Gelsenkirchen. Fußball-Bundesligist FC Schalke 04 bleibt im Windschatten der Bayern. Die Königsblauen besiegten den SV Werder Bremen am Samstag vor heimischer Kulisse mit 2:1 (0:1). Das entscheidende Tor für die Königsblauen erzielte Julian Draxler kurz nach seiner Einwechslung.
Zum dritten Mal in sieben Tagen lief der FC Schalke 04 einem Rückstand hinterher – und nach einer Niederlage in Hoffenheim (2:3) und einem Unentschieden gegen den FC Arsenal (2:2) drehten die Königsblauen diesmal ein Spiel komplett. Schalke besiegte Werder Bremen nach einem 0:1-Pausenrückstand noch mit 2:1 und steht weiter hinter dem FC Bayern München weiter auf dem zweiten Tabellenplatz. "Großes Lob an die Jungs, dass sie das Spiel gedreht haben. Das ist nicht selbstverständlich", freute sich S04-Trainer Huub Stevens.
Den Prolog der Geschichte dieses Spiels hatten die Bremer geliefert. Während sich die Schalker nach der 2:2-Aufholjagd gegen den FC Arsenal geräuschlos vorbereiten konnten, bestimmten die Bremer die Schlagzeilen. Geschäftsführer Klaus Allofs soll vor einem Wechsel zum VfL Wolfsburg stehen und vielleicht sogar Trainer Thomas Schaaf mitnehmen wollen. An der Weser stürmt’s.
Huntelaar brachte die Schalker nach 30 Sekunde beinahe in Führung
Als die Mannschaften einliefen, richteten die Fotografen ihre Kameras auf die Bremer Bank. Klaus Allofs setzte sich zu den Ersatzspielern und wirkte gut gelaunt. Bei den Schalkern stand niemand. Und es registrierte auch fast keiner, dass Trainer Huub Stevens seine Startelf umbaute. Zugegeben, es war keine Überraschung, dass Stevens für die verletzten Rechtsverteidiger Atsuto Uchida (Muskelfaserriss) und Marco Höger (Syndesmoseverletzung) Benedikt Höwedes in der Viererkette eine Position weiterschob – auf die rechte Seite. Innen verteidigte neben Joel Matip Kyriakos Papadopoulos.
Viel Arbeit erwartete die Schalker Abwehr zunächst nicht. Nach 35 Sekunden hätte Papadopoulos fast einen Jubelsprint hinlegen müssen. Lewis Holtby bediente Klaas-Jan Huntelaar und der Niederländer brachte den Ball mit einer artistischen Drehung aufs Bremer Tor. Dort stand Torwart Sebastian Mielitz richtig und wehrte den Ball ab. Doch eine so gute Anfangsphase wie gegen den FC Arsenal legten die Königsblauen diesmal nicht hin. Sprach Stevens am Dienstag noch vom „besten Fußball in dieser Saison“ in den ersten 17 Minuten, schafften die Schalker diesmal nach Huntelaars Chance noch ein paar ganz nette Ballstafetten und überließen dann den Bremern das Fußball-Spektakel.
Werder Bremen hätte zur Pause durchaus deutlicher führen können
Denn die diesmal in orange gekleideten Gäste wirkten robust, ballsicher, technisch versiert und gut organisiert. Sie erarbeiteten sich ein halbes Dutzend guter Torchancen – und nutzten eine davon. Mit einem Kopfball-Geschenk hatte Klaas-Jan Huntelaar Eljero Elia in Szene gesetzt und seine unsortierte Abwehr in große Verlegenheit gestürzt. Denn dann ging’s schnell. Elia passte auf Zlatko Junuzovic, der sah Aaron Hunt – und Bremens formstarker Kapitän traf mit einem unhaltbaren Flachschuss ins rechte Eck zum Bremer Führungstor (16.). Allofs und Schaaf jubelten an der Seitenlinie. Fast wäre aus dem knappen Rückstand für die Schalker sogar noch ein 0:2 oder 0:3 geworden. Zweimal trafen die Bremer noch das Aluminium. Zunächst köpfte Sokratis nach einer Ecke von Hunt an die Latte (30.), zwei Minuten später landete eine raffiniert geschlenzte Ecke von Kevin de Bruyne an der Latte.
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Den Schalkern fiel viel, viel weniger ein als den Bremern. Im Spielaufbau wirkten die Königsblauen behäbig. Lewis Holtby und Ibrahim Afellay tauchten unter – und wenn Innenverteidiger Joel Matip einen Risikopass wagte, landete der ausnahmslos bei einem Bremer Spieler. Nur Jefferson Farfan nahm es mit der Bremer Abwehr auf, stand teilweise zwei oder drei Gegenspielern gegenüber. Doch entweder blieb Farfan hängen oder im Strafraumzentrum verpasste Huntelaar seine Flanke (28.).
Die Schalker Fans hatten schnell genug von der mäßigen Leistung ihrer Mannschaft. In der 26. Minute ließen sie ihren Ärger wieder einmal an Torwart Lars Unnerstall aus, der den Ball nach einem Rückpass unbedrängt ins Seitenaus beförderte. Als Unnerstall in der 42. Minute ein Fünf-Meter-Pass auf Höwedes gelang, gab’s von einigen Zuschauern hämischen Applaus. Als Schiedsrichter Florian Meyer die erste Halbzeit beendete, klatschten aber nur die Fans in der Bremer Kurve. Die Schalker pfiffen.
Eingewechselter Draxler brachte Schalke 04 gegen Bremen auf die Siegerstraße
Denn kein Spieler fand so richtig ins Spiel. Auch nicht Roman Neustädter, am Freitag noch etwas überraschend von Joachim Löw ins Aufgebot für das Länderspiel gegen die Niederlande (Mittwoch, 20.45 Uhr, live im DerWesten-Ticker) berufen. Erst nach dem Seitenwechsel rückte Neustädter in den Mittelpunkt. 14 Minuten passierte wenig auf dem Rasen. Die Bremer verteidigten die Führung und konterten geschickt. Beinahe wäre Kevin de Bruyne nach einem Zweikampf mit Kyriakos Papadopoulos allein aufs Tor zugelaufen, doch Schiedsrichter Florian Meyer (Burgdorf) pfiff ab. Zu Unrecht. Das hätte das 2:0 für Werder sein können.
Die Schalker hatten Glück. Denn sie lagen weiter nur mit 0:1 zurück - und dann provozierte Jermaine Jones an der linken Eckfahne auch noch ein Foul von Marko Arnautovic. Das verärgerte Werder-Geschäftsführer Klaus Allofs: "Vor dem Freistoß gab es keine Berührung von Marko - und eigentlich wäre schon vorher Feierabend gewesen, wenn der Schiedsrichter nicht das vermeintliche Foul von de Bruyne gepfiffen hätte. Das war die Schlüsselszene. Kevin war einwandfrei durch." Den Schalkern war es egal. Christian Fuchs flankte den Ball in den Strafraum, Neustädters Kopfball senkte sich zum 1:1 ins lange Eck. Das war sein drittes Saisontor – damit hat er genauso viele Bundesligatreffer auf seinem Konto wie Klaas-Jan Huntelaar.
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Eine Standardsituation weckte die müden Schalker, die nun konzentrierter verteidigten und besser kombinierten. Zum Beispiel in der 69. Minute. Nach einem wundervollen Doppelpass mit Jermaine Jones stand Julian Draxler frei vor dem Bremer Tor und traf sicher zum 2:1 – Schalke hatte das Spiel gedreht. Fast hätte Draxler nach einem Konter sogar noch ein zweites Tor nachgelegt, doch in der 83. Minute wehrte Mielitz seinen Schuss ab. Nun kämpften alle: Roman Neustädter überzeugte im Stellungsspiel, Jermaine Jones sprintete bis zur Erschöpfung über den Rasen und Jefferson Farfan nahm es immer noch mit zwei oder drei Gegenspielern auf, wenn er musste.
Lewis Holtby rettete Schalke mit dem Schlusspfiff die 2:1-Führung
Es war eine Energieleistung nach einer anstrengenden englischen Woche gegen einen starken Gegner. Die verzückte die Schalker unter den 61.673 Zuschauern. An die Pfiffe zur Pause erinnerte sich am Ende keiner mehr. "Die Zuschauer hatten einen großen Anteil, dass wir das Spiel gedreht haben", betonte Schalke-Manager Horst Heldt nach dem Heimerfolg. Allofs und Schaaf mussten nach dem Abpfiff nicht nur über Wolfsburg, sondern auch noch über eine unglückliche Niederlage reden. Denn in der Nachspielzeit rettete Lewis Holtby nach einem Kopfball von Gebre Selassie auf der Torlinie. Da atmete Horst Heldt durch. "Glück braucht man in solchen Spielen", sagte er und lachte danach.