Bremen. Nach dem 2:0-Sieg des FC Schalke 04 in Bremen fragt sich Manager Horst Heldt, warum erst eine Kabinen-Predigt von Trainer Jens Keller die Spieler aufwecken musste. Mit einem Sieg gegen Leverkusen hat Schalke jetzt wieder die Chance auf Platz drei, doch davon will Heldt (noch) nicht reden.
Horst Heldt hätte es sich leicht machen können: Ein einfacher Verweis darauf, dass der Trainer offensichtlich viel Gehör bei der Mannschaft findet, hätte diesen Schalker 2:0-Sieg bei Werder Bremen auch einordnen können. Schließlich hatte Jens Keller die Spieler mit einer Kabinen-Predigt, über die nachher Beeindruckendes erzählt wurde, in der Halbzeitpause noch auf Erfolgskurs gebracht. Doch so leicht wollte Schalkes Manager nach diesem Spiel nicht zur Tagesordnung übergehen. Und selbst die Aussicht, dass nun sogar wieder der dritte Tabellenplatz zum Greifen nah ist, machte Heldt nicht zum „Papa Gnädig“.
Was Horst Heldt umtrieb, war die Frage, warum Schalkes Spieler offenbar immer erst einen auf den Deckel bekommen müssen, bevor sie ihre Leistung abliefern – und deswegen plauderte er ein bisschen aus dem Nähkästchen. Noch am Freitagabend hatte er die Spieler im Hotel auf den Ernst der Lage im engen Rennen um die Champions League hingewiesen – der gleiche Appell, den er am Donnerstag bereits öffentlich gemacht hatte.
In der Kabine hat es ordentlich gerumst
Heldt, der als ehemaliger Profi weiß, wie die Fußballer ticken, wollte vorbeugend warnen, doch dann lieferten seine Schalker in Bremen einen ersten Durchgang ab, den Heldt „zu den Top Drei der schlechtesten Halbzeiten dieser Saison“ zählt. Der 43-Jährige ist ein Typ, der für vieles Verständnis aufbringt, doch diese erste Hälfte ging selbst ihm zu weit: „Da fragt man sich schon: Warum erzähle ich das am Freitagabend eigentlich?“
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Zugehört hatten die Spieler auf jeden Fall nicht. Ciprian Marica war wenigstens ehrlich und gab zu, dass anfangs niemand mit 100 Prozent Einsatz gespielt habe: „Wir haben wohl gedacht, heute wird es leicht.“ Nur Torwart Timo Hildebrand war es zu verdanken, dass Schalke nicht früh auf die Verliererstraße geriet. Auch Jens Keller knurrte: „Das Beste an der ersten Halbzeit war, dass wir ohne Gegentor da raus gekommen sind.“
Ramba-Zamba oder einfach deutliche Worte
In der Pause hatte es deswegen in der Kabine ordentlich gerumst. Wenn man bedenkt, dass meist nur die Hälfte von dem zugegeben wird, was sich wirklich ereignet hat, muss Keller geradezu ausgetickt sein. „Der Trainer hat uns gut auf den Kopf gehauen“, verriet Marica, und Heldt berichtete, Keller habe „ziemlich Ramba-Zamba“ veranstaltet – was auch immer das heißen mag. . . Da Einzelheiten nicht öffentlichkeits-tauglich seien, beließ es Keller bei Andeutungen: „Ich will nicht sagen, dass ich die Nerven verloren habe, aber ich habe deutliche Worte gefunden.“
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Auf jeden Fall riss Kellers Ramba-Zamba-Auftritt die Spieler aus ihrer Lethargie: Wie umgedreht kam Schalke aus der Kabine und machte ganz schnell klar Schiff an der Weser. Dass Werders Abwehrspieler Assani Lukimya bei den Toren von Julian Draxler (51.) und Ciprian Marica (69.) eine unfreiwillig komische Figur abgab, darf dabei freilich ebenso wenig unerwähnt bleiben wie die Beteiligung des Brasilianers Raffael. Den hatte Keller zur Pause für den ganz schwachen Bastos eingewechselt und damit genau die richtigen Schlüsse aus der ersten Halbzeit gezogen.
Sogar Platz drei ist wieder drin
Für Schalke war es bereits der fünfte Sieg in den vergangenen sechs Bundesliga-Spielen, und da zur Feier des Tages diesmal auch die Konkurrenz mitspielte, sieht die Tabelle aus königsblauer Sicht so rosig wie lange nicht mehr aus: Drei Punkte beträgt der Vorsprung auf den Tabellenfünften Freiburg, deren vier der Rückstand auf den Dritten Leverkusen. Und da die Werkself nun zum Spitzenspiel in die Arena kommt, steckt in der Schalker Wundertüte dieser Saison auf einmal sogar wieder die mögliche Direkt-Qualifikation zur Champions League. Was bei einem Sieg gegen Leverkusen drin ist, drückt Ciprian Marica aus: „Jeder guckt jetzt auf Platz drei.“
Jeder? Nun ja, das stimmt offenbar nicht, wenn man Horst Heldt Glauben schenkt. Und er rät auch den Spielern, noch nicht allzu viele Blicke auf die Tabelle zu werfen: „Wir haben uns nur ein bisschen Luft verschafft auf den Fünften.“