Gelsenkirchen. Manuel Baum soll Schalke aus der Krise führen. Bei seinem ersten Auftritt als neuer S04-Trainer erzählte er eine rührige Geschichte.

Als Manuel Baums fünfjähriger Sohn Lionel erfuhr, dass der Papa seinen Job wechselt, hatte er nur eine Frage: „Trainierst du nicht mehr Deutschland?“ Nein, antwortete der Vater, setzte sich mit seinem Sohn vor seinen Laptop und schaute ein Video. Ein Anhänger des FC Schalke 04 hatte die Minuten vor dem Anpfiff gefilmt, als die Fans die Vereinshymne sangen. „Ich hatte Gänsehaut“, sagte Papa Baum. „Und mein Sohn hat gesagt: Ich will auch da vorbeischauen.“ Die Gelegenheit wird er schon bald bekommen: Manuel Baum, 41 Jahre alt, ist neuer Schalke-Trainer.

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Baum ist Schalkes 13. Trainer in zwölf Jahren

Die rührige Geschichte erzählte Baum bei seiner Präsentation am Mittwoch, ehe er auch zu seiner ersten Trainingseinheit lud. Er ist ein Niederbayer, geboren in Landshut; und bevor er die deutsche U18 übernahm, trainierte Baum nur in Bayern – zunächst die SpVgg Unterhaching in der 3. Liga, dann den FC Augsburg in der Bundesliga. Nun folgt der Wechsel ins Ruhrgebiet, zu einem finanziell angeschlagenen Krisenklub. Zum Tabellenletzten, der 18 Spiele in Folge nicht gewonnen hat. Baum ist der 13. Trainer in zwölf Jahren, Nachfolger des am Sonntag freigestellten David Wagner. Ein neues Umfeld, eine immense Herausforderung. „Vielleicht“, sagte Baum, „wird sich der eine oder andere fragen: Ist der Baum nicht zu klein für das Ganze? Aber lasst mich mal machen, ich weiß sehr gut, was ich tue.“

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Am späten Dienstagabend war auf Schalke die Entscheidung gefallen. Eine Trainerfindungs-Kommission hatte die Kandidaten von Sportvorstand Jochen Schneider abschließend bewertet. Marketingvorstand Alexander Jobst diskutierte mit, Teile des Aufsichtsrats, Kaderplaner Michael Reschke, Teammanager Sascha Riether. Und sie folgten Schneiders Empfehlung – der hatte eine Verpflichtung Baums schon immer bevorzugt. Der zweite verbliebene Kandidat Dimitrios Grammozis erhielt eine Absage.

Schneider: Baum ist einer, der Inhalte vermitteln kann

Doch warum erhielt Baum die Zusage? „Er ist einer, der Inhalte vermitteln kann“, erklärte Schneider am Tag darauf, „er gibt einer Mannschaft eine klare Struktur und eine klare Ordnung – und das brauchen wir in dieser schwierigen Situation besonders.“ Regelmäßig hielt Schneider zu Baum Kontakt – vor allem wegen der Schalker Spieler in dessen U-Nationalmannschaft. Am vergangenen Wochenende schaute sich Baum schon auf dem Schalker Vereinsgelände um – offiziell auf DFB-Auftrag, wie er sagte. Am Freitag unterhielt er sich mit Schalkes Nachwuchstrainer-Ikone Norbert Elgert, am Samstag sah er sich das U23-Spiel in der Regionalliga West gegen den SV Straelen (1:2) an.

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Danach flog er wieder nach Hause, er wohnt in München – aber am Montagabend packte Baum schon wieder seine Koffer. Unbedingt wollte er schon vor dem Spiel bei RB Leipzig (Samstag, 18.30 Uhr/Sky) auf Schalke anfangen, auch wenn beim Topteam direkt eine empfindliche Niederlage droht. Baum: „Das war mir sehr wichtig. Jetzt werden wir uns überlegen, wie wir schnell wirken können.“

Naldo fehlt noch die passende Lizenz

Wir – damit meint er sich und seinen neuen Assistenten Naldo (38). Der ehemalige Schalker Abwehrchef, der zuletzt bei der AS Monaco unter Vertrag stand, beendete seine Karriere, um nach Gelsenkirchen zurückzukehren. Offiziell darf er als Co-Trainer noch nicht wirken – dafür fehlt ihm die passende Lizenz.

„Ihr werdet sehen, dass wir Selbstvertrauen in die Mannschaft kriegen. Ich habe mit den meisten zusammengespielt und weiß, welche Qualität in dem Kader steckt“, sagt Naldo. Baum hat kein Problem damit, dass sein Assistent erst mal bekannter ist als er selbst: „Ich finde, es ist eine sehr gute Lösung. Es ist ein großer Vorteil, im Trainerteam einen zu haben, der Erfahrung hat und sich im Verein auskennt.“ Ein zweiter Co-Trainer soll kommen – mit der Suche wollen sich Schneider und Baum aber Zeit lassen.

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Torwartfrage auf Schalke ist wieder offen

Auch Baum ist von der Qualität seiner neuen Mannschaft überzeugt: „In ihr steckt sehr viel Potenzial.“ Erst einmal will er alle Spieler persönlich kennenlernen – in seinem ersten Training fing er damit an. Er erklärte seine Taktik an einer Tafel, bat zu einem langen Trainingsspiel. Einen Stammplatz hat keiner mehr sicher, nicht einmal Torwart Ralf Fährmann. Eins steht aber fest: Wenn Manuel Baum das nächste Mal seinen Sohn sieht, muss er ein Geschenk im Gepäck haben. „Er hat mir verboten, ohne Schalker Trikot nach Hause zu kommen.“ Mit Geschichten wie diesen kann Baum vor allem auf Schalke punkten.