München. . Borussia Dortmund macht mit dem 1:0-Sieg beim Spitzenreiter Bayern München die Bundesliga wieder spannend
Es war ein Zweikampf, den er eigentlich nicht gewinnen konnte. Und doch war Uli Hoeneß, Präsident des FC Bayern München, am Ende der Sieger. Minuten nachdem sein Rekordmeister am Samstag in der eigenen Arena 0:1 gegen den amtierenden Meister Borussia Dortmund verloren hatte, stürmte Hoeneß wortlos, aber mit hochrotem Kopf in den Kabinentrakt. Kurze Zeit später kam der Präsident zurück. Abermals wortlos, aber mit noch intensiverer Farbtönung im Gesicht, verließ er seine Arena. Hoeneß hatte den Zweikampf gegen seinen Trainer Jupp Heynckes klar gewonnen, den sie früher ob seiner roten Gesichtsfarbe gerne Osram nannten.
Erregt und enttäuscht
Der Bayern-Präsident war erregt, frustriert, enttäuscht. Sauer. Im Februar, vor dem letzten Duell mit dem BVB, hatte er vorab mächtig gepoltert und sich über die Höhe des Heimsiegs seiner Bayern Gedanken gemacht. Dortmund gewann das Spiel damals 3:1.
Dieses Mal hatte Hoeneß im Vorfeld des Duells geschwiegen und sich für den erwarteten Heimsieg sicher die richtigen Worte zurechtgelegt. Bei dann acht Punkten Vorsprung auf den BVB wäre irgendwo das Wort „Fernrohr“ vorgekommen. Nur gewann vor 69 000 Zuschauern und Millionen Fußball-Fans in 200 Ländern vor dem Fernseher Dortmund 1:0 und verkürzte den Rückstand auf Tabellenführer Bayern München auf zwei Punkte. „Die Liga ist wieder spannend“, sagte Heynckes, altersweise und tiefenentspannt.
Der Meister hatte den Rekordmeister schon wieder in dessen Arena geschlagen. „München ist unser neues Cottbus“, scherzte einer aus dem schwarzgelben Tross. Hintergrund: Sechsmal hatte der BVB in der Bundesliga bei Energie Cottbus gespielt und dabei sechsmal gewonnen. Ein angenehmer Gegner also. Die Dortmunder haben mit dem Sieg 19 Punkte aus den letzten sieben Liga-Spielen geholt. Für sie war es der ideale Start in eine wichtige Woche mit den Spielen beim FC Arsenal am Mittwoch und dem Heim-Derby am Samstag gegen Schalke 04. Danach könnte der BVB für eine Nacht Tabellenführer sein. Die Bayern spielen erst am Sonntag.
Eine taktische Meisterleistung des Meisters
Der Sieg in München war verdient und abermals eine taktische Meisterleistung des Trainerteams von Jürgen Klopp. Klopp hatte Felipe Santana für den verletzten Neven Subotic in die Mannschaft geholt, Kapitän Sebastian Kehl war als routinierter Abräumer zurück im defensiven Mittelfeld. Schlüssel zum Sieg war einmal mehr die intensive wie aufopferungsvolle Defensivarbeit der Gäste. Vorne störten Robert Lewandowski und Shinji Kagawa den Spielaufbau. Dahinter formierten sich bei Ballbesitz der Bayern zwei Viererketten, die die Räume eng und die Passwege dicht machten und den Münchenern, auch mit einer für den BVB ungewöhnlich harten Gangart, die Lust am Spiel und am Ballbesitz nahmen. Die Dortmunder, 90 Minuten konzentriert und mit der bekannt hohen Leistungsbereitschaft, bauten mit Pressing und Gegenpressing ständig Druck auf, forderten die Bayern in Zweikämpfen, waren immer und überall und hatten am Ende 121,4 Kilometer (Bayern: 110,9 km) zurückgelegt. „Wir haben die Sterne vom Himmel verteidigt“, freute sich Jürgen Klopp. Die Außenverteidiger Marcel Schmelzer meldeten mit ihren Helferlein Arjen Robben, der nach langer Verletzungspause überraschend in der Startelf stand und früh ausgewechselt wurde, und Franck Ribery fast komplett ab.
Den Bayern war das Fehlen ihres verletzten Ideengebers Bastian Schweinsteiger anzumerken. Die offensivstärkste Mannschaft der Bundesliga kam kaum in Strafraumnähe und sammelte erst Torchancen, nachdem die Dortmunder in der 65. Minute 1:0 in Führung gegangen waren. In einer Situation, die geklärt schien, kam der von den Bayern umworbene Mario Götze im Strafraum an den Ball und schob aus zehn Metern ein. Es war das erste Liga-Gegentor für die Bayern in ihrer Arena seit Anfang August.
Alles Anrennen half danach nichts mehr: Die Chancen von Luiz Gustavo (77.) und Franck Ribery (79.) entschärfte ein glänzender Roman Weidenfeller. Der Freistoß von Holger Badstuber (83.) ging vorbei.
Der BVB durfte feiern. Wie beim 3:1 in Februar, wobei dieses Mal im Rausch der Gefühle nicht die Brille von Jürgen Klopp zu Bruch ging. „Wir haben sie fertig gemacht, geil“, freute sich aber nicht nur BVB-Legende Norbert Dickel.
Reden darf niemand darüber, aber zumindest die Fans träumen ein wenig. 1956 war der BVB Meister geworden, verteidigte im Folgejahr den Titel und wartete dann sechs Jahre auf die nächste Meisterschaft. 1995 holte Dortmund ebenfalls die Schale, gewann sie auch im Folgejahr und machte abermals sechs Jahre Pause. Vielleicht läuft gerade der dritte Meisterzyklus. Mit Titeln 2012 und 2018.