Gelsenkirchen. Der 18-jährige Leon Goretzka bewegt den Ball nun im königsblauen Dress. Der ehemalige Bochumer verrät, warum er diese Wahl getroffen hat. Goretzka ließ in Donaueschingen durchblicken, dass es am Ende um Schalke oder Borussia Dortmund gegangen sei.

Das Wetter ist grau, und die Schuhe sind gelb, als Leon Goretzka am Mittwoch zum ersten Mal seine Füße auf den Schalker Trainingsplatz setzt. Ausgerechnet gelb, sagt einer, doch Leon Goretzka beschwichtigt: „Es ist ja auch ein bisschen orange dabei.“ Und das Fritz-Walter-Wetter an diesem Morgen im Schalker Trainingslager in Donaueschingen nimmt er ohnehin gelassen – das kann man sich ja nicht aussuchen. Ganz im Gegensatz zu seinem Verein. Zumindest, wenn einem ein solcher Ruf vorauseilt wie dem 18-Jährigen, den Schalke vom VfL Bochum verpflichtet hat. Ausnahme-Talent ist da noch das Vernünftigste, was man über Leon Goretzka sagt.

Schalke-Manager Horst Heldt hielt sich an Goretzkas Spielregeln

Wenn ein solcher Spieler zu haben ist, muss man sich das wohl ungefähr vorstellen wie auf dem türkischen Basar. So ziemlich jeder Verein, der etwas auf sich hält, machte in den vergangenen Monaten seine Aufwartung im Hause Goretzka. Irgendwann wurde es dem 18-Jährigen zu viel – schließlich wollte er die Saison mit dem VfL Bochum noch anständig zu Ende bringen und gleichzeitig seine schulische Ausbildung voran treiben – der junge Mann möchte im nächsten Jahr sein Abitur machen. Also stellte er mit seinem Berater Jörg Neubauer Spielregeln auf: „Wir haben allen Vereinen gesagt, wie wir uns das vorstellen, und es haben sich nicht viele Vereine daran gehalten – doch Schalke schon“, verriet Goretzka am Mittwoch in Donaueschingen.

Schalke bietet Annan und Escudero an

Leon Goretzka wird an diesem Donnerstag (18.30 Uhr) im Schalker Testspiel beim Oberligisten FC Villingen 08 sein Debüt im königsblauen Trikot geben. Der VfL Bochum hat auch dafür eine Gastspielgenehmigung erteilt, weil bis zum gestrigen Mittwoch immer noch nicht alle Formalitäten für den Transfer erledigt waren.

Das gute Verhältnis zwischen den beiden Revier-Klubs Bochum und Schalke ist nach Ansicht von S04-Manager Horst Heldt nach dem Wechsel wieder hergestellt: „Es ist nichts zurückgeblieben.“ Nach wie vor steht Schalkes Angebot, dem VfL Spieler wie Sergio Escudero oder Anthony Annan als Ausgleich zu überlassen.

Schalke bekam also auch den Zuschlag, weil sich Manager Horst Heldt an die Spielregeln hielt und keinen Druck auf das Talent ausübte: „Wir haben uns nicht jeden Tag bei ihm gemeldet – erst, als wir eingeladen bzw. aufgefordert wurden.“ Dieses Verhalten imponierte Goretzka, und deswegen brachte Heldt nun einen Transfer über die Bühne, den er vor einem Jahr für Schalke noch als nahezu utopisch hielt: „Jeder Verein hätte ihn mit Kusshand genommen.“

Goretzkas Vorbild ist Toni Kroos

Sogar von Real Madrid war die Rede, aber ein solcher Schritt schien für den Mittelfeldspieler, dessen Vorbild Toni Kroos ist, zu gewagt: „Real war für mich keine Überlegung wert.“ Er habe die Latte nicht gleich zu hoch legen wollen. Auch bei einem Wechsel zu Bayern München hätte er Wohnort und Schule wechseln müssen. Am Ende muss es wohl um Schalke oder Borussia Dortmund gegangen sein, lässt Goretzka durchblicken: „Man kann mit Sicherheit sagen, dass Dortmund auch interessiert war, aber ich habe mich für Schalke entschieden und glaube, dass ich damit alles richtig gemacht habe.“ Nach einem Gespräch mit Horst Heldt und Trainer Jens Keller sei ihm klar gewesen: „Das ist der Verein, bei dem ich die nächsten Jahre verbringen will.“ Für fünf Jahre bis 2018 hat er auf Schalke unterschrieben.

Eigentlich, so hatte es seine ursprüngliche Karriere-Planung vorgesehen, wollte er ja noch bis zum Abitur in Bochum spielen, aber als der VfL in diesem Frühjahr in der 2. Liga in Abstiegsgefahr geriet, dämmerte es ihm: „Der Gedanke, bis 2014 zu bleiben, war nicht zu Ende gedacht. Ich will jetzt den nächsten Schritt gehen und mich weiterentwickeln, und die Rahmenbedingungen sind dafür in Bochum nicht mehr gegeben.“ Natürlich hätte er sich den Abschied ganz anders vorgestellt, und dass er dem VfL beim Gerangel um seine Ausstiegsklausel sogar mit dem Gang vors Arbeitsgericht drohen musste, hätte er sich am liebsten erspart. „Aber mir war klar, dass der Fall nicht vor Gericht landen wird, als ich die Klage eingereicht habe“, sagt Goretzka: „Es ging mir darum, meinen Standpunkt klar zu formulieren, und das hat funktioniert.“

Goretzka will beim VfL Bochum "noch mal vorbei gucken"

Doch so ganz erledigt ist der VfL Bochum für ihn noch nicht – kann ja auch nicht, nach so einer langen Zeit, in der er sämtliche Jugendmannschaften durchlaufen hat. „Der eine oder andere wartet noch auf einen vernünftigen Abschied von mir“, weiß der Bochumer Junge und verspricht, dass er sich dem stellen wird: „Ich werde mit Sicherheit noch mal da vorbei gucken.“