Montpellier. Der Vertrag von Schalke-Trainer Huub Stevens läuft im Sommer aus. Horst Heldt fällt es nicht leicht, über die anstehenden Gespräche zu reden. Die Wertschätzung sei groß, sagt der Manager, “das heißt aber nicht, dass wir die nächsten zehn Jahre zusammenarbeiten werden“. Stevens Zukunft auf Schalke bleibt ungewiss.
Am Tag vor dem Spiel war es mal wieder so weit. Bevor der Schalker Tross den Flieger nach Montpellier betrat, nahm sich Huub Stevens den Journalisten zur Brust. "Hör auf mit diesen Fragen", giftete der Coach ihm entgegen, und ein Schimpfwort fiel auch noch.
"Manchmal kriegt man bei ihm halt eine mit"
Es ging um Stevens' bevorstehendes Wiedersehen mit Montpelliers Coach Rene Girard, der ihm im Hinspiel den Stinkefinger gezeigt hatte. Die Frage war nachvollziehbar und folgerichtig, dennoch platzte Stevens der Kragen, nicht zum ersten Mal in den vergangenen Wochen. Die Krise der Schalker scheint den Niederländer dünnhäutig zu machen. Nach dem 1:1 gegen Borussia Mönchengladbach bekam sogar das Schalker Heiligtum, der gemeine Fan, eine Breitseite ab.
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Mit dem aufgeräumten Fußball-Lehrer, der Ende September 2011 bestens gelaunt die Nachfolge des unter Depressionen leidenden Ralf Rangnick antrat, hat Stevens auf den ersten Blick nur noch wenig gemein. "Manchmal kriegt man bei ihm halt eine mit", sagt Horst Heldt, "dann ist man bei ihm einfach zur falschen Zeit am falschen Ort."
Stevens versteht Schalke
Der Sportdirektor hatte Stevens nach dem plötzlichen Ausfall Rangnicks um Hilfe gebeten, und der Schalker "Jahrhunderttrainer" - den Titel trägt er vor allem dank des UEFA-Cup-Sieges mit den "Eurofightern" 1997 - füllte die Lücke als Nothelfer perfekt aus. Er verstand das Phänomen Schalke, im Gegensatz zu Rangnicks Vorgänger Felix Magath. Heldt ist ihm noch heute dankbar, auch wenn Stevens wie schon in seiner ersten Amtszeit auf Schalke (1996 - 2002) schwierig wird, wenn der Erfolg ausbleibt.
"Wir haben einen erstklassigen, ungemein zuverlässigen Trainer. Er trägt das Herz am rechten Fleck", sagt der Manager. "Ich unterstütze ihn zu hundert Prozent." Welchen Einfluss diese vertrauensvolle Beziehung auf die anstehenden Verhandlungen zwischen den beiden Schalker Machern nehmen wird - Stevens' Vertrag läuft im Sommer aus -, wird spannend zu beobachten sein. Einen Freibrief jedenfalls kann und will Heldt dem Trainer nicht geben.
Zukunft ungewiss
Die Wertschätzung sei groß, sagt der Manager, "das heißt aber nicht, dass wir die nächsten zehn Jahre zusammenarbeiten werden". Stevens sei auf jeden Fall der "erste Ansprechpartner", und wenn wieder etwas Ruhe eingekehrt sei, werde man sich bei einem Rotwein zusammensetzen.
Heldt, das merkt man, fühlt sich nicht ganz wohl in seiner Haut, wenn er Fragen zu diesem Thema beantwortet. Ob er denn auf jeden Fall mit Stevens weiterarbeiten wolle? "Das weiß ich noch nicht, es spielen viele Dinge eine Rolle, und ich kenne auch seine Gedankengänge noch nicht."
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Auf jeden Fall bietet allein die derzeitige Lage auf dem Trainermarkt schon jede Menge Raum zum Spekulieren. Markus Babbel, am Montag bei 1899 Hoffenheim entlassen, ist ein enger Freund Heldts. Mike Büskens, Trainer der SpVgg Greuther Fürth, ist einer der Eurofighter und Schalker durch und durch. Oder Thomas Tuchel: Nicht wenige meinen, der Mainzer Coach sei reif für eine größere Herausforderung.
Stevens hat die Spieler aufgebaut
Was Stevens will, behält der 59-Jährige für sich. Sieht man ihn in Montpellier auf dem Trainingsplatz mit den Spielern lachen und feixen, gewinnt man den Eindruck, er würde etwas vermissen, wenn er nicht mehr Trainer sein dürfte. Und er wirkte nicht unzufrieden, als Linksverteidiger Christian Fuchs ein wenig aus dem Nähkästchen plauderte. Der Trainer, sagte der Österreicher in Südfrankreich, habe in den vergangenen, erfolglosen Wochen "seine Worte gefunden. Es galt, die Spieler wieder aufzubauen, und das ist auch so passiert."
Heldt meint, dass sich Stevens "nach außen hin manchmal anders gibt, als er nach innen agiert". Er wolle immer das Beste für das Team. Dabei schießt "der Huub", wie ihn alle Schalker nennen, halt auch mal gerne übers Ziel hinaus.
Manchmal, aber nur manchmal, scheint er das zu bereuen. Am Abend in Montpellier bekam er fast dieselbe Frage gestellt wie ein paar Stunden zuvor vor seinem kleinen Wutausbruch. Doch diesmal lachte Stevens und sagte mit Blick auf den Fingerzeig seines Kollegen im Hinspiel: "Ich bin kein nachtragender Mensch. Das ist Schnee von gestern." (sid)