Dortmund. . Mittelfeld-Ass Ilkay Gündogan stand nicht nur im aktuellen Sportstudio im Mittelpunkt, sondern auch beim BVB-Spiel gegen Nürnberg. Der 22-Jährige ist der dominierende Faktor des Dortmunder Spiels - und wird es wohl auch dann bleiben, wenn Rückkehrer Nuri Sahin irgendwann einen Platz beansprucht.

Am späten Samstagabend sitzt er beim ZDF im aktuellen Sportstudio. Schwarzes Hemd, schwarze Hose, wache Augen. Die gleichen wachen Augen, die auf dem Fußballfeld Lösungen erkennen, wo andere nur Probleme ­sehen. Auch deshalb ist er der Gast, dieser Ilkay Gündogan, der Profi von Borussia Dortmund. 3:0 hat der deutsche Meister sein Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg am Abend zuvor gewonnen. Und Ilkay Gündogan ist die prägende Figur dieses Bundesliga-Spiels.

Mittelpunkt und Gleichgewicht

Auf 147 Ballkontakte, in Worten: einhundertundsiebenundvierzig, bringt es der 22-Jährige in dieser Partie. Liga-Rekord in dieser Saison. Er inszeniert das Dortmunder Spiel, ist sein Mittelpunkt, sein Gleichgewicht. Aber an diesem Abend ist es noch auffälliger, noch erstaunlicher. Kaum ein Angriff, den er nicht vorplant, kaum eine Seitenverlagerung, die nicht von ihm abgesegnet wird. „Er hat mittlerweile eine Art Strategie-Gen entwickelt“, sagt Trainer Jürgen Klopp.

Besten Blick auf das Geschehen hat seit kurzem ein Mann namens Nuri Sahin. Er war mal das, was Gündogan jetzt ist, das Herzstück des Dortmunder Spiels. Aber er strebte bei Real Madrid die Weltkarriere an und kam nun nach anderthalb Jahren als in dieser Angelegenheit gescheitert zurück. Zurück nach Hause.

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Die Fans forderten seine Einwechslung, feierten ihren Nuri nach dem Schlusspfiff noch einzeln. „Es macht mich einfach nur glücklich und froh, wieder zu Hause zu sein. Ich sehe das auch im ­Gesicht meiner Frau, im Gesicht meiner Mama“, sagt Sahin hinterher. „Jetzt gilt es, auf dem Platz Leistung zu zeigen und dass die Leute den Nuri Sahin kriegen, der damals weggegangen ist.“

Sportliche und mediale Offensive

Von derlei Ovationen ist Ilkay Gündogan noch ein Stück entfernt. Es ist daher kein schlechter Zeitpunkt gewesen, sportlich und medial in die Offensive zu gehen. Man weiß ja nie. Dennoch scheint die Geschichte vom harten Duell zweier Strategen um nur einen Platz eine konstruierte zu sein. Denn beide schätzen sich über alle Maßen. Sahin bot Gündogan bei dessen Durchbruch im Profi-Geschäft seinen Rat an. Er hatte ja ­alles erlebt, der Wunderjunge, der jüngst­e Spieler, der je in der Bundesliga debütierte. Hoch gelobt, dann tief gefallen. Die Mechanismen, die Strömungen, die Fall­stricke - Sahin kennt sie. Gündogan ist noch heute dankbar allein für dieses Angebot. „Das zeigt seinen Charakter“, sagt Gündogan: „Ich bin sehr, sehr froh, dass Nuri jetzt da ist.“

Beide sind gelassen und Teamspieler genug, auch mal einen Spieltag auf der Bank zu verbringen, ohne gleich störenden Lärm zu schlagen.

Beide sind klug genug zu wissen, dass eine Mannschaft, die in Zukunft höchste nationale und internationale Ziele verfolgt, qualitativ hochwertige Alternativen in allen Bereichen benötigt.

Können, das sich durchsetzen wird

BVBVor allem aber sind beide so sehr erstklassige Fußballer, dass sich ihr Können auf Dauer durchsetzen wird. Gleichzeitig. Sahin zentral, Gündogan davor, oder beide auf einer Linie, ganz nach dem Vorbild des großen FC Barcelona, dessen geschmeidige Kunst auf feinen, umsichtigen Fußballern basiert. Xavi und Iniesta sind es dort, die ­regelmäßig Ballkontakte jenseits der 150 aufweisen. Ein Gedanke wie eine Verheißung: Gündogan und Sahin als Passgeber für die Hochbegabten wie Mario Götze und Marco Reus.

Aber erstmal muss Sahin zurück zu seiner Form finden, zurück zu seinem Selbstvertrauen. „Wichtig ist, den Mut zu haben, immer wieder die Pässe in die Tiefe zu spielen“, sagt Ilkay Gündogan. „Den hatte ich vor anderthalb Jahren noch nicht.“ Da war er gerade neu in Dortmund, als Nachfolger von Nuri Sahin.