München. Mario Götze sichert den erneuten BVB-Sieg in München, aber das Lob gebührt der Defensivleistung
Ein magischer Augenblick. Tausende Fans in schwarz-gelb verwandeln den Oberrang der Arena endgültig in eine Partyzone, schreien immer und immer wieder in die anbrechende, kalte Nacht, wer deutscher Meister ist und es wieder sein wird. Felipe Santana genießt diesen Augenblick - inmitten eines auf dem Rasen hüpfenden, umher purzelnden Rudels Borussen.
Wild geht es dort zu. Immerhin gilt es, nicht nur einen x-beliebigen Sieg zu feiern. Dieses 1:0 ist mehr für Borussia Dortmund, mehr für die Fußball-Bundesliga. Es ist der dritte Triumph des BVB in Folge gegen den FC Bayern München, und es ist ein Ergebnis, welches den Titelkampf weitaus offener hält als erwartet.
Mit einer Überraschungsattacke ringt Shinji Kagawa im Jubel nach dem Abpfiff seinen Offensivkollegen Robert Lewandowski nieder. Nur an einem, an Felipe Santana, beißen sich alle die Zähne aus. Der Brasilianer fällt nicht, er lässt alle Versuche schlicht an sich abprallen.
„Wir haben die Sterne vom Himmel verteidigt“, sagt BVB-Trainer Jürgen Klopp später. Über ein Spiel, welches der Borussia die Punkte 17, 18 und 19 aus den zurückliegenden sieben Partien beschert. Ein treffendes Zitat ist das. Denn obwohl Mario Götze - ausgerechnet Götze, um den die Bayern mehr oder weniger offen buhlen - in der 65. Minute das Tor des Abends erzielte, liefert die Geschichte dieses Spitzenspiels die Dortmunder Abwehr. Aus der heraus die Offensive ihre Nadelstiche setzt. Schwache zwar, aber gemein piesackende.
Brasilianische Rhythmen für einen Sieg
„Ich glaube“, stammelt selbst Bayern-Star Arjen Robben, der überraschend in der Anfangself gestanden hatte, ratlos. „Ich weiß nicht“, beginnt er von neuem, um zu erkennen, „dass wir zu wenig Chancen kreiert haben“. Zu wenig kreieren konnten. Was auch Robbens Trainer Jupp Heynckes auffiel. „Wir haben es nicht verstanden, den Abwehr-Riegel und das gute Pressing des Gegners aufzulösen“, sagt er. Das Warum erklären die nackten Statistiken: Während die Gastgeber 110,9 Kilometer abspulten, liefen die Dortmunder mit 121,4 Kilometer deutlich mehr.
Vorne wuselten Kagawa und Lewandowski zwischen den Bayern umher. Dahinter riegelten Sebastian Kehl und Sven Bender ab. Und war das Münchner Spiel noch immer nicht erstickt, traf die imposante Sturmmacht um Franck Ribery, Thomas Müller oder Mario Gomez auf ein Bollwerk, aus dem Santana mit seiner Kopfball- und Zweikampfstärke als Leuchtturm herausragte. Santana, dieser einst als Bruder Leichtfuß verschriene Südamerikaner. Er ahnte Pässe voraus, er lief Ribery mit seinen sagenhaft raumgreifenden Schritten ab.
„Hat er heute einen Zweikampf verloren“, fragt Kevin Großkreutz weit nach dem Schlusspfiff fast provokant. „Ich glaube er hat alle gewonnen“, antwortet der Ur-Borusse Sekunden selbst. „Und das bei den Bayern - Respekt.“
Und das im ersten Spiel von Beginn an seit fast zwei Monaten, hätte Großkreutz ebenfalls noch lobend erwähnen können. Denn Santana, dessen Schwächen in der Offensive das eine oder andere Mal zu Tage traten, ist lediglich Nutznießer der Gesichtsverletzung von Neven Subotic. „Es war eines meiner besseren Spiele seit ich in Dortmund bin“, erklärt er fröhlich.
So wie er sonst seine Motorradtouren durch das Sauerland genießt, saugt der 25-Jährige am Samstagabend die Atmosphäre nach dem Schlusspfiff auf. Nicht nur auf dem Platz, auch in der Kabine, auf dem Weg zum Mannschaftsbus. „Die Jungs wollten brasilianische Musik hören“, verrät Santana mit einem breiten Grinsen und hellen Lachen. Und dass er zufällig welche dabei gehabt habe.
Brasilianische Rhythmen für einen Sieg dank deutscher Taktik-Disziplin wummern so durch die Kabine der verzückten Dortmunder. „Ciao, ciao“, ruft Felipe Santana, dieser Schlacks, in die Runde und geht. Glücklich, selig - ein Moment zum Genießen.