Essen. Im Verbandspokal-Halbfinale bringt das Krayer Anschlusstor zum 1:2 die Rot-Weissen aus dem Konzept. Die kontern aus der Bedrängnis zum verdienten 4:1.
Das Pokalfieber an der Hafenstraße war schnell verflogen. Rot-Weiss Essen, der Favorit und Titelverteidiger, hatte den kleinen, tapferen Nachbarn FC Kray verdient mit 4:1 (2:0) bezwungen und steht im Finale des Verbandspokals. Alles so, wie man es erwarten konnte. Entsprechend harmonisch verlief dann auch die „Nachspielzeit“, in der es warme Worte füreinander gab. Kray sei taktisch wieder sehr gut eingestellt gewesen, fand RWE-Trainer Jan Siewert. Und FCK-Kollege Stefan Blank wünschte dem Gastgeber alles Gute, auf dass sich der Klub, „der mit Sicherheit ein, zwei Ligen höher spielen müsste“, in der 4. Liga da unten so schnell wie möglich befreien kann.
Das Duell selbst war auch kein heißer Reißer, kein Kräftemessen auf hohem Niveau, aber in Hälfte zwei wurde es zumindest spannend. Dabei hatten die Fans zur Pause eher das Gefühl, dass alles gelaufen ist an diesem Pokalabend. Der Gastgeber führte mit 2:0 durch Andreas Ivan (30.) und Philipp Zeiger (37.). Nichts deutete darauf hin, dass der Nachbar noch einmal aufmüpfig werden könnte.
Mit mehr Ruhe und Klarheit
Aber so ein Krayer, der ist zäh und willig. Plötzlich zappelte der Ball bei Rot-Weiss im Netz. Kevin Kehrmann hatte mit einem Solo den Gegner genarrt und zum 1:2 getroffen (52.). Und schon war diese Verunsicherung zu sehen, die RWE-Trainer Jan Siewert schon lange zu schaffen macht. Wie sagte er noch vor Kurzem: „Wenn wir in Führung sind, müssen wir mit mehr Ruhe und Klarheit agieren.“ Schön wär’s. Sein Team wirkte plötzlich hilfslos, ohne Führung und wurde immer wieder in die Defensive gedrängt.
„Durch eine Unzulänglichkeit in unserem Abwehrzentrum ist Kray nochmal rangekommen“, rekapitulierte Siewert. „Danach hatten wir keinen Zugriff mehr.“ Natürlich missfiel ihm das. Logischerweise nötigte gerade diese Phase des Spiels dem Kollegen ein großes Lob für seine Elf ab. „Die Jungs haben alles reingeworfen und ich bin stolz darauf, wie wir uns hier präsentiert haben und wie wir nach dem 0:2 zurückgekommen sind“, meinte Stefan Blank. „Wir haben uns nicht aufgegeben. Und machen wir das 2:2, hätte ich gern mal gesehen, was hier los gewesen wäre.“
RWE blieb verschont von diesem Szenario, weil Marius Müller eine Hundertprozentige kläglich verbaselte (67.). „Den darf man ruhig rein machen“, fand der ehemalige Rot-Weisse Vincent Wagner. „Aber so etwas kann passieren. Leider war das Glück nicht auf unserer Seite.“ Statt Gleichstand brachte „ein blöder Ballverlust“, wie Blank bemerkte, die Entscheidung. Andreas Ivan flankte und der eingewechselte Kevin Grund besorgte das 3:1. Winterneuzugang Ivan erhöhte gar noch auf 4:1.
Der Torschütze, vom Sieg, von zwei Treffern und einer Vorlage beseelt, scheint das nötige Selbstvertrauen für die nächsten schweren Aufgaben zu haben. Er jedenfalls blendet die schwache Phase nach dem Anschlusstreffer einfach aus und wollte von Unsicherheit und Hektik nichts gespürt haben: „Wir haben zusammengehalten und befreit aufgespielt. Im Finale kann kommen, wer will.“
Das Zittern fing wieder an
Frank Löning wiederum empfand es anders. „Nach dem 2:1 fing das Zittern wieder an, das hat man klar gemerkt. Der Zugriff hat gefehlt, wir haben das Ding aus der Hand gegeben. Wir haben uns das Leben schwer gemacht, weil wir nicht mehr so in die Zweikämpfe gegangen sind.“
Zum Glück hatte Trainer Jan Siewert auch hier einen positiven Ansatz parat: „Wir haben uns aber wieder ins Spiel gekämpft und als es brenzlig wurde zwei Tore gemacht. Das ist auch eine Qualität der Mannschaft.“ Eine Qualität, die die Rot-Weissen ganz sicher auch im Abstiegskampf zeigen müssen.
RWE ist im Pokalfinale
