Dortmund. . Borussia Dortmunds Trainer Jürgen Klopp will neun Punkte aus den letzten drei Bundesligaspielen holen – obwohl schon drei am Samstag bei Bayer Leverkusen für den Vizetitel reichen würden und am 17. Mai noch das Pokalfinale gegen den FC Bayern in Berlin ansteht.
Es gibt noch Dinge, die selbst Dortmunder fürchten. Oliver Kirch zum Beispiel wurde von den Autoren des BVB-Stadionmagazins „Echt“ gefragt, welches Lied er denn wählen würde, wenn er in einer Karaoke-Bar singen müsste. Das hat den 31-Jährigen so sehr in Bedrängnis gebracht wie keine fußballerische Auseinandersetzung in den vergangenen Partien. Kirch spielt auch überraschend gut, Kirch spielt sogar so gut, dass sein Trainer Jürgen Klopp, immerhin der Mann, der dafür gesorgt hat, dass er mittendrin statt nur dabei ist, sich verwundert die Augen reibt, wie gut. Doch die Vorstellung, nicht nur gut spielen, sondern auch noch singen zu müssen, führte zum Befreiungsschlag gen Himmel: „Ich bete“, hat Kirch gesagt, „dass das nie passiert.“
Für alles weitere sucht der BVB keinen überirdischen Beistand. Am Samstagabend (18.30 Uhr, live bei uns im Ticker) liegt bei Bayer Leverkusen die nächste Bundesliga-Begegnung an. Sie ist aus der schwarzgelben Perspektive nicht prall mit Bedeutung aufgeladen. Es könnte mit einem Punkte-Dreier schon am drittletzten Spieltag die Vizemeisterschaft gesichert werden, weil aktuell gegenüber dem Dritten Schalke in der Differenz ein 21-Tore-Vorteil zu Buche steht. Geklärt wurde für die kommende Saison allerdings bereits die Teilnahme an der Champions League, in der die ganz großen Geldscheine gedruckt werden. Und das könnte auch dazu führen, Verletzungen mit Blick auf das Pokalfinale gegen die Bayern am 17. Mai in Berlin im weiten Bogen und im Schonschritt aus dem Weg zu gehen.
Klopp jedoch hat am Donnerstag erklärt: „Wir haben nicht das Gefühl, das irgendwas vorbei wäre.“ Und das wirkte ein wenig wie die etwas andere Antwort auf die Frage: Wie verhalte ich mich eigentlich, wenn die Ligasache durch ist? Pep Guardiola, der Trainer des FCB, hatte ja der interessierten Öffentlichkeit und vor allem seiner Mannschaft nach Erfüllung des Meisterschaftsauftrages klar gemacht, dass es ab sofort reichen würde, die Leistungsgrenze mit dem Fernglas zu beobachten. Folge: Ein Ensemble, das Deutschlands Fußball bis hinab aufs Langeweileniveau dominiert hatte, geriet bedrohlich außer Tritt.
BVB will es besser machen als die Bayern
Das soll Borussia Dortmund nicht passieren. „Das Endspiel“, so der Trainer, „steht am Ende der Saison, eine Woche nach der Bundesliga. Bis dahin gibt es neun Punkte zu holen. Ehrlich gesagt fallen mir nicht viele Gründe ein, warum wir nicht versuchen sollten, alle neun auch zu holen.“
Kirch hat sich ähnlich geäußert. Warum nicht alle Neune? Dass der Überraschungsgast beim Kegeln auf der grünen Bahn der BayArena und in den weiteren Partien gegen Hoffenheim und bei der Berliner Hertha mitwirken wird, ist sehr wahrscheinlich. Ilkay Gündogan kann weiterhin wegen seiner Rückennervprobleme nicht eingesetzt werden. Kapitän Sebastian Kehl leidet an einem Muskelfaserriss im Adduktorenbereich und wird zwei Wochen fehlen. Kirch dürfte also weiter an der Seite von Nuri Sahin vor der Defensivzentrale auflaufen, für die es an Alternativen mangelt. Selbst Kevin Großkreutz, der Kandidat für jedes Amt auf dem Feld, hat gegen die Leverkusener, die zuletzt im Jahr 2007 eine Heimpartie gegen die Dortmunder gewinnen konnten, anderes zu tun.
15 Punkte gutgemacht
Es ist nicht so schlimm. Keine neue Nachricht, die direkt in die über die bisherige Spielzeit hinweg stark frequentierte Schwarzgelbklinik verweist. Roman Weidenfeller hat sich sogar zurückgemeldet und wird wieder das Tor hüten. Aber Erik Durm hat sich beim Warmmachen eine Zerrung zugezogen. Und weil der lange verletzte Stamm-Linksverteidiger Marcel Schmelzer bisher noch nicht voll im Training ist, kann der seinen Stellvertreter nicht vertreten. Muss Großkreutz eben übernehmen. Wie meist. Irgendwo.
Erwarten soll den Alleskönner laut Trainerwort „eine intensive Partie“. Bayer rangierte vor dem Start in die Rückrunde noch mit einem Fünf-Punkte-Vorsprung vor dem BVB auf dem zweiten Tabellenplatz. Nun, in den Tagen der Wahrheit, wird gerade noch Platz vier vor dem VfL Wolfsburg gehalten. Zehn Punkte voraus sind die Dortmunder mittlerweile den nach dem Aus für Sami Hyypiä von Sascha Lewandowski trainierten Gastgebern. Die müssen demnach mehr fürchten als eine Aufforderung zum Lied in der Karaoke-Bar.