Gelsenkirchen. Schalke holt am Samstag die Mitgliederversammlung nach. Kurz zuvor meldet sich die Gruppe „Tradition & Zukunft“ zurück und sorgt für Unruhe.

Eigentlich könnte es beim FC Schalke 04 am Freitag nur um die Generalprobe der Zweitliga-Profis gehen. Vitesse Arnheim ist um 18 Uhr im Parkstadion zu Gast, der Vierte der niederländischen Eredivisie. Aufbruchstimmung gibt es nach einer beinahe geräuschlosen Vorbereitung. Und doch rückt der Fokus eine Woche vor dem Saisonstart weg von den Profis – und hin zur Vereinspolitik. Grund ist die außerordentliche Mitgliederversammlung, die am Samstag um 11.04 Uhr in der Arena beginnt. Die Führung des Klubs sortiert sich neu.

Das Drumherum ist diesmal neu: Bei früheren Sitzungen in der Arena gab es ein umfangreiches Rahmenprogramm, sogar Status Quo traten einmal auf und spielten ihre größten Hits – „Whatever you want“ zum Beispiel, viele Jahre lang der Song, den Schalkes Profis beim Einlaufen hörten. Diesmal bleibt wegen der Corona-Pandemie alles schlicht. Die Königsblauen sind froh, dass sie überhaupt eine Präsenz-Veranstaltung durchführen dürfen.

Fünf von elf Positionen im Aufsichtsrat stehen zur Wahl

Spannend wird es gleich zu Beginn der Tagesordnung: Fünf von elf Positionen im Aufsichtsrat stehen zur Wahl. Die Leitung der Versammlung ist die letzte Amtshandlung des Aufsichtsrats-Vorsitzenden Jens Buchta – wenn sich das neu gewählte Gremium am Samstagabend zum ersten Mal zusammensetzt, zieht sich Buchta zurück. Für die fünf Posten stehen zehn Kandidaten zur Wahl – schon vor der ersten Sitzung der Königsblauen hatten sich alle vorgestellt.

Am 13. Juni hatten die Königsblauen schon einmal versucht, die Sitzung durchzuführen – allerdings digital. Und dieser Versuch scheiterte, da nicht abgestimmt werden konnte. Deshalb wurde nur diskutiert, aber nicht gewählt. Bitter war das für Buchta, der – ungeplant – länger im Amt bleiben musste.

Schalke: Kein Top-Favorit für die Buchta-Nachfolge

Wer auf Buchta folgt, ist noch offen – es gibt keinen Top-Favoriten. Buchtas Vertreter Peter Lange (65) wäre ein möglicher Kandidat. Heißester Anwärter ist aber Axel Hefer (43), der zum Aufsichtsrat gehört, aber wiedergewählt werden müsste. Hefer, der die Hotelsuchmaschine Trivago leitet, hat glänzende Kontakte zur aktiven Fanszene der Königsblauen. Zudem wurde er vor einigen Jahren bekannt als Mitglied einer Opposition gegen den Ex-Boss Clemens Tönnies.

Doch ganz so einfach wird es für Hefer nicht – und das liegt daran, dass sich zu einem bemerkenswerten Zeitpunkt, vier Tage vor der Wahl, die Gruppe „Tradition & Zukunft“ zurückgemeldet hat. Das ist die Gruppe, die im März Kontakt zu Ralf Rangnick aufgenommen, den Verein aber nicht informiert hatte. Die Rangnick-Gruppe wirft Hefer vor, unter anderem vor dem Wahlausschuss, der die Kandidaten für den Aufsichtsrat auswählt, die Unwahrheit gesagt zu haben. Er hätte bei den Verhandlungen mit Rangnick mit am Tisch gesessen – würde aber das Gegenteil behaupten. Auf Anfrage dieser Zeitung erklärten sowohl Hefer als auch der Wahlausschuss, sich an die Verschwiegenheits-Klausel, die mit den Ämtern verbunden ist, zu halten.

Auf einer umfangreich aufgebauten Webseite, die mit Hilfe einer PR-Agentur entstand, erklärt die Rangnick-Gruppe, wie der Verein verändert werden könnte – viele Mitglieder aber empfinden das Datum der Veröffentlichung als inszenierte Unruhe, nicht als hilfreich.

Huub Stevens verabschiedet sich

Eine ruhige Versammlung erleben diesmal nur die noch verbliebenen Vorstände Peter Knäbel und Christina Rühl-Hamers. Ihre Berichte hatten sie schon bei der digitalen Variante vorgetragen und standen für eine Aussprache zur Verfügung. Auch eine Entlastung für die vergangene Amtszeit steht nicht auf der Tagesordnung.

Doch so umstritten manche Personen sind – einer dürfte auf jeden Fall von allen Applaus bekommen: Jahrhunderttrainer Huub Stevens (67) verabschiedet sich von der Schalker Bühne. 1996 hatte er die Königsblauen zum ersten Mal als Trainer übernommen, anschließend bis 2002 zum Triumph im Uefa-Cup und zu zwei DFB-Pokalsiegen geführt. Später wurde er noch einmal Chef- und zweimal Interimstrainer. Seit drei Jahren saß er im Aufsichtsrat. Nun geht Stevens – als Fan wird er bleiben. Genau wie Buchta. Der hat seine Bitte für die künftige Vereinsarbeit schon im Juni formuliert: „Ich bin der festen Überzeugung: Ruhe und Besonnenheit sind gute Berater.“