Gelsenkirchen. Thomas Reis hat am Donnerstag zum ersten Mal das Training beim FC Schalke 04 geleitet. Der Ex-Trainer des VfL Bochum startet eine schwierige Mission.

Heiterkeit ist an gedankenschweren Tagen gerade rar beim FC Schalke 04, nach Lachen ist nur wenigen zumute – ob es nun die Fans des Bundesliga-Schlusslichts sind, die Profis oder gar die Mitarbeiter der Geschäftsstelle. Also versuchte es Sportvorstand Peter Knäbel mit einer Anekdote, als am Donnerstagvormittag der neue Cheftrainer Thomas Reis vorgestellt wurde. „Nach dem Aufstieg fahren meine Familie und ich mit dem Taxi auf den Seychellen am Hotel vor – und wer kommt uns auf dem Golfcaddy entgegen? Thomas Reis. Und dann haben wir drei, vier Tage dort miteinander verbracht“, erklärte er.

Nun wäre es bei jedem anderen Verein normal, sich an so einem Tag allein auf die Vorstellung des neuen Trainers zu konzentrieren – aber auf Schalke ist ja wenig normal. Und bevor Knäbel seine Seychellen-Episode erzählte, holte er im pastoralen Ton zu einer Dankesrede auf den am Mittwoch zurückgetretenen ehemaligen Sportdirektor Rouven Schröder aus. „Er fehlt. Er wird noch ganz lange fehlen. Und jeder kennt das Gefühl des Verlustes aus seinem Privatleben: Schmerz, Enttäuschung, Angst und die ewige Frage nach dem Warum“, sagte der 56-Jährige und das ist nur ein Auszug. Pathos statt warmer Auf-Wiedersehen-Worte – Schalke eben.

podcast-image

Reis' Vertrag auf Schalke gilt bis 2024

Thomas Reis saß zunächst leise, fast schon staunend daneben, bevor er das Mikrofon übernahm. Er bildete den Gegenpart zu Knäbel, gab sich so, wie er es bei seinem Ex-Klub VfL Bochum schon gehalten hatte: authentisch, ruhig, einfache Formulierungen. Reis, vor sechs Wochen in Bochum freigestellt, hatte seinen Arbeitsvertrag am Donnerstag in der Morgendämmerung unterschrieben. Er gilt bis 2024 – und auch im Falle des Abstiegs. Um auf Schalke anzufangen, stemmte er einen Teil der Ablösesumme, die Schalke an den VfL bezahlen musste, selbst. „Ich möchte mich für die finanzielle Beteiligung bedanken“, sagte Knäbel – und Reis schien gar nicht recht zu sein, dass dieses Thema Erwähnung fand. „Ich bin einfach froh, dass ich mithelfen darf, das Schiff in die richtige Richtung zu leiten – und das war mir einiges wert“, sagte Reis.

Mehr News zum FC Schalke 04

Seine ehrliche Freude, diese schwere Aufgabe anzugehen, war ihm anzumerken. Dahinter würde nicht nur der private Vorteil stecken, dass er als ehemaliger Trainer im nur 20 Kilometer entfernten Bochum nicht umziehen müsse. „Es ist keine einfache Situation, aber eine besondere, interessante. Du hast ein tolles Stadion, ein tolles Publikum, einen tollen, riesengroßen Verein. Ich fühle mich im Ruhrgebiet sauwohl, habe bewiesen, dass ich hierhin passe“, sagte Reis.

Schalke am Sonntag gegen Freiburg

Auf seine Mannschaft traf Reis erst nach seiner offiziellen Vorstellung. Gestern um 11.01 Uhr betrat er den Trainingsrasen, gemeinsam mit den Profis und seinem noch einmal angewachsenen Co-Trainerstab. Matthias Kreutzer, Beniamino Molinari und Mike Büskens sind geblieben – Markus Gellhaus ist neu dabei, er war schon in Bochum Reis’ Assistent. „Markus ist für mich die wichtigste Person“, sagte Reis, fügte aber hinzu, aus das verbleibende Trio einbinden zu wollen: „Wir versuchen, als tolles Team zusammenzuwachsen. Der innere Kreis muss stimmen. Dann hast du eine Möglichkeit, das auch nach außen zu transportieren.“

Handschlag: Der neue Schalke-Trainer Thomas Reis (links) und S04-Sportvorstand Peter Knäbel am Donnerstag vor der Pressekonferenz.
Handschlag: Der neue Schalke-Trainer Thomas Reis (links) und S04-Sportvorstand Peter Knäbel am Donnerstag vor der Pressekonferenz. © firo | firo

Schon am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) steht für Reis das erste Bundesligaspiel auf dem Programm – Gegner ist der SC Freiburg, ein Europapokal-Teilnehmer. In den wenigen Trainingseinheiten bis zum Anpfiff sei er vor allem als Psychologe gefragt, deutete Reis an. „Natürlich lesen auch die Spieler immer wieder, dass man nicht bundesligatauglich sei. Wir haben es selbst in der Hand, dafür zu sorgen, dass es besser wird. Man muss versuchen, Gier und Spaß zu entwickeln, die Zweikämpfe noch intensiver zu bestreiten“, sagte er.

Eine Umgestaltung des Kaders im Winter forderte Reis nicht. „Jetzt schon über Bedarf für den Winter zu reden, wäre den aktuellen Spielern gegenüber unfair“, erklärte der Trainer. Erst einmal wolle er sich eine Meinung über jeden Spieler bilden. Doch wer würde Neue suchen? Kommissarisch übernimmt Knäbel Schröders Aufgabe. Mittelfristig soll ein Neuer kommen. Gehalt bekommt Schröder nicht mehr. Sein bis 2024 gültiger Vertrag ruht.