An diesem Montag treffen sich die RWE-Verantwortlichen mit Vertretern der Stadt Essen. Eine Bestandsaufnahme.

Wie geht es weiter mit den Rot-Weißen? Das fragen sich die Fans völlig verunsichert, denn die Lage beim Fußball-Regionalligisten ist verzwickt und verworren, ein Konzept für die Zukunft gibt es noch nicht. Am heutigen Montag werden sich Vereinsvorstand und -Aufsichtsrat mit Vertretern der Stadt treffen, um zu beraten.

Sportlich, die Regionalliga-Tabelle lügt nicht, stehen schwere Zeiten bevor. Abstiegsangst statt Aufstiegskampf, so sieht es derzeit aus. Natürlich sind noch 20 Spieltage zu absolvieren und der Abstand zu Rang vier beträgt nur sieben Punkte. Aber dass RWE noch einmal oben angreifen könnte, daran zu glauben, fällt nach dem Eindruck bisher und vor allem nach der Vorstellung gegen Mönchengladbach ziemlich schwer.

Fünf-Jahres-Plan

Enttäuschung und Frust sind wieder einmal riesig. Wie in den vergangenen zweieinhalb Jahren, in denen RWE aus der 2. Bundesliga in die Viertklassigkeit gestürzt ist. Der Fünf-Jahres-Plan (mit Ziel 2. Liga), vom ehemaligen Sportlichen Leiter Thomas Strunz wortreich und optimistisch ins Leben gerufen, scheint nüchtern betrachtet nach anderthalb Jahren gescheitert. Der Erfolg hat sich von der Hafenstraße verabschiedet. Und mit ihm die Hoffnung, dass der Traditionsklub bald wieder eine Rolle auf der bundesweiten Fußball-Bühne spielen könnte.

Wirtschaftlich ist der RWE in zweistelliger Millionenhöhe verschuldet. Diese Hypothek abzutragen ist unmöglich in der Regionalliga, und ein unabhängiger generöser Sponsor ist nicht in Sicht. Kein Unternehmen will in einen maroden, erfolglosen Regionalligisten investieren, der zwar Tradition und ein beachtliches Fan-Potenzial besitzt, aber ohne Perspektive ist. Einge sehen in der Insolvenz die einzig sinnvolle Lösung des Problems. In jedem Fall aber ist Sparen angesagt, Bescheidenheit und ein Konzept, das nicht Millionen verschlingt, sondern möglicherweise von der eigenen Nachwuchsarbeit im Klub zehren kann.

Wie geht es weiter bei den Rot-Weißen? Das fragen sich auch die Verantwortlichen bei Rot-Weiß, die nach dem Abstieg aus der 3. Liga die Regie an die Stadt Essen, den Retter, abtreten mussten. Praktisch, nicht etwa juristisch, denn die neuen, professionelleren Strukturen sind noch nicht umgesetzt. Sie wurden zwar ausgearbeitet und die Vereinsmitglieder haben für das Modell gestimmt. Doch noch gibt es keine Anzeichen, dass der Strukturwandel einsetzt.

Wofür die Politik respektive Stadt verantwortlich zeichnet, die sich derzeit nach dem Regierungswechsel im Rathaus auffällig zurückhält. Der RWE-Vorstand ist, gemäß der alten Strukturen, deshalb noch verantwortlich und in der Haftung. Als er aber mit der Entlassung von Strunz eigenverantwortlich reagierte, war die Stadt, vor allem in Person des Aufsichtsratchefs Dietmar Bückemeyer, pikiert.

Die Stadt Essen hat die neuen Strukturen für ihre finanzielle Hilfe und für das neue Stadion zur Auflage gemacht. Sie hatte in Rainer Balensiefer für gutes Geld, eine sechsstellige Summe munkelt man, einen Finanzexperten auf der Geschäftsstelle installiert, um die Ausgaben zu kontrollieren. Nun ist Balensiefer weg, wohl auch, weil er selbst zu teuer war. Vereinsvorstand Thomas Hermes führt nun die Geschäfte ehrenamtlich.

Wie geht es weiter bei den Rot-Weißen? Das müssen sich auch die Vertreter der Stadt fragen. Die Stadt hatte RWE durch ihre Tochterunternehmen gerettet und finanziert zum großen Teil auch den aktuellen Millionen-Etat. Rot-Weiß liege seit Jahren auf der Intensivstation, hatte der RWE-Vorstandsvorsitzende Stefan Meutsch auf der Mitgliederversammlung im Mai gesagt. Und die Stadt, um im Bild zu bleiben, ist die Herz-Lungen-Maschine, ohne die RWE nicht überleben kann.

Die GVE (Grundstücksverwaltung Essen) hat den RWE-Gläubiger Michael Kölmel inzwischen abgefunden. Mit einem Millionenbetrag, der weit höher ausgefallen sein soll als die öffentlich bekundeten vier bis fünf Millionen. Nun ist der Verein bei der GVE in der Kreide, obwohl es auch schon hieß, diese wolle auf das Geld ganz verzichten. Den Verein sozusagen auf Null stellen.

Die Tochter GVE soll gemäß der neuen Vereinsstrukturen an der Spielbetriebsgesellschaft 49 Prozent der Anteile halten. 51 Prozent behält Rot-Weiß. Da die kommunalen Töchter aber zum großen Teil den Etat des Vereins tragen, würde die öffentliche Hand den Profi-Fußballbetrieb fast komplett finanzieren.

Transparenz fehlt

Angesichts der wirtschaftlichen Lage und einem gigantischen kommunalen Schuldenbergs von drei Millarden Euro wird es immer schwerer, der Öffenlichkeit dieses Engagement und ebenso den Stadion-neubau zu erklären. Das hätte damals, zum Beispiel beim Zweitliga-Aufstieg 2006, besser funkioniert. Ohne Wirtschaftskrise. Doch das Stadion-Projekt war stets einem politischen Kalkül unterworfen.

Nun wird offenbar geprüft, ob sich Stadt und die GVE überhaupt derart engagieren dürfen. Man fasst sich an den Kopf. Denn man sollte doch meinen, dass Experten und Juristen solche Pläne erstellen. Die Frage ist: Gibt es überhaupt ein Zurück (Stichwort Insolvenz) für die Stadt, nachsie derart investiert hat? Wie schauen die Verträge aus? Transparenz jedenfalls sucht man vergeblich. Dabei hätte eine offene, offensive Öffentlichkeitsarbeit der Stadt viel Ärger, unliebsame Gerüchte und Spekulationen erspart.