Gelsenkirchen. Vier aktuelle oder ehemalige Schalker Aufsichtsräte wollen erneut gewählt werden. Sie behaupten: Aus Fehlern wurde gelernt, die Wende eingeleitet

Dass in diesem Jahr gleich fünf Plätze im Schalker Aufsichtsrat neu zu besetzen sind, liegt an den Turbulenzen der Vergangenheit: Es gab mehrere Rücktritte, zuerst den von Clemens Tönnies. Es gab entsprechende Nachrücker, deren Amtszeit bis zur jetzt anstehenden Mitgliederversammlung befristet ist. Und es gab eine aufgrund der Corona-Pandemie ausgefallene Mitgliederversammlung 2020.

Um die fünf freien Plätze bewerben sich bei der Versammlung am Sonntag (ab 9.04 Uhr) zehn Kandidaten: Sechs Neulinge, die wir zum Teil bereits in Interviews vorgestellt haben, und vier Schalker mit einer Vergangenheit im Aufsichtsrat. Warum sie erneut gewählt werden wollen, haben auch sie jetzt bei der Vorstellungsrunde MitGEredet erklärt.

„Wir geben nur noch das Geld aus, was wir haben“

Der Banker Moritz Dörnemann (39) hat eine dreijährige Amtsperiode hinter sich, die er als „wahnsinnig lehrreich“ bezeichnet. Er sagt: „Es sind auch Fehler gemacht worden, das muss man eingestehen, aber solange man daraus lernt, ist das eine wertvolle Erfahrung für die Zukunft.“ Dörnemann unterscheidet die Zeit mit Clemens Tönnies (trat im Juni 2020 zurück) und die Zeit danach. Anfangs sei es für ihn in dem Gremium eine Phase des „Zurechtfindens“ gewesen, „und bevor die Arbeit richtig losging, waren wir schon im Thema Clemens Tönnies/Rassismus“. In der zweiten Hälfte seiner Amtsperiode habe sich das Gremium „mehr auf die Sache konzentriert“ und trotz des Abstiegs wertvolle Entscheidungen getroffen. Dörnemann nennt als Beispiele die zusätzlichen Investitionen in die Knappenschmiede und auch den Baustopp auf dem Berger Feld: „Wir geben nur noch das Geld aus, das wir auch haben.“

In der Finanzpolitik sieht der Banker das, was er am meisten für Schalke einbringen kann. Sein Ausblick: „Wir werden vor allem auf Sachen verzichten müssen, die finanzielle Situation ist so im Argen.“ Im Umgang mit den Fans will er auf „mehr Zuhören“ setzen.

„Mehr Neuanfang als in den letzten elf Monaten geht nicht“

Der Unternehmensberater Matthias Rüter (43) war vor knapp einem Jahr der Nachrücker nach dem Ausscheiden von Tönnies, er betont: „Ich kenne nur die Zeit nach Clemens Tönnies.“ Einer seiner Ansatzpunkte: „Schalke wieder durch Schalker machen lassen.“

Rüter spricht von „einer Entfremdung“, die Schalke in den vergangenen Jahren durchgemacht habe – mit Blick auf die Verpflichtung von Christian Heidel (kam vor fünf Jahren) sagt er: „Wir haben uns die Strategien immer extern eingekauft.“ Schalke habe dabei vor allem auf Namen geschaut – der jetzt eingeschlagene Kurs mit Kräften aus dem eigenen Verein entspricht dagegen voll dem Verständnis des Unternehmensberaters. Als Aufsichtsrat möchte er weiter im Hintergrund die Themenfelder beackern, „wo es hakt“. Nach seinem Empfinden ist in seiner Amtszeit auf Schalke einiges in Bewegung gekommen: „Mehr Neuanfang als in den letzten elf Monaten geht nicht“, sagt Rüter.

„Ein Unterschied wie Tag und Nacht“

Axel Hefer (43) hat zwar aktuell einen Platz im Aufsichtsrat, steht damit aber nicht wirklich für die Politik der jüngeren Jahre: Der Mann aus Hagen rückte erst in diesem Frühjahr ins Gremium nach und hat seither erst eine Sitzung mitgemacht. Hefer war aber schon von 2014 bis 2017 Schalker Aufsichtsrat und sagt: „Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht.“

Hefer spielt damit auf einen aus seiner Sicht positiven Wandel an, in der Vergangenheit galt er eher als kritisch. Sein Ansatz jetzt, um Schalke wieder besser zu machen: „Was uns fehlt, ist ein langfristiges Konzept, das wir auch gegen Widerstände von außen umsetzen.“ Mit Blick auf die veränderte Welt des Fußballs sagt er: „Die Abstände zwischen den Top-Klubs, den mittleren Vereinen und den kleinen Vereinen tun sich immer weiter auf, und wir haben uns von dieser Entwicklung treiben lassen.“ Hefer betont, dass er sich ein Krisenmanagement zutraut und erklärt mit Blick auf seine berufliche Karriere: „Zu Beginn habe ich Unternehmen beraten, dann lange saniert.“ Heute ist er Vorstandsvorsitzender von Trivago, einer Hotelsuchmaschine.

„Von innen sieht vieles anders aus“

Stefan Gesenhues (67) hingegen war bis zu seinem Rücktritt am 21. März vier Jahre im Schalker Aufsichtsrat: Er geriet damals zwischen die Stühle der Rangnick-Gruppe um Uli Paetzel und dem gewählten Aufsichtsrat. Der Mediziner steht zu Fehlern der Vergangenheit, mit Blick auf das Schalker „Ausgaben-Problem“ räumt er ein: „Wir haben viele Investitionen in sehr teure Spieler gemacht.“ Ein Fehler – da müsse man ansetzen. Er gibt aber auch zu bedenken, wie sehr die Corona-Pandemie zu einem „Einnahme-Problem“ geführt habe. Gesenhues will seine sportmedizinische Kompetenz weiter einbringen und setzt darauf, dass er bewiesen habe, „wie sehr ich Schalke 04 lebe“.

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Vier Kandidaten, die schon Aufsichtsrat auf Schalke waren und die zum Teil auch mit für die vergangenen Jahre stehen. „Wenn man das von innen erlebt hat“, sagt Gesenhues, „sieht vieles anders aus.“