Titel"
Was den Hunger nach Titel betrifft, ist bei allen Schalkern jedoch eines zu spüren: Man würde nur allzu gerne mal wieder den DFB-Pokal gewinnen. „Das wäre doch schon mal ein guter Titel“, sagt Jens Keller.
Die Sonne schien kräftig über dem Schwarzwald, als Schalke am Freitag um 10.30 Uhr wieder aus Donaueschingen abreiste. Was nimmt man mit, so ganz am Anfang der Saison? Frischen Mut? Gewachsenes Selbstvertrauen? Neue Kraft? Vielleicht einfach nur: einen guten Start.