Dortmund. Borussia Dortmund ist mit einem Rekord in die Saison gestartet: Fünf Siege in den ersten fünf Spielen gab es noch nie - es folgten allerdings eine Niederlage in der Champions League, ein Unentschieden in Nürnberg und eine zähe Pokalpartie in München - und schon grummelt es im Umfeld.
Dass verschiedene Menschen die Realität bisweilen recht unterschiedlich wahrnehmen, ist ein unter Sozialwissenschaftlern wohlbekanntes Phänomen - mit dem es derzeit auch Jürgen Klopp, Trainer des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund, zu tun bekommt. Denn die Stimmung im BVB-Umfeld, so hat es Klopp festgestellt, weicht derzeit erheblich von seiner eigenen ab.
Der BVB-Trainer ist mit dem Saisonstart sehr zufrieden und hat für diese Ansicht auch gute Argumente: Die Dortmunder sind Tabellenführer, haben in sechs Spielen sechzehn Punkte geholt und stehen im DFB-Pokal-Achtelfinale. Eine mehr als ordentliche Bilanz.
Doch auch die, die die Lage des BVB weniger rosig sehen, können dafür einige Gründe ins Feld führen: Der Start in die Champions League ging gehörig schief, bei der 1:2-Niederlage in Neapel flog zu allem Überfluss Torhüter Roman Weidenfeller vom Platz und Jürgen Klopp musste nach einem heftigen Disput mit dem Vierten Offiziellen auf die Tribüne. "Klar, da habe ich ein bisschen auf das Stimmungshoch gedrückt", sagt der Trainer selbst.
Hinzu kommen die jüngsten Spiele gegen den 1. FC Nürnberg (1:1) und im DFB-Pokal gegen 1860 München (2:0 nach Verlängerung), als man sich gegen nominell schwächere Mannschaften schwer tat, ein Tor zu erzielen. Auch gegen Eintracht Braunschweig (2:1) und Werder Bremen (1:0) zeigte sich, dass der BVB sich derzeit schwertut, wenn er auf einen sehr defensiv ausgerichteten Gegner trifft - deutlich schwerer noch als in der Vorsaison.
Die einfachen Lösungen fehlen dem BVB manchmal
Ein offensichtliches Thema dabei war die Chancenverwertung - aber nicht das einzige: "Es geht um Spielentwicklung, Spielaufbau, darum, Ruhe zu bewahren, trotzdem zielstrebig zu sein, einfach wieder mehr Fußball zu spielen", sagt Klopp "Und unsere Standardsituationen sind durchaus verbesserungswürdig. Wir haben viele Themen. Aber es wäre schlimm, wenn immer nur spielen und dann drauf warten, dass das nächstes Spiel kommt. Wir haben ein bisschen zu tun unter der Woche."
Gerade gegen den ausschließlich auf Defensive bedachten Zweitligisten 1860 München zeigte sich außerdem, dass der BVB zwar über ein beeindruckendes Offensivpotenzial verfügt, ihm aber zuweilen die einfachen Lösungen abgehen: Flanken fanden selten einen Abnehmer im Strafraum und mit ihrem einzigen Eckball sorgten die Löwen für mehr Gefahr als die Dortmunder mit den 18, die sie im Laufe das Spiels ansammelten - man fühlte sich ein wenig an das Champions-League-Finale erinnert, dass der FC Bayern München 2012 an gleicher Stelle gegen den FC Chelsea bestritten hatte.
Ein Größenproblem sieht Klopp nicht
Fehlen dem BVB schlicht Offensivspieler mit Gardemaß, um über Außen und Standardsituationen für Gefahr zu sorgen? Nein, meint Klopp: "Unser Problem war weniger Körpergröße als Strafraumbesetzung, die war nicht gut in München", sagt er. "Wer da geflankt hätte, hätte auch wenig Chancen gehabt, jemanden zu treffen." Man habe zwar vieles gut gemacht, sei auch über die Flügel durchgekommen. "Aber dann hätten wir schon ein Zielfernrohr gebraucht, um den einen zu finden, der da steht." Und außerdem: "Größer waren wir ja in den vergangenen Jahren nie. Und trotzdem haben wir doch ab und zu Tore geschossen, wenn ein Ball in den Strafraum geflogen kam."
Doch das Thema Chancenverwertung will der Trainer nicht allzu hoch hängen. "Wir sind immer noch in einer frühen Phase der Saison", sagt er. "Es geht darum, wie wir spielen, nebenher musst du Ergebnisse holen. Aber die sind nur für die Statistik wichtig, die Art und Weise entscheidend, darauf kann man aufbauen." Und mit beidem ist Klopp ja bislang relativ zufrieden.