Gelsenkirchen. Schalke 04 steht vor dem Abstieg in die 2. Bundesliga. Sportvorstand Jochen Schneider geht. Auf seinen Nachfolger wartet viel Arbeit.
Ein wenig traurig ist Ralf Fährmann schon. Der 32 Jahre alte Torwart des Bundesliga-Schlusslichts FC Schalke 04 hat seit Beginn seiner Profikarriere vor 13 Jahren viele Trainer und Manager kommen und gehen sehen. „Menschlich habe ich höchsten Respekt vor ihm. Ich schätze ihn sehr“, sagt Fährmann nun über Jochen Schneider, der am Dienstag verkündet hatte, dass sein Vertrag zum 30. Juni 2021 aufgelöst wird.
Am Samstag steht für Schalke das Derby gegen Borussia Dortmund (18.30 Uhr/Sky) an, doch im Zentrum der Diskussionen stehen die Folgen der bevorstehenden Schneider-Trennung, die der erste Schritt einer Reihe von Entscheidungen war. Der Aufsichtsrat sucht einen neuen Sportvorstand, hat einen Wunsch-Kandidaten, der aber noch woanders unter Vertrag steht.
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Klar ist: Die Top-Manager Deutschlands reißen sich nicht mehr darum, nach Gelsenkirchen zu wechseln. Als Felix Magath (2009) und Horst Heldt (2010) kamen, waren sie Meistermacher in Wolfsburg und Stuttgart. Jochen Schneider war der zweite Mann bei RB Leipzig, als er 2018 nach Gelsenkirchen kam. Nun lautet die Realität knapp 240 Millionen Euro Schulden und die Perspektive Zweite Liga. Das ist nicht reizvoll.
Schalke: Trio übernimmt die Planung
Bis der neue Mann unterschrieben hat, plant ein Trio die neue Saison: U19-Trainerlegende Norbert Elgert (64), Nachwuchs-Chef Peter Knäbel (54) und Eurofighter Mike Büskens (52), der auf Schalke schon verschiedene Jobs ausübte – zuletzt war er Kontaktperson zu Leihspielern. „Die Drei tragen die Schalke-DNA in sich und stehen für die Werte unseres Vereins“, sagte Aufsichtsrats-Chef Dr. Jens Buchta. Keine Rolle spielt mehr Teammanager Sascha Riether (37), der vor Schneiders Rückzugs-Entscheidung noch zum Kaderplaner-Team gehört hatte.
Der Aufsichtsrat signalisiert mit dieser Übergangslösung: Schalke will künftig wieder mehr Schalke sein – interne statt externe Zugänge, lieber Talente aus der Knappenschmiede als Routiniers. Einfache Startvoraussetzungen hat das Trio aber nicht. Ein Trainer für die kommende Saison steht noch nicht fest – und ohne neuen Sportvorstand wird sich das auch nicht ändern. Sagt auch der scheidende Sportchef Jochen Schneider: „Es macht natürlich Sinn, die Trainerfrage erst dann zu entscheiden, wenn die neue sportliche Führung installiert ist.“ Die Zeit drängt, denn Kandidaten, die für die neue Saison noch nirgendwo unter Vertrag stehen – dazu zählen zum Beispiel Steffen Baumgart (SC Paderborn) und Domenico Tedesco (Spartak Moskau) – wollen rechtzeitig ihre Zukunft planen.
Gespräche mit Spielern muss Schalke aber schon führen. Und das wird schwierig: Offen ist nicht nur die Liga-Zugehörigkeit. Wichtig für die finanzielle Planung wäre auch zu wissen, ob in der kommenden Saison wieder Zuschauer zugelassen sind. Für Schalke würde das eine siebenstellige Einnahme pro Heimspiel bedeuten. Und der Vertrag von Hauptsponsor Gazprom gilt auch nur für die Bundesliga.
Schalke: 18 Millionen Euro für McKennie
Deshalb sind die Schalker froh, dass sie fast sicher mit den Transfereinnahmen für Weston McKennie (22) rechnen können. 18 Millionen Euro überweist Juventus Turin im Sommer für den US-Nationalspieler, die Bedingungen dafür sind in Kürze erfüllt. Diese Transfervereinbarung wird Jochen Schneider intern sehr hoch angerechnet. Es ist aber nicht bekannt, dass für Ozan Kabak (20), der aktuell an den FC Liverpool verliehen ist, eine ähnliche Option existiert.
Dass ein Spieler wie Kabak, der für Liverpool ein gutes Champions-League-Debüt bei RB Leipzig (2:0) absolvierte, in der 2. Bundesliga auch für Schalke spielt, ist auszuschließen. In einer Zeit, in der selbst bei Top-Klubs das Geld nicht mehr locker sitzt und es überwiegend Leihgeschäfte gibt, können sich solche Verhandlungen aber ziehen.
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Möglicherweise werden das auch Suat Serdar (23) und Mark Uth (29) erfahren. Die Verträge der beiden Spieler gelten nach Informationen dieser Zeitung für beide Ligen, aber zweitklassig wollen beide nicht spielen. Vor Corona hätten Uth und Serdar eine hohe Transfereinnahme garantiert. Nun ist das nicht mehr so.
Schalke: Fährmann bereitet Kollegen auf Derby vor
Einer, der auch für beide Ligen unter Vertrag steht, ist Torwart Fährmann. Bleibt er im Abstiegsfall? „Welchen Bezug ich zum Verein habe, das weiß jeder. Ich möchte mich nicht mit Szenarien beschäftigen. Wir haben noch 13 Spiele zu gehen. Es kommt so rüber, dass wir längst abgeschrieben sind – aber wir glauben fest an den Klassenerhalt.“
Fährmann stimmt auch seine Mitspieler ein: „Ich habe ein paar Derby-Videos in unseren Mannschafts-Chat geschickt, um die Jungs heißzumachen.“ Er bestreitet sein 14. Derby – freut sich aber darauf, als wäre es sein erstes. Unabhängig von allen Diskussionen.