Essen. Rot-Weiss Essen steht auf einem Abstiegsplatz. Und hat eine handfeste Krise. Andreas Winkler, sportlicher Leiter, kann die Wut der Anhänger verstehen.
- Rot-Weiss Essen steht auf einem Abstiegsplatz und befindet sich in einer handfesten Krise.
- Andreas Winkler, sportlicher Leiter von RWE, kann die Wut der Fans verstehen.
- Winkler mahnt aber auch, dass einige Parolen der Anhänger zu weit gingen.
Bei Rot-Weiss Essen scheinen die Nerven blank zu liegen. Seit dem vergangenen Wochenende steht RWE das erste Mal in dieser Saison auf einem Abstiegsplatz.
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Nach der 0:1-Niederlage bei Fortuna Düsseldorf II wurde nicht nur die Ablösung von Trainer Jan Siewert gefordert, es gab auch lautstarke Parolen wie "Wir sind Essener und Ihr nicht" oder "Wenn Ihr absteigt, dann schlagen wir Euch tot". Der Sportliche Leiter Andreas Winkler stellt sich im Interview der harschen Fan-Kritik und erklärt, wie RWE den Weg aus der Krise finden soll.
Andreas Winkler, Rot-Weiss Essen befindet sich in einer sportlichen Krise. Wie wollen Sie da unten wieder rauskommen?
Andreas Winkler: "Wir müssen uns dieser Situation stellen. Das machen wir auch die ganze Zeit. Wir analysieren die Spiele und überlassen nichts dem Zufall. Die Partie gegen Düsseldorf haben wir analysiert und jetzt blicken wir auf den Donnerstag und die Verl-Begegnung. Wir hoffen natürlich, dass wir so einen Auftritt wie in Düsseldorf nicht mehr sehen müssen. Wir haben gegen Gladbach ein gutes Spiel gemacht und gegen Kray auch gewonnen. Dass wir in Düsseldorf so zurückgefallen sind, hat uns auch überrascht. Ich will da keinem den Einsatz absprechen, aber als Mannschaft war das keine zufriedenstellende Leistung. Wir konnten als Team in diesem Spiel nicht viel erzwingen. Man konnte nicht sehen, dass die Mannschaft in der Lage war vielleicht auch mal ein Ergebnis zu erzwingen."
Können Sie die Wut der Fans, die ihrer Enttäuschung nach dem Düsseldorf-Spiel freien Lauf gelassen haben, nachvollziehen?
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Winkler: "Ich kann vieles verstehen und vor allem auch die ganzen Emotionen, dass man traurig, enttäuscht und wütend ist - alles in Ordnung. Dafür habe ich auch hier gespielt, um zu wissen, wie Rot-Weiss Essen tickt. Ich habe auch in den letzten Wochen und Monaten immer gemerkt, dass es auch vernünftige Diskussionen mit den Fans gab, wenn man sich gestellt hat. Die Fans fordern Kampf und Leidenschaft, das ist alles verständlich. Aber es gibt auch Dinge, die ich nicht nachvollziehen kann. Wenn jemand Sachen wie, 'wenn Ihr absteigt, dann schlagen wir Euch tot' skandiert, dann hört mein Verständnis auf. Das ist ja wie so eine Kopf-Ab-Geste. Das geht gar nicht. Wie soll ich meinem Sohn, der im Stadion sitzt, so etwas erklären? Wie soll ich einem Spieler, egal wie alt er ist, das erklären? Wie soll er dann am Donnerstag in einer heiklen Situation intuitiv das Richtige machen? Und ich will hiermit keine Spieler in Schutz nehmen. Sie müssen sich der Situation bewusst werden, dass sie bei Rot-Weiss Essen spielen und der Druck groß ist.
Aber solche Parolen gehen weit über die Grenzen. Die Mannschaft war in Düsseldorf gespalten, ob sie überhaupt zu den Fans hingehen soll. Manche haben dann gesagt: 'Lasst uns da hingehen, sonst wird es noch schlimmer'. Aber ich kann auch die Spieler verstehen, die sich nach dem Spiel nicht für die Unterstützung bedanken wollten. Denn die Fans hatten das eigentlich verdient. Die Unterstützung war in den letzten Spielen überragend. Aber wenn ein Teil der Fans solche Dinge skandiert, dann fällt es einem schon schwer sich zu bedanken. Und das kann ich auch, bei allem was passiert, nicht gut heißen und verstehen. Ich möchte mich gar nicht in solche Menschen versetzen, die so etwas in der heutigen Welt schreien."
Die Kritik richtet sich nicht nur gegen Trainer Siewert, sondern auch gegen Ihre Person. Wie gehen Sie damit um?
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Winkler: "Ich persönlich bin mein größter Kritiker. Ich kann damit umgehen, weil ich mich nicht hinstelle und sage, dass die Kritik völlig haltlos ist. Nein! Wenn man mit Rot-Weiss Essen in solch einer prekären Situation ist, dann muss man sich Kritik gefallen lassen. Die ist ja auch oft konstruktiv. Es gibt mit Sicherheit auch die spontane, emotionale Kritik, mit der man nicht so viel anfangen kann, da sie im Fußball reflexartig ist. Wenn man in der 89. Minute das 1:0 schießt, dann ist alles gut. Kassiert man den Gegentreffer in der 89., dann ist alles schlecht.
Aber grundsätzlich muss man sich der Kritik stellen. Ich erlebe, egal ob auf dem Trainingsplatz oder woanders konstruktive Gespräche mit Menschen, die dem Verein verbunden sind. Wer sich in dieser Phase hinstellt und sagt, dass man alles richtig gemacht hat, der wäre völlig fehl am Platze. Das weiß ich auch. Ich habe schon schwierige Phasen im sportlichen Bereich erlebt. Sowohl als Spieler, im Jugendbereich als Verantwortlicher, aber auch als Sportdirektor in der letzten Saison, da war ich noch nicht offiziell im Amt. Aber das waren Zeiten, die auch nicht ganz einfach waren. Man muss trotz der Kritik klaren Kopf bewahren."
Der Erfolg der rot-weissen Nachwuchsabteilung ist eng mit Ihrem Namen verbunden. Gibt es Momente, in denen Sie den Wechsel aus dem Juniorenbereich zum Sportlichen Leiter der Profis bereut haben?
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Winkler: "Nein, keineswegs. Ich bereue den Schritt überhaupt nicht. Natürlich freuen mich die Erfolge im Jugendbereich, die auch auf meine Arbeit zurückzuführen sind. Die Aufgabe des Sportlichen Leiters ist extrem schwierig geworden, weil die Ergebnisse nicht passen. Aber ich habe einen klaren Auftrag vom Vorstand erhalten, in welche Richtung es gehen soll. Die Arbeit von mir war in diese Richtung immer komplett transparent. Jede Entscheidung, die ich da getroffen habe, war nachzuvollziehen. Michael Welling weiß, dass ich jeden Tag trotzdem zur Arbeit komme, auch wenn die Situation schwierig ist. Wie in Düsseldorf zeige ich mich und verstecke mich nicht. Das wäre jetzt das Schlimmste. Von daher ist meine Devise kühlen Kopf zu bewahren, Kritik ranlassen, auch mal emotional sein, aber man muss auch immer den Blick bewahren. Ich kenne Rot-Weiss seit so vielen Jahren, ich lebe hier, da muss mich keiner daran erinnern, wie prekär die Situation ist und welche Arbeit erforderlich ist, um da unten wieder rauszukommen."