Duisburg. Nach dem Abstieg aus der 3. Liga gibt es aber in der kommenden Saison auch ein Wiedersehen mit alten Bekannten aus großen Zeiten.
Keine Bremer Brücke, kein Ostseestadion. Und ob am kommenden Dienstag der SV Wehen Wiesbaden oder doch Jahn Regensburg in der Relegation zur 2. Fußball-Bundesliga triumphiert, spielt für die Reiseplanungen des MSV Duisburg und seiner Fans auch keine Rolle mehr. In früheren Zeiten hätte dafür der gute alte Autoatlas NRW genügt, jetzt muss sich halt das Navigationsgerät an Eingaben wie „Rödinghausen“ oder „Düren“ gewöhnen. Von den 16 aktuell feststehenden Gegnern, mit denen es die Zebras ab dem Sommer in der Regionalliga West zu tun bekommen, stellen einige komplettes Neuland dar. Andere sind hingegen alte Bekannte aus gemeinsamen großen Zeiten in höheren Klassen.
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16 fixe Gegner sind es übrigens deshalb, weil ausgerechnet hinter dem Verein, zu dem die zweitkürzeste Anfahrt anstehen würde, ein mehr als dickes Fragezeichen zu finden ist. Die aktuellen Querelen rund um den KFC Uerdingen sind geradezu atemberaubend und scheinen einem ständigen Wandel unterworfen zu sein. Momentan wären die Krefelder zwar sportlich auf bestem Weg, nach zwei Jahren die Rückkehr in die Regionalliga zu schaffen, weil sie in der Oberliga Niederrhein auf Platz drei stehen – was angesichts des Verzichts der Konkurrenten aus Baumberg und Schonnebeck den Aufstieg bedeuten würde. Allerdings droht dem einstigen Bundesligisten durch eine massive finanzielle Schieflage gerade mal wieder die Insolvenz. Die hätte neun Punkte Abzug zur Folge; ein Regionalliga-Ticket wäre vor diesem Hintergrund ohnehin kaum denkbar. Dann wäre allerdings noch abzuwarten, wer davon profitiert: der momentane Viertplatzierte Ratingen 04/19, der als einziges weiteres Team aus der Oberliga-Spitzengruppe einen Regionalliga-Antrag gestellt hat, oder – falls Ratingen tatsächlich noch vom VfB Homberg oder vom VfB Hilden abgefangen wird – doch der SV Lippstadt, der als 15. der Regionalliga den eigentlichen ersten Abstiegsplatz belegt.
SV Lippstadt: Das wäre für Fans und Verein so etwas wie „unentdecktes Land“, denn zum Heimatklub von Karl-Heinz und Michael Rummenigge hat es den MSV in seiner Pflichtspielgeschichte noch nie verschlagen. Während es in diesem Fall noch abzuwarten gilt, ist bei vier anderen Klubs schon klar, dass sie erstmals die Zebras bei sich begrüßen werden. Mit einem hätte es eigentlich schon in der Saison 2020/21 ein Treffen geben können, doch in der vorherigen aufgrund der Covid-Pandemie abgebrochenen Saison verzichtete der zum Meister erklärte SV Rödinghausen wegen der hohen Anforderungen auf einen Drittliga-Antrag. So müssen erst jetzt die 200 Kilometer Fahrtstrecke bis zum Wiehenstadion im Kreis Herford in Angriff genommen werden. In der gerade abgeschlossenen Saison wurde der seit 2014 ununterbrochen der Regionalliga angehörende SVR Achter.
Rund 100 Kilometer müssen bis zur Westkampfbahn in Düren zurückgelegt werden – die aber gleich zweimal. Neben dem 1. FC Düren, der im Vorjahr als Aufsteiger unter dem späteren glücklosen MSV-Coach Boris Schommers stark auftrumpfte und am Ende Neunter wurde, trägt nämlich auch der aktuelle Meister der Mittelrheinliga, der SV Eintracht Hohkeppel, dort künftig seine Heimspiele aus. Kurios: Hohkeppel, ein Ortsteil von Lindlar, liegt seinerseits satte 80 Kilometer von Düren entfernt. Eine nähere Alternative zum eigenen nicht regionalligatauglichen Waldstadion war für den Verein, der bis 2014 noch in der Kreisliga B kickte und seitdem einen rasanten Aufstieg erlebte, nicht zu finden. Apropos Lindlar: Der deutlich traditionsreichere Nachbar TuS war 1986/87 einer der MSV-Gegner in der Oberliga und hat gerade wieder den Aufstieg in die Bezirksliga geschafft – als Tabellenzweiter der A-Liga hinter Eintracht Hohkeppels Reserve.
Der zweite „Emporkömmling“ ist jener Verein, der am vergangenen Wochenende in der Oberliga Westfalen die letzten Zweifel beseitigte. Der Aufstieg von Türkspor Dortmund ist sogar noch spektakulärer, denn der 2000 gegründete Klub schaffte erst 2018 den Sprung in die Kreisliga A, dem ein beispielloser Durchmarsch folgte. Eine Fahrt nach Dortmund wird es für den MSV allerdings nicht geben, denn statt auf dem heimischen Mendeplatz wird Türkspor mangels anderer Optionen in der eigenen Stadt nun im 37 Kilometer entfernten Ischelandstadion in Hagen spielen, das 1960 erbaut wurde und mit einer damaligen Kapazität von 42.000 Zuschauern für höhere Aufgaben geeignet gewesen wäre, diese aber nie erlebte. MSV-Profi Werner Schneider gewann dort 1975 mit dem deutschen Team das Finale der Militär-Weltmeisterschaft gegen die Niederlande.
Für zwei Klubs aus dem tiefsten Ostwestfalen hat es Aufeinandertreffen mit dem MSV bereits gegeben, doch die Anzahl der Duisburger Fans, die dabei zugegen waren, ist begrenzt. Diese fanden nämlich mit der damaligen zweiten Mannschaft der Zebras in der NRW-Liga statt, jener nur vier Jahre lang existierenden Spielklasse auf Oberliganiveau, die das komplette Bundesland umfasste. Dort gab es 2008/2009 zwei Duelle mit dem FC Gütersloh (damals noch mit dem Jahreszusatz 2000), die mit einem 2:1-Heimsieg an der Westender Straße und einer 2:3-Niederlage im Gütersloher Heidewaldstadion endeten. Gütersloh stieg ab, der unmittelbare Nachbar SC Wiedenbrück (ebenfalls noch mit dem Jahreszusatz 2000) auf und marschierte 2010 gleich in die Regionalliga durch. Auf dem Weg dorthin wurde der MSV II im heimischen Jahnstadion mit 2:1 besiegt, in Meiderich trennte man sich 2:2.
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Mit zweiten Mannschaften hatte es die „Erste“ des MSV in ihrer Drittligazeit schon einige Male zu tun, die einzige aus Nordrhein-Westfalen war dabei aber jene von Borussia Dortmund, die auch in der kommenden Saison drittklassig kickt. In der Regionalliga wird es gleich fünf Treffen mit Zweitvertretungen von Vereinen geben, denen die Zebras naturgemäß lieber auf Augenhöhe begegnen würden. Mit den Reserven des FC Schalke 04, des 1. FC Köln, von Fortuna Düsseldorf und Borussia Mönchengladbach hatte es die „Zweite“ des MSV in ihrer einzigen Regionalliga-Saison 2012/13 zu tun, nur mit dem Unterbau des SC Paderborn 07 gab es diesbezüglich noch gar kein Treffen.
Bleiben jene fünf Klubs, die wie der MSV allesamt schon bessere Zeiten erlebt haben. Im geringsten Maß gilt das naturgemäß für die Sportfreunde Lotte. Der Verein vom Autobahnkreuz nahe Osnabrück spielte von 2016 bis 2019 in der 3. Liga, dabei nur im ersten Jahr gegen die Zebras, die daheim nicht über ein 1:1 hinauskamen, in Lotte aber mit 2:0 siegten und sich danach für die zwei bislang letzten Jahre in die Zweitklassigkeit verabschiedeten. Am Lotter Kreuz durfte der MSV danach aber noch einmal ran: als der – siehe oben – querelengeplagte KFC Uerdingen dorthin 2021 für seine Heimspiele ausweichen musste. Das Niederrhein-Derby in Ostwestfalen endete mit einem 2:1 für die Zebras.
Der 1. FC Bocholt war immerhin schon einmal zweitklassig, da galt der MSV allerdings auch noch als Stammbesetzung eine Liga darüber. Um Punkte ging es gegen die Schwarz-Weißen in den drei Oberligajahren von 1986 bis 1989. Die Bilanz fällt für den MSV aus: Es gab vier Siege, ein Unentschieden und eine Niederlage, zuletzt nahmen die Zebras am 19. März 1989 dank Toren von Ewald Lienen, Michael Struckmann und Thomas Strunz bei einem 3:2-Erfolg die Zähler vom Hünting mit. Dort traf man sich in einem Pflichtspiel freilich letztmals erst am 6. April 2022: Da setzte sich der MSV im Viertelfinale des Niederrheinpokals mit 2:0 durch.
Gegen drei Vereine gab es schon Bundesligaduelle, die wenigsten gegen Fortuna Köln. Die Domstädter spielten nur 1973/74 erstklassig, gewannen aber dabei beide Partien gegen den MSV: glatt mit 3:0 daheim, mit 3:1 auch im Wedaustadion. Anschließend traf man sich noch diverse Male auf Zweitliganiveau. In der 3. Liga hatte man viermal miteinander zu tun: In den Saisons 2014/15 und 2016/17 behielt der MSV eine durchweg weiße Weste bei vier Siegen mit insgesamt 8:0 Toren. Auf ein Wiedersehen warten beide Klubs seit dem 13. Mai 2017, als die Zebras im Südstadion mit 3:0 gewannen und damit den Zweitliga-Aufstieg perfekt machten.
Alte Rivalen schon aus Oberliga-West-Zeiten waren der MSV und der Wuppertaler SV. Mit den Bergischen duellierte man sich folglich bereits in den 1950er-Jahren, danach in der Bundesliga insgesamt sechsmal in den Siebzigern, ehe es für den WSV wieder abwärts ging. Ein Wiedersehen folgte erst nach dem beiderseitigen Durchrutschen in die Drittklassigkeit in den drei Oberligajahren 1986 bis 1989 sowie letztmals in der Zweitligasaison 1992/93. Der heutige MSV-Geschäftsführer Michael Preetz war beim 2:1-Heimsieg sowie beim 1:1 im Stadion am Zoo mit von der Partie. Jüngste Erinnerung auch hier ein Niederrheinpokalspiel, in diesem Fall aber sehr unschön: Am 19. Mai 2021 blamierte sich das Zebra mit einem 2:6 im Bergischen Land.
Die wenigste Distanz, die meiste Tradition: Beiderseits dürfte beim MSV und bei Rot-Weiß Oberhausen – bei RWO hat Ex-Zebra Moritz Stoppelkamp gerade seinen Vertrag verlängert – die Freude auf ein Wiedersehen am größten sein, wenngleich beide sich das auch eher in anderen Sphären gewünscht hätten. In 49 Pflichtspielen haben die Nachbarn seit 1957 die Klingen gekreuzt, wobei die Siegesbilanz mit 21:15 für den MSV bei 13 Unentschieden gar nicht einmal so überragend deutlich ausfällt, wie es viele Zebra-Fans wohl denken würden. Das letzte Duell um Punkte ist aber nun auch schon wieder 14 Jahre her: ein 0:0 am 25. Februar 2011, in Erinnerung geblieben vor allem wegen der furchtbaren Verletzung des damaligen MSV-Shootingstars Julian Koch, von der er sich nie wieder richtig erholte. Es folgten noch drei Treffen im Niederrheinpokal, das letzte am 23. September 2022 mit einer für den MSV ärgerlichen 1:2-Pleite im Stadion Niederrhein.