Bochum. Bochum gegen Schalke, ein Derby voller Emotionen. Wie im April 2007: „Das war der Wahnsinn“, sagt U19-Trainer Butscher, damals Linksverteidiger.
Es knistert längst beim VfL Bochum. Der FC Schalke 04 kommt am Samstag (15.30 Uhr/Sky) zum Derby ins Ruhrstadion. Vor ein paar Wochen noch wäre der VfL als klarer Favorit ins Spiel gegangen. Bochums Vorsprung aber ist nach drei Niederlagen in Folge und dem erschreckend schwachen Auftritt in Bremen (0:3) auf drei Punkte geschrumpft. Bochum ist Vorletzter, empfängt das Schlusslicht, das mit einem Sieg aufgrund des besseren Torverhältnisses den VfL nach ganz unten stürzen kann. Das Momentum spricht für Schalke nach vier 0:0-Remis und dem 2:1-Sieg gegen Stuttgart.
Aber was heißt das schon? Abstiegskampf. Revierderby. Ruhrstadion. Alles ist möglich.
Lange haben die VfL-Anhängerinnen und Anhänger auf dieses besonders brisante Duell gewartet, das aufgrund der Rückkehr von Bochums Ex-Trainer und Schalkes Hoffnungsträger Thomas Reis natürlich noch eine pikante Note dazu erhält. Im Hinspiel in dieser Saison stand auch Thomas Reis im Mittelpunkt – als VfL-Trainer. Nach dem 1:3 trennte sich Bochum von seinem Aufstiegscoach.
Letztes Bundesliga-Heimspiel gegen Schalke: Sestak trifft spät zum 2:2 für Bochum
Am Samstag steigt nun das Rückspiel, erstmals seit mehr als 13 Jahren empfängt der VfL den FC Schalke. Die Bilanz bisher: 17 VfL-Siege, darunter ein 5:1 und 6:0 (auswärts) in Schalkes Abstiegssaison 1980/81, elf Remis, 36 Schalke-Siege. Im Ruhrstadion gewann Bochum neun Mal, Schalke 15 Mal (7 Remis).
Am 23. Januar 2010, vor mehr als 13 Jahren also, kreuzten sich die Wege zuletzt in einem Pflichtspiel im Bochumer Nostalgie-Rund – Bochum feierte ein Remis wie einen Sieg. Die Schalker lagen zur Pause verdient mit 2:0 in Führung, Vicente Sanchez und Kevin Kuranyi hatten getroffen.
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Doch der VfL wehrte sich und berauschte sich an einem Last-Minute-Punkt im Abstiegskampf. Vahid Hashemian, der Hubschrauber, sorgte für Hoffnung mit dem 1:2 (82.), Stanislav Sestak mit dem Ausgleich in der letzten Minute für einen Ausbruch der Emotionen. Bochum war zu diesem Zeitpunkt auf einem guten Weg zum Klassenerhalt unter Trainer Heiko Herrlich – und stieg nach einer beispiellosen Talfahrt zum Saisonende doch ab.
Einer der emotionalsten Siege des VfL gegen Schalke, ein Stück Fußballgeschichte, lag da knapp drei Jahre zurück. Am 31. Spieltag der Saison 2006/07 kam der FC Schalke als Tabellenführer und Topfavorit auf die Meisterschaft nach Bochum. 27. April 2007, Freitagabend, Flutlicht. Die königsblauen Fans hüllten das gefühlt zur Hälfte mit S04-Anhängern besetzte Ruhrstadion in weiß, trugen Shirts mit der Aufschrift „Nordkurve in deiner Stadt“, auch der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies ließ sich gerne so blicken. Schalke war siegesgewiss – und erlebte ein blaues Wunder.
Butscher schwärmt noch heute vom 2:1-Sieg im April 2007: „Das war brutal“
Die VfL-Anhänger hielten dagegen. Die Mannschaft auch. „Das war eine unfassbare Stimmung“, erinnert sich Heiko Butscher. „Ich habe selten so eine Atmosphäre erlebt, das war wirklich brutal“, so Butscher heute noch. Brutal gut, darf man ergänzen. „So ein Match wird man nie vergessen. Wir haben Schalke die Meisterschaft versaut.“ Der heutige A-Jugend-Trainer und Sportliche Leiter des VfL-Talentwerks pflügte den Rasen damals als Linksverteidiger um.
Dort bekam es Butscher mit Gerald Asamoah zu tun, dem heutigen Leiter des Lizenzbereichs vom FC Schalke. Der Bochumer Nachwuchschef grinst. „Da hat es ordentlich gerappelt“, sagt Butscher.
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Dabei lief es zunächst so, wie es fast alle erwartet hatten, vor allem die Schalker Fans. Kevin Kuranyi brachte die Gäste von Trainer Mirko Slomka in Führung und damit der so sehnsüchtig erhofften Meisterschale immer näher. Acht Minuten waren gespielt. Schalke drückte, Asamoah vergab das überfällige 2:0.
Misimovic und Gekas drehen die Partie vor der Pause gegen den DM-Favoriten
„Wir haben uns richtig reingearbeitet“, erklärt Butscher die folgende Wende, den auch unbarmherzigen Kampf des Aufsteigers von Trainer Marcel Koller. Der Lohn: Zvjezdan „Zwetschge“ Misimovic erzielte den Ausgleich, Schalkes Christian Pander traf nur den Pfosten – und die Ost tanzte zu den Sirtaki-Klängen. Theofanis Gekas erzielte das 2:1 nach Musterflanke von Marcel Maltritz, 41. Minute. Gegen einen gewissen Manuel Neuer im Tor der Königsblauen.
Schalke drückte nach der Pause, Kuranyi traf noch mal den Pfosten, irgendwann aber war die Leidenschaft des VfL größer als die Spielkunst der Schalker um Mesut Özil oder Lincoln. Die Bochumer kämpften sich ins Ziel, es war ein Riesenschritt zum Klassenerhalt. Die VfL-Profis feierten ausgiebig im Bermuda-Dreieck, Details behält Butscher da lieber für sich – und am Saisonende souverän den Klassenerhalt. Bochum wurde Achter mit 45 Punkten.
Schalke blieb drei Spiele vor Schluss zwar Erster, der Vorsprung auf Stuttgart aber schrumpfte einen Tag nach der Pleite in Bochum auf einen Punkt. Und nach dem 0:2 in Dortmund am vorletzten Spieltag war der Traum von der Meisterschaft geplatzt: Der VfB sicherte sich am letzten Spieltag mit einem 2:1 gegen Cottbus den Titel, Schalke wurde mit zwei Punkten Rückstand nur Vize.
Sie spielten beim 2:1 des VfL am 27. April 2007:
Bochum: Drobny - Butscher, Maltritz, Yahia, Dabrowski, Epalle (90. Drsek), Misimovic, Schröder, Zdebel, Gekas, Grote (69. Imhof). Trainer: Marcel Koller
Schalke: Neuer - Bordon - Rafinha (62. Kobiashvili) - Pander - Rodríguez - Altintop - Ernst - Özil (81. Larsen) - Lincoln - Asamoah (62. Altintop) - Kuranyi. Trainer: Mirko Slomka
Tore: 0:1 Kuranyi (8.), 1:1 Misimovic (33.), 2:1 Gekas (41.)
Schiedsrichter: Knut Kircher