Hamburg. Nach dem 1:2 beim FC St. Pauli rutscht Schalke 04 auf Platz acht ab. Der Mannschaft fehlen Spielwitz und Qualität. Doch es gibt Hoffnung.
Am Tag nach einem Fußballspiel gibt es beim FC Schalke 04 stets die große Analyse der Bosse. Nach dem 1:2 (0:2) beim Zweitliga-Herbstmeister FC St. Pauli am Samstagabend war das nicht anders. Doch bei den Königsblauen ist alles mal wieder sehr kompliziert. Trainer Dimitrios Grammozis und Sportvorstand Peter Knäbel konnten sich wegen einer Corona-Erkrankung diesmal nur virtuell zuschalten. Ergebnisse der Diskussion verkündeten die Königsblauen am Sonntag nicht. Es gab eben sehr viel zu besprechen.
Schwache Bilanz von Schalke gegen Top-Teams
Es ist nicht der Blick auf die Tabelle, der aktuell schmerzt. Der Liga enteilt ist nur der FC St. Pauli. Schalke hat lediglich drei Punkte Rückstand zum zweiten Aufstiegsplatz. Aber die Distanz zu den starken Mannschaften der Liga fühlt sich viel größer an. Schalke 04, mit über 160.000 Mitgliedern der drittgrößte Sportverein der Welt, ist als Tabellenachter nur noch Mittelmaß in der 2. Bundesliga. Der emotionale Klub, der Glamour so gern mag, droht langweilig zu werden.
Gegen sechs der ersten sieben Teams hat Schalke bisher gespielt – und fünf Partien davon verdient verloren. Offensivstarke Mannschaften wie St. Pauli (1.), Darmstadt 98 (2.), Jahn Regensburg (3.) und Paderborn (4.) glänzen mit Spielwitz, taktischer Variabilität. Über St. Pauli sagte S04-Torwart Martin Fraisl zum Beispiel: „Die Mannschaft hat eine gute Struktur, wirkt gefestigt.“
Simon Terodde und Marius Bülter nicht zu ersetzen
Schalkes Strategie hingegen ist Woche für Woche vorhersehbar, die Abhängigkeit von Einzelspielern groß. In St. Pauli fehlten die Top-Stürmer Simon Terodde (zwölf Tore) und Marius Bülter (sechs Tore) – sie waren nicht zu ersetzen. Der Kader, den Sportdirektor Rouven Schröder zusammengestellt hat, ist in der Breite schwächer besetzt als andere. Und Trainer Grammozis geht es zunächst um defensive Stabilität – doch gegen die Top-Teams wirkt die Deckung überfordert.
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Es passte zur Schalker Gemütslage, dass der Held des Tages vor knapp 20.000 Zuschauern im Millerntor-Stadion ein Stürmer war, den die Königsblauen einst für seine Kampfstärke sehr schätzten, nach 22 Punktspielen in Folge ohne Treffer aber als Null-Tore-Stürmer verspotteten und schließlich im Sommer 2020 unromantisch vom Hof jagten. In St. Pauli spielt Guido Burgstaller seit Monaten groß auf, er erzielte in einer einseitigen ersten Hälfte beide Tore (20./31.) gegen seinen Ex-Klub.
Feierte Burgstaller zurückhaltend und schwärmte nach dem Spiel von seiner Zeit auf Schalke, bekam er von St. Paulis Assistenztrainer Loic Favé einen Spitznamen: „Super-Burgi passt.“ Die Fans riefen „Fußballgott“. Als der 32-Jährige ausgewechselt wurde, applaudierten auch die mitgereisten Fans der Königsblauen. 2017/18 war Schalke Vizemeister, Burgstaller hatte elf Tore beigesteuert.
Rodrigo Zalazar trifft für Schalke
Vizemeister, Champions League: Zeiten, die aktuell weit entfernt scheinen. Ein Tor von Rodrigo Zalazar (74.) und eine Schlussoffensive mit viel Fleiß und Kampf – zu wenig für eine Mannschaft, die aufsteigen möchte. Aushilfstrainer Sven Piepenbrock, der Grammozis vertrat, sprach den Satz des Abends, als er eigentlich über eine vergebene Torchance des 17-jährigen Aushilfs-Stürmers Keke Topp sprach: „Im Fußball gibt es manchmal Märchen. Leider im Moment nicht bei uns.“
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Die einzige positive Nachricht des Wochenendes: Verspielt ist noch nichts – nicht nur wegen der Tabellensituation. In der Winter-Transferperiode im Januar 2022 darf Schröder den Kader noch einmal umbauen: „Wir machen uns Gedanken über Verstärkungen – wir blicken aber auch in den Kader, wer performt und wer nicht“, sagte Schröder vor dem Pauli-Spiel.
Schalke hat noch vor der Winterpause zwei Topspiele
Und Grammozis muss möglichst schnell eine mutigere Strategie wählen, damit Schalke auch in Topspielen mithalten kann. Zwei davon gibt es noch vor der Winterpause – gegen die Mitkonkurrenten 1. FC Nürnberg (Freitag, 18.30 Uhr/Sky) und Hamburger SV (Samstag, 18. Dezember/Sport 1 und Sky).