Belek. Tobias Mohr gibt sich für sein erstes Halbjahr im Trikot des FC Schalke 04 die Note 4 oder 4+. Das und mehr hat er uns im Interview verraten.

Die Sonne in Belek war schon untergegangen, da empfing Tobias Mohr die WAZ im Teamhotel von Schalke 04. Nach zwei intensiven Einheiten nahm sich der 27 Jahre alte Flügelspieler ausreichend Zeit, um in der Lobby über sein ereignisreiches erstes Bundesliga-Halbjahr bei den Königsblauen zu sprechen.

Der Sommer-Neuzugang aus Heidenheim zeigte sich dabei durchaus selbstkritisch und sprach über den Umgang mit Druck, Rückschläge und die anstehende Rückrunde. Zudem räumt er mit Gerüchten auf, die besagen, dass er in seiner Jugend Fan von Borussia Dortmund war.

Herr Mohr, in einem Interview haben Sie einmal gesagt, Sie wären gern unsichtbar, wenn Sie sich eine Superkraft aussuchen könnten. Warum?

Tobias Mohr: (grinst) So würde ich erfahren, was die Leute preisgeben, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Ich mag es, wenn die Leute unverblümt die Wahrheit sagen.

Schalke-Profi Tobias Mohr (r.) im Gespräch mit Reporter Robin Haack.
Schalke-Profi Tobias Mohr (r.) im Gespräch mit Reporter Robin Haack. © Tim Rehbein / RHR-Foto

Dazu passt, dass Sie ein Mensch sind, der gern im Hintergrund bleibt.

Mohr: Ganz genau, ich bin niemand, der das Rampenlicht sucht und sich bei jeder Gelegenheit in die erste Reihe stellt. So sehe ich auch meinen Platz auch innerhalb der Mannschaft: Ich bin liebend gern dabei und möchte meinen Teil zum Erfolg beitragen, bin aber keiner der sich abseits des Platzes nach vorn drängt.

Spätestens seit Ihrem Wechsel zu Schalke im Sommer stehen Sie vermehrt im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Was macht diese mediale Aufmerksamkeit mit Ihnen?

Mohr: Ich versuche, das ganze Drumherum so gut es geht auszublenden. Über die Sozialen Medien und Freunde bekomme ich natürlich zwangsläufig immer wieder etwas mit, doch all das darf man nicht zu sehr an sich heranlassen, weil das Fußballgeschäft extrem schnelllebig ist. Wichtig ist für mich nur das Feedback, dass ich von Trainern und Verantwortlichen aus dem Verein bekomme.

Verspüren Sie durch die größere Aufmerksamkeit mehr Druck?

Mohr: Es herrscht auf jeden Fall ein anderer Druck. In Heidenheim war alles sehr beschaulich, jetzt bin ich hier bei einem riesigen Club – und ich genieße es. Dafür habe ich mein Leben lang gearbeitet. Ich darf hier auf Schalke meinen Traum leben. Die Emotionalität im Umfeld ist einzigartig und gerade die Euphorie nehme ich gern mit. In meinem ersten Halbjahr habe ich schon viele schöne Erlebnisse gehabt. Es ist zum Beispiel ein tolles Gefühl, zu sehen, wie glücklich man Fans bereits mit einem gemeinsamen Foto machen kann. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich früher selbst zu den Profifußballern aufgeschaut habe.

Mehr News und Hintergründe zu Schalke

Auch sportlich waren Ihre ersten Monate in der Bundesliga ereignisreich. Welche Schulnote würden Sie sich persönlich für die erste Saisonhälfte geben?

Mohr: (überlegt lange) Eine Vier, oder eine Vier plus. Ich sehe noch viel Luft nach oben, bin nicht ganz zufrieden. Gerade, was die Scorerpunkte angeht, muss noch mehr von mir kommen. Ich bin gut in die Saison gestartet, aber dann folgte ein Hänger – sowohl für mich persönlich als auch für den Rest der Mannschaft.

Bei den klaren Niederlagen in Leverkusen (0:4) und im DFB-Pokal bei der TSG Hoffenheim (1:5) wurden Sie nach schwachen Leistungen jeweils früh ausgewechselt. Wie schwer war es, damit umzugehen?

Mohr: In Hoffenheim musste ich sogar schon vor der Pause runter, das tat weh. Darüber habe ich mich sehr geärgert. Solche Momente sind sehr emotional und in dieser Form war das neu für mich. Mit ein bisschen Abstand kann man aus solchen Situationen aber auch viel lernen.

Zurück zum Einstieg: Wären Sie damals in Hoffenheim nach der Auswechslung gern unsichtbar gewesen?

Mohr: (lacht) Für einen Profifußballer ist eine Auswechslung vor der Pause die Höchststrafe, etwas Schlimmeres kann dir kaum passieren. Am liebsten hätte ich mich vergraben. Doch manchmal muss man erst auf die Nase fallen, um daraus zu lernen und stärker zu werden. Wenn man sieht, dass es zu dieser Zeit auch als Mannschaft für uns schlecht lief, kann man schon sagen, dass es die schwierigste Phase meiner Karriere war.

Selbstkritisch: Schalke-Profi Tobias Mohr.
Selbstkritisch: Schalke-Profi Tobias Mohr. © Tim Rehbein / RHR-Foto

Zwischenzeitlich gab es acht Niederlagen in Serie. Wie schwer fällt es da, positiv zu bleiben?

Mohr: Trotz der schlechten Ergebnisse war die Stimmung in der Kabine nie schlecht, denn innerhalb der Mannschaft stimmt die Chemie. Der Zusammenhalt ist gut. Es bringt schließlich auch nichts, jeden Tag schon deprimiert auf dem Vereinsgelände anzukommen. Wir als Mannschaft wissen, dass wir gut genug für die Bundesliga sind – und das wollen wir in der Rückrunde allen beweisen.

Warum wird das Jahr 2023 für Sie in der Bundesliga besser laufen als das Vorjahr?

Mohr: Ich kann versichern, dass ich alles für den größtmöglichen mannschaftlichen und persönlichen Erfolg geben werde. Ich brenne darauf, mich weiter in der Bundesliga zu zeigen.

Auch interessant

Zu einem erfolgreichen Jahr würde auch der Klassenerhalt in der Bundesliga mit Schalke gehören. Wie schätzen Sie die Chancen ein, es noch zu schaffen?

Mohr: Ich bin davon überzeugt, dass wir die Klasse halten können – unsere Mannschaft ist gut genug. Schon in der Hinrunde haben wir immer wieder gezeigt, dass wir konkurrenzfähig sind. Und das trotz der vielen Niederlagen. Das Ziel haben wir klar vor Augen, dafür geben wir alles.

Was hat sich verändert, seit Thomas Reis Trainer auf Schalke ist?

Mohr: In erster Linie unsere Spielweise. Wir sind aggressiver und gehen früher vorne drauf. Der Trainer hat seine Spielidee klar definiert und sein komplettes Training darauf ausgerichtet. Diese Kontinuität gibt uns viel Sicherheit auf dem Platz. Auch die Intensität ist eine andere. Gerade im Abstiegskampf können Grundtugenden wie Kampf oder Einsatzbereitschaft darüber entscheiden, ob man am Saisonende drinbleibt oder nicht. Das vermittelt der Trainer uns jeden Tag.

podcast-image

Abschließend können Sie endgültig mit einem Mythos aufräumen, der seit Monaten durch die Sozialen Medien geistert: Waren Sie in Ihrer Kindheit Fan von Borussia Dortmund?

Mohr: (lacht) Nein, da ist nichts dran. Ich weiß, es stand so auf der Homepage von Heidenheim, doch da wurde etwas nicht ganz richtig wiedergegeben. Ich kann versichern: Ich war nie Dortmund-Fan. Einen richtigen Lieblingsverein in der Bundesliga hatte ich nicht. Am meisten habe ich mit meinem Heimatklub Alemannia Aachen mitgefiebert, wo ich auch meine Jugend verbringen durfte.