Gelsenkirchen. Schalke 04 feierte den 2:1-Erfolg gegen Bremen wie den vollbrachten Klassenerhalt. Doch nun stehen zwei ganz schwere Auswärtsspiele an.

Es sind so viele Bilder, die bleiben von diesem verrückten Fußballabend. Zum Beispiel: Wie Tom Krauß, Michael Frey und Simon Terodde vor der Nordkurve, vor den Fans des FC Schalke 04, stehen und Freudentränen vergießen. Zum Beispiel: Der Jubel von Sepp van den Berg, der bei seinem Comeback nach über sechs Monaten Verletzungspause trifft. Zum Beispiel: Wie Dominick Drexler in der letzten Sekunde lässig mit dem rechten Fuß das Siegtor zum 2:1 (0:1) gegen Werder Bremen schießt. Oder, oder, oder. Es war die nächste Emotions-Explosion in der Geschichte dieses überemotionalen Klubs. Nicht einfach irgendein Sieg, sondern ein denkwürdiger. Aber einer, an dessen Ende die Frage steht: Gibt er den entscheidenden Ruck im Kampf gegen den Abstieg?

Nach Schalke-Sieg: Selbst Lothar Matthäus schwärmt

Von der Atmosphäre nach dem Spiel hatten sich auch Neutrale berauschen lassen. 55.000 Schalker unter den 61.981 Zuschauern blieben noch viele Minuten nach dem Abpfiff, keiner blieb still. „Das ist so geil“, schwärmte der für Sky tätige Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus. Sky-Moderator Sebastian Hellmann sagte: „Wir sind uns gerade nicht sicher, ob Schalke Meister geworden ist oder ob es drei Punkte gegen Bremen geholt hat.“

Trainer-Jubel: Thomas Reis bejubelt das 2:1 des FC Schalke 04 gegen Werder Bremen.
Trainer-Jubel: Thomas Reis bejubelt das 2:1 des FC Schalke 04 gegen Werder Bremen. © firo

Die Fakten, die das Spiel hinterlässt, klingen aber gar nicht nach großen Gefühlen: Durch den Pflichtsieg verhinderten die Schalker, nicht schon frühzeitig abgeschlagen zu sein. So bleibt der Rückstand zum Relegationsplatz überschaubar – er beträgt einen Punkt. Trainer Thomas Reis freute sich fast spitzbübisch: „Der Fast-Abstieg hat nicht stattgefunden.“

Mehr News und Hintergründe zu Schalke 04:

Zu verdanken hatte Schalke die Aufholjagd drei Dingen: Zunächst den Fans, die auch gegen Bremen Rückschläge und den durch Marvin Ducksch (18.) erzielten Rückstand klaglos wegsteckten. Zweitens: Ein wenig Matchglück war dabei, die Bremer ließen einige sehr gute Konterchancen ungenutzt. Eine Halbzeit lang spielte Schalke schwach, eine ehrliche Kabinen-Aussprache der Profis war nötig, um das Spiel zu drehen. Und drittens: Auch Trainer Thomas Reis hatte einen großen Anteil, da er bei Auswechslungen diesmal ein glückliches Händchen bewies.

Auch interessant

1:1-Schütze van den Berg (81.)? Eingewechselt. „Das ist natürlich ein Märchen, dass er nach dieser langen Pause trifft“, sagte Reis. Van den Berg strahlte: „Das wichtigste Tor meiner Karriere. Aber wenn ich ehrlich bin: So viele waren das vorher auch nicht.“ Stimmt, er traf erst zum dritten Mal als Profi. 2:1-Schütze Drexler? Eingewechselt. Einen überragenden Pass von Rodrigo Zalazar nutzte er cool. „Wir haben fast dasselbe Tor in der 2. Liga geschossen“, sagte Drexler und meinte das Tor zum 3:0 in Ingolstadt vor fast genau einem Jahr. Diese Automatismen „können ein Trumpf werden“, ergänzte er.

Schalkes bittere Bilanz: nur ein Sieg aus 42 Auswärtsspielen

Doch bei allem Jubel, bei allen tollen Geschichten: Noch steht Schalke auf einem Abstiegsplatz und tritt nun zweimal in Folge auswärts an – bei Mainz 05 (5. Mai) und dem FC Bayern (13. Mai). Nur eins der zurückliegenden 42 Bundesliga-Auswärtspartien haben die Königsblauen gewonnen. Zuletzt folgte dreimal auf gute bis ordentliche Heimspiele ein schwacher Auswärtsauftritt – beim 1:1 in Augsburg holte Schalke den Punkt in der letzten Minute, die Leistungen in Hoffenheim (0:2) und Freiburg (0:4) waren zweitligareif. „Deshalb kommt von mir der mahnende Finger“, sagte Thomas Reis. „Wir haben noch nichts erreicht und müssen es auswärts einfach besser machen. Auf der anderen Seite höre ich ständig: ,Ihr habt das schwerste Programm’ oder ,Ihr seid abgestiegen’ – wir haben deshalb gar nichts zu verlieren.“ Sebastian Polter, der nur dreieinhalb Monate nach einem Kreuzbandanriss sein Comeback feierte, sagte: „Wir müssen auswärts ein anderes Gesicht zeigen, auch mal die Leidenschaft und Willensstärke auf den Platz bekommen wie in den Heimspielen.“

Bleibt die Ruck-Frage – Reis beantwortete sie positiv: „Wenn ein Spiel so emotional zu Ende geht, kann das Energie freisetzen.“ Und auch das Spiel am Freitagabend in Mainz soll wieder viele denkwürdige Bilder liefern.