München. 1:0 in München – Der BVB gewinnt erstmals drei Spiele in Folge gegen die Bayern – Götze krönt taktische Meisterleistung
Mit dem Wort historisch soll man sparsam umgehen. Aber wenn es denn schon so ist: Das 1:0 des BVB in München war der dritte Sieg des Meisters gegen den Rekordmeister in Folge – das hat es in der nicht ganz so kurzen Geschichte der Fußball-Bundesliga noch nie gegeben. Damit hat diese Dortmunder Mannschaft eine historische Dimension geschaffen.
Das Spiel als solches war weit weniger geschichtsträchtig. Es war kein Spiel für Fußball-Ästheten, keines für Bewunderer des Offensiven, des Schönen – eher eines des Schnöden, aber Effektiven. Es war ein Spiel, an dem Taktikfüchse und Systemtüftler ihre helle Freude hatten. Es war unter Einbezug der Offensiven (vor allem Götze und Großkreutz, aber auch Kagawa und Lewandowski) eine defensiv-taktische Meisterleistung des BVB. Und genau damit ist der Plan von Jürgen Klopp perfekt aufgegangen.
„Das Spiel gegen den Ball war das beste seit Monaten“
Dortmunds Trainer hatte vor der Begegnung angekündigt, den FC Bayern durch taktische Züge aufs eigene Niveau herunterholen zu wollen. Nach dem Abpfiff hielt er fest: „Das Spiel gegen den Ball war das beste seit Monaten. Wir haben es den Bayern schwer gemacht, ihren Fußball zu spielen. Wir haben das Spiel nach Außen gedrängt, wo wir sie dann doppeln konnten.“
Die Bereitschaft, mehr zu laufen als der Gegner – in diesem Spiel als Mannschaft exakt 10,5 Kilometer mehr als die Bayern; diese Gier, jeden Gegenspieler zu stellen, den Ball zu erobern, war und ist nun wieder die Basis des BVB-Spiels. Als Beleg nur eine Szene: In Minute 38 nimmt Philipp Lahm den Ball in aussichtsreicher Linksaußen-Position an – wird jedoch in der Folge von Piszczek und Götze und kurz drauf von Bender als zwingend benötigtem Dritten derart bedrängt, dass er den Rückzug antritt. Zwölf Sekunden später ist der Ball bei Bayern-Torwart Manuel Neuer angekommen. Das ist die hohe Schule.
Diese Gleichung ist, „auch wenn wir die eine oder andere Situation überstehen mussten“ (Klopp), unterm Strich aufgegangen. Im Gegensatz zum Ansatz von Jupp Heynckes. Der Bayern-Trainer hatte im Vorfeld vor der Frage gestanden, ob er den genesenen Arjen Robben von Beginn an bringt und wo er Jerome Boateng aufstellt; innen oder außen. Er entschied sich für den niederländischen Flügelflitzer und für Boateng als Innenverteidiger. Im Nachhinein weiß er, dass dies unglückliche Entscheidungen waren. Robben war bei Marcel Schmelzer, für den es nach einer Zerrung in der Wade doch noch gereicht hatte, und Kevin Großkreutz abgemeldet. Und Boateng fiel vor dem 0:1 (65.) in einen Sekundenschlaf. Mario Götze vollstreckte gedankenschnell.
Ein Treffer, der sicherlich nicht für einen Eintrag ins Geschichtsbuch taugt, der aber gleichwohl eine Recherche im Archiv erfordert. Götze ist der erste Gastspieler seit Igor de Camargo am 7. August 2011, der in der Allianz Arena ins Bayern-Tor getroffen hat. Auch Gladbach siegte 1:0, damals, im Sommer. 5:0, 7:0, 3:0, 4:0 und 4:0 hatten die Bayern ihre Gegner danach verprügelt. Zahlen die mehr sagen, als großspurige Worte. Zahlen die schlicht belegen, was der BVB am Samstag geleistet hat. „Die Dortmunder“, beschied Heynckes, „haben hier sehr gut gearbeitet.“
Mit Bescheidenheit gut gefahren
Und der ganzen Liga damit einen Dienst erwiesen. Die angeblich übermächtigen Bayern haben nur noch zwei Punkte Vorsprung auf jene Borussen aus Dortmund und Mönchengladbach, und nur drei auf Schalke. Der Bundesliga droht nicht etwa Langeweile, sie ist nun auch wieder im obersten Segment spannend.
Ein hübscher Nebeneffekt. Mehr aber nicht. Selbst nicht für den DFL-Präsidenten. „Nein, nein“, entgegnete Reinhard Rauball auf die Frage, ob er sich auch für die gesamte Liga freue, „ich bin heute als BVB-Präsident hier und nicht bereit, diese Freude mit einer anderen Funktion zu teilen.“
Freude verspürten nach dem neuerlichen Coup von München viele Dortmunder. Dass sie deshalb aber forsche Ansprüche formulieren würden, hat trotz der historischen Dimension dieses Erfolges niemand erwartet. „Mit Bescheidenheit“, konstatierte denn auch Rauball, „sind wir in der letzten Saison auch gut gefahren.“ Noch so eine defensive Meisterleistung.