Gelsenkirchen. Spielmacher Amine Harit wartet in der Liga-Rückrunde noch auf ein Tor für Schalke 04. Wir haben Benito Raman und Olaf Thon dazu befragt.

Amine Harit gab ganz lange gern Auskunft. Ob in der Hinrunde oder in der Winterpause: Der Spielmacher des Fußball-Bundesligisten Schalke 04 redete gern über seine Leistungsexplosion, den neuen Vertrag mit einer Laufzeit bis 2024, den Weg der Königsblauen und hohe Ziele.

Doch wie ist es im Februar 2020? Die Kapuze zieht Harit meist weit über den Kopf, wenn die Spiele beendet sind, missmutig stapft er zum Mannschaftsbus. Harit ist genervt.

Gründe hat das viele. Vier Bundesligaspiele nacheinander blieb Schalke sieglos, nur ein Treffer gelang in dieser Zeit. Harit selbst traf in den ersten fünf Spielen der Hinrunde dreimal und legte ein Tor vor (Notenschnitt bei uns: 2,9). Seine Liga-Bilanz in der Rückrunde: null Tore, null Vorlagen (Notenschnitt bei uns: 4,4).

Das ist etwas, was Schalke beschäftigt. "Die Mannschaften stehen sehr gut, sehr konzentriert gegen uns, weil sie sehen, welche Wucht wir entwickeln können", erklärt Stürmer Michael Gregoritsch. Und Sturm-Kollege Benito Raman ergänzt im Gespräch mit dieser Redaktion: „In der Hinrunde war vieles einfacher. Inzwischen konzentrieren sich viele Gegner auf unsere Spielweise, beispielsweise von Amine und mir, und versuchen sich darauf einzustellen.“

Der meistgefoulte Spieler der Bundesliga ist Harit bereits – durchschnittlich dreimal wird der 22-Jährige pro Spiel unfair gestoppt. Nun kommt häufig auch noch eine Manndeckung hinzu. Zuletzt beim 0:0 in Mainz wurde er häufig von Leandro Barreiro verfolgt, sobald er die Mittellinie überschritten hatte. „Wir haben es gut geschafft, Harit aus dem Spiel zu nehmen“, analysierte der Mainzer Trainer Achim Beierlorzer.

Schalke: Harit vermisst Serdar und Caligiuri

Sätze wie diese beschäftigen auch Schalkes Ehrenkapitän Olaf Thon (53), der zu Beginn seiner langen Karriere auch im offensiven Mittelfeld die Fäden zog. „Manndeckung ist ein Mittel, einen Spielmacher des Gegners auszuschalten. Das wurde schon in den 50er Jahren gemacht. Ein Gegner stellt dann einfach mit einem „Terrier“ den Spielmacher kalt. Es ist dann immer schwer, sich durchzusetzen, vor allem, wenn die Mannschaft nicht so gut spielt wie zum Beispiel Schalke in der Hinrunde“, sagt Thon im Gespräch mit dieser Redaktion.

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Dass Harit die Manndeckung am meisten stört, denkt Trainer David Wagner nicht. „Ich glaube, dass Amine relativ hart und eng bearbeitet wird, seitdem er Fußball spielt“, sagte Wagner in Mainz auf Nachfrage dieser Redaktion. Wagner sieht zwei andere Gründe, warum es beim Marokkaner nicht läuft. „Der ein oder andere Nebenmann, mit dem Automatismen entstanden sind, ist nicht da“, sagt Wagner. Damit meint er vor allem Nationalspieler Suat Serdar und Daniel Caligiuri, die auf den Außenpositionen im Mittelfeld häufig Harits erste Anspielstationen waren. Nun sind beide verletzt – und mit den Vertretern Weston McKennie und Alessandro Schöpf ist Harit nicht eingespielt. Und der zweite Grund? „Die Leichtigkeit“, sagt Wagner, „ist auch bei ihm abhanden gekommen. Eine bessere Chancenauswertung würde ihm helfen, damit sich mehr Räume öffnen.“ In der Hinrunde hätte Schalke in extrem knappen Spielen die entscheidenden Möglichkeiten genutzt - in Augsburg (3:2) und gegen Mainz 05 (2:1) zum Beispiel. "Da waren wir", sagt Wagner, "in der Lage, die Momente für uns zu nutzen." Beide Siegtore erzielte Harit.

Auch beim 3:1-Erfolg bei RB Leipzig in der Hinrunde überzeugte Harit mit einem Tor und einer Vorlage. Kann das wieder gelingen, wenn Schalke am Samstag auf den Tabellenzweiten (18.30 Uhr/Sky), der am Mittwoch in der Champions League bei Tottenham Hotspur überzeugte und mit 1:0 gewann, trifft?

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Das werde schwierig, sagt Olaf Thon: „Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann weiß auch, woran es liegt, dass Schalke zuletzt wenig Tore geschossen hat. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Harit auch von Leipzig eine Manndeckung bekommt.“ David Wagner hat mit seinem Spielmacher gesprochen: „Ich habe ihm gesagt: Hör zu, es geht darum, die Situation anzunehmen und sich weiter zu wehren. So lange er weiter mitverteidigt, ist alles im Lot. Dass wir auch von seiner Position in den kommenden Wochen mehr Leichtigkeit brauchen, ist keine Frage.“

Schalke-Stürmer Raman glaubt an die Wende

Dass Harits Leistungsdelle nur von kurzer Dauer ist, glauben aber alle Schalker. „Ich bin sicher, dass schon bald die Wende kommt und wir wieder Tore schießen werden“, sagt Raman. Und trotz Manndeckung macht Thon Harit Mut: „Wenn er seine Leistung wieder bringt, kann er sich durchsetzen und wieder eigene Tore machen. Auch Leipzig kann man packen, denn es gilt, was der alte Manager Rudi Assauer gesagt hat: Form schlägt Klasse. Das halte ich Samstag für möglich."

Und dann stapft Harit auch wieder besser gelaunt zum Bus.