Gelsenkirchen. . Der FC Schalke 04 hat sich von Trainer Frank Kramer getrennt. Bei Königsblau hatte er es von Beginn an schwer. Eine Analyse.

Wirklich überraschend kam die Nachricht der Entlassung von Frank Kramer am Mittwochmorgen nicht mehr. Nach der desolaten Vorstellung des FC Schalke 04 im DFB-Pokalspiel bei der TSG Hoffenheim (1:5) am Dienstagabend hatte vieles darauf hingedeutet, dass sich die Wege von Klub und Trainer trennen.

Von der TSG wurde Schalke hergespielt. „Wie wir dieses Spiel bestritten haben, macht mich fast sprachlos“, sagte der Trainer nach dem Spiel. „Unbestritten war es die schlechteste Saisonleistung, schlechter geht es ja auch nicht“, führte Kramer aus, der nach dem Spiel komplett enttäuscht wirkte – wohl auch weil er wusste, dass die Stunden danach für ihn unangenehm werden würden.

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Und so kam es auch. Noch in der Nacht zu Mittwoch kam es zu einer sportlichen Analyse der Vereinsführung. Zeit für tagelange Gespräche bleibt derzeit nicht, schließlich steht schon am Sonntag das wichtige Bundesligaspiel bei Abstiegskampf-Konkurrent Hertha BSC (17.30 Uhr/DAZN) an. Eine Partie, die Schalke auf keinen Fall verlieren darf, um den Anschluss an die Nicht-Abstiegsplätze nicht zu verlieren. Eine Entscheidung in der Causa Kramer musste daher schnell gefällt werden.

Schalkes Kader ist aktuell nicht konkurrenzfähig

„Die Art und Weise, wie wir insbesondere bei den Auswärtsspielen in Leverkusen und Hoffenheim aufgetreten sind, war des FC Schalke 04 nicht würdig“, erklärt Sportvorstand Peter Knäbel und stellt klar, dass es in der Analyse der sportlichen Situation über die Einzelperson des Cheftrainers hinausgehe. In allen Bereichen erwartet er eine signifikante Steigerung.

Die 1:5-Niederlage im DFB-Pokal war letztlich nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Nach nur rund drei Monaten im Amt ist aber klar: Frank Kramer ist auf Schalke gescheitert – aus verschiedenen Gründen.

Verzweifelt: Schalkes Abwehrchef Maya Yoshida (rechts) schlägt die Hände vor dem Gesicht zusammen, während die Hoffenheimer ein Tor bejubeln.
Verzweifelt: Schalkes Abwehrchef Maya Yoshida (rechts) schlägt die Hände vor dem Gesicht zusammen, während die Hoffenheimer ein Tor bejubeln. © dpa

Das vielleicht größte Problem von Kramer war jedoch eines, für das er nur bedingt etwas konnte: der Kader. In der derzeitigen Form ist das Aufgebot der Schalker in der Bundesliga nicht konkurrenzfähig. Auch aufgrund der finanziellen Zwänge wurde der Kader von Sportdirektor Rouven Schröder nach dem Prinzip Hoffnung zusammengestellt. Schalke hat drauf gesetzt, dass Stürmer Simon Terodde endlich auch in der Bundesliga regelmäßig trifft. Routinier Maya Yoshida, der bei Sampdoria Genua keinen neuen Vertrag erhalten hatte, sollte trotz seiner Tempodefizite auf Anhieb Abwehrchef sein. Die Wackler von Alexander Schwolow aus seiner Hertha-Zeit sollten Vergangenheit sein.

Schalke: Frank Kramers Experimente sind misslungen

All diese Hoffnungen haben sich nach knapp einem Drittel der Saison noch nicht erfüllt. Vergleicht man das aktuelle Schalker Aufgebot mit dem Aufstiegskader, hat sich die Qualität des Kaders keineswegs verbessert. Eher das Gegenteil ist der Fall. Die Klasse mit diesem Kader zu halten, ist extrem schwer – egal, für welchen Trainer.

Schalkes Alex Kral (links) muss nach der 1:5-Niederlage in Hoffenheim von Georginio Rutter getröstet werden.
Schalkes Alex Kral (links) muss nach der 1:5-Niederlage in Hoffenheim von Georginio Rutter getröstet werden. © dpa

Klar ist: Damit Schalke 04 in der aktuellen Besetzung viele Punkte holen kann, braucht es eine gute Spielidee – doch die gab es unter Frank Kramer nicht. Viel zu selten zeigte die Mannschaft den spielerischen Ansatz und setzte stattdessen auf lange Bälle. Für das schnelle Umschalten fehlt Schalke aber schlicht das Spielermaterial. Das wurde Kramer zum Verhängnis.

Und so war das Spiel der Schalker meist sehr ausrechenbar. Hoch und lang sollten die Stürmer eingesetzt werden. Zum Erfolg kamen die Gelsenkirchener auf diese Art und Weise kaum. Wenn der Trainer dann doch mal mit Formationen und Personalien überraschte, gingen seine Experimente nicht auf.

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So war die Doppelspitze mit Sebastian Polter und Simon Terodde in der Bundesliga wirkungslos. Trotz der körperlichen Wucht beider Sturm-Riesen wurde Schalke mit den beiden Torjägern in der Startelf kaum gefährlich. Auch Kramers Experiment mit Fünfer-Abwehrkette beim 1:5 in Hoffenheim am Dienstag ging komplett schief. Es schien, als passte das vorhandene Personal nicht zur Spielidee. Als Aushilfs-Innenverteidiger hatte Mittelfeldmann Alex Kral Probleme, Tobias Mohr machte als Aushilfs-Rechtsverteidiger ein miserables Spiel. Der 27-Jährige wurde sogar noch vor der Pause ausgewechselt – für ihn die Höchststrafe.

Doch nicht nur die sportlichen Dinge machten Frank Kramer das Leben auf Schalke schwer – auch unter dem Umfeld des Klubs litt der Trainer. Der 50-Jährige bekam von vielen Fans keine Chance, sich auf Schalke zu beweisen. Schon vor seiner Vorstellung gab es Anfeindungen und Beleidigungen gegen den Coach. Zu offensichtlich war, dass Kramer schon im Sommer nicht die Wunschlösung des Klubs war. Einige seiner Entscheidungen wurden überkritisch gesehen. Er war auf Schalke zum Scheitern verurteilt