Gelsenkirchen. Gegen den 1. FC Nürnberg fährt der FC Schalke 04 einen ungefährdeten 4:0-Heimsieg ein. Trotz der vier schön herausgespielten Tore, bemängelt Trainer Huub Stevens den spielerischen Auftritt zu Hause.
Es war eigentlich ein perfekter Fußballnachmittag: beharrliches Frühlingswetter im November, ein 4:0 (2:0)-Heimsieg gegen passiven Widerstand leistende Nürnberger, belohnt mit dem (kurzzeitigen) Sprung auf Rang drei vor dem ungeliebten Nachbarn aus dem Osten – aber so leicht lässt sich Schalke-Trainer Huub Stevens nicht bestechen. „Wir waren zwar effektiv, aber haben dennoch nicht so gut gespielt. Spielerisch war es nicht das, was ich mir zu Hause vorstelle, in unserem Team steckt noch mehr Qualität“, grantelte er. Stevens als Stimmungskiller, oder doch nur Realist?
Uchida steigert sich im Spielverlauf
Es war ja noch ein Gegner anwesend, zumindest faktisch. Und dessen Trainer, Dieter Hecking, ging anschließend mit seinen Wattebäuschchenwerfern schonungslos ins Gericht: „Das ist optisch von uns alles hübsch anzusehen, aber es reicht nicht, nur ein bisschen mitzuspielen und das Füßchen hinzuhalten. Es wird Zeit, dass sie aufwachen, das ist mir zu billig und einfach nicht bundesligareif“, zog der bediente Klub-Coach ein vernichtendes Fazit.
So leicht hatten es sich die Schalker Fans in der mal ausverkauften Arena nach den verletzungsbedingten personellen Umstellungen nicht vorgestellt. Für Benedikt Höwedes rückte Atsuto Uchida auf die rechte Verteidiger-Position, und nach einigen Wacklern wurde der Japaner im Laufe der Spielzeit immer solider, je harmloser die Franken auf seiner Seite agierten.
Baumjohann einer der Gewinner
Für viele eine echte Überraschung war die Trainer-Entscheidung in der Farfán-Ersatzrolle, die er dann doch Alexander Baumjohann zugestand, nachdem alles noch am Freitag auf José Manuel Jurado hingedeutet hatte. Baumjohann, das darf man getrost feststellen, nutzte seinen Kredit, verzichtete endlich mal darauf, seinen Gegenspieler in jeder Szene düpieren zu wollen, sondern nahm die Bälle und verarbeitete sie effektiv weiter, vor allem zu gekonnten Flanken, die jedoch Kyriakos Papadopoulos (4.) und Klaas-Jan Huntelaar (26.) bei ihren Kopfbällen nicht zu verwerten wussten.
Dazwischen hätte er selbst das 1:0 nach 13 Minuten besorgen können, vielleicht müssen: Lewis Holtby setzte mit seinem genialen Pass einen chirurgischen Chefarzt-Schnitt durch die Nürnberger Mitte, Baumjohanns Schuss ließ der vorzügliche Raphael Schäfer zur Seite abprallen, ehe Huntelaar abstaubte.
Traumpass von Draxler
Die Gastgeber blieben in der Folgezeit bei ihrer Teilzeit-Arbeit. Absolute Ruhephasen im Spiel wurden durch einige Glanzlichter unterbrochen. Am hellsten strahlte vor der Pause noch Raúls Tor zum 2:0 (38.), das der Spanier nach Baumjohanns unfreiwilliger Vorlage halb im Fallen noch im Netz unterbrachte.
Auch nach dem Wechsel wurden Schalker Wohlfühlphasen den Fans nur in homöopathischen Dosen verabreicht. Die aber schmeckten zuckersüß. Der Pass, den Julian Draxler vor Huntelaars 3:0 auf den Maskenmann spielte, war zum Zungeschnalzen. Lewis Holtby machte mit dem 4:0 den Deckel zu und konnte danach endlich seinen akribisch vorbereiteten neuen Torjubel präsentieren, nach eigenem Bekunden auf YouTube abgeschaut. Für den extrovertiert veranlagten Deutsch-Engländer offensichtlich eine wichtige Sache, aber bis zum Wochenende soll sich wieder auf das Wesentliche konzentriert werden, da geht es zum Deutschen Meister. Und Manager Horst Heldt spricht schon die Mahnung aus: „Beim BVB müssen wir ein anderes Gesicht zeigen.“ Das war vor dem Bayernspiel.