Freiburg. Beim Bundesliga-Comeback gegen Augsburg passte für Freiburg-Rückkehrer Matthias Ginter alles. Nun geht es gegen den BVB - und um eine Chance.

Es sind Schulferien in Baden-Württemberg, auch in Freiburg ist das nicht zu übersehen. Die Vormittagseinheit des Sport-Clubs ist gerade beendet, und am Eingang zum Trainingsgelände des örtlichen Bundesligisten hat sich in den letzten Minuten eine etwa 60 Meter lange Menschenschlange gebildet. Viele Schüler sind darunter, ausgerüstet mit Schals, T-Shirts und Stadionheften für die Autogramme der Freiburger Fußballer. Dazu werden Handys gezückt, Selfies gemacht und ein paar freundliche Worte gewechselt.

Ginter feiert Wiedersehen mit seinem Ex-Klub BVB

Auch Matthias Ginter, dessen orangefarbene Stollenschuhe über den Betonboden klackern, erfüllt unter der sengenden Schwarzwälder Sonne geduldig sein Soll. Freiburgs charismatischer Cheftrainer Christian Streich und er haben fast zeitgleich mit dem Unterschriften-Parcours begonnen. Doch als Streich noch mittendrin steckt im Après-Training mit den Fans, ist Ginter längst ins Untergeschoss des SC-Stadions abgetaucht.

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Dort, im Norden der Studentenstadt, kommt es für den 1,91 Meter großen Innenverteidiger am Freitag (20.30 Uhr/DAZN) zu einem Wiedersehen mit seinem Ex-Klub Borussia Dortmund. Im Sommer 2014 wechselte der gebürtige Freiburger aus seiner südbadischen Heimat zum BVB. Der wurde damals noch von Jürgen Klopp gecoacht, der nach dem Einstieg des frischgebackenen Weltmeisters (ohne Einsatz) bei den Schwarz-Gelben scherzte: „Die erste Trainingseinheit und das Mittagessen hat er fehlerfrei überstanden.“

Zerwürfnis mit Gladbachs Trainer Adi Hüter

Drei Jahre später tauschte Ginter die Borussias, ging zur Namenscousine nach Mönchengladbach. Weil er sich in Dortmund, mittlerweile gecoacht von Thomas Tuchel, für seine Flexibilität manchmal nicht ausreichend wertgeschätzt gefühlt hatte. Im Fohlen-Ensemble musste er dann nicht mehr mal auf dieser, mal auf jener Position spielen. Sondern war, abgesehen von kleineren Ausnahmen, stets in der Abwehrzentrale gesetzt.

Dass die guten Jahre am Niederrhein nach einer enttäuschenden letzten Saison im Zerwürfnis mit Trainer Adi Hütter, unbedachten Äußerungen seinerseits in einem Fan-Podcast und Pfiffen der Gladbacher Fans beim finalen Heimspiel gegen Hoffenheim endeten, war für Ginter ungewohnt. „Das war für mich eine neue Erfahrung mit einem Trainer“, bekannte der 28-Jährige nach seiner Freiburg-Ankunft im „kicker“ – und zeigte sich auch selbstkritisch: „Ich habe es nicht geschafft, bei mir zu bleiben und mein Ding durchzuziehen.“

Matthias Ginter will in Freiburg den Weg aus dem Tunnel finden

Das will er dafür in Freiburg wieder machen, am liebsten bis zum Ende seiner Fußballerlaufbahn. Die Rahmenbedingungen für den Einstieg in seine zweite Schleife beim SC – die erste dauerte von 2005 bis 2014 – waren dabei schon mal günstig: Der Freiburg-Rückkehrer hat den längsten Urlaub seiner Profikarriere hinter sich, sehr zur Freude von Christian Streich. Schließlich hatte der Übungsleiter der Breisgauer bei Ginter im vergangenen Dreivierteljahr eine „mentale Erschöpfung“ wahrgenommen.

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Angesprochen darauf, holt der blonde Defensivspezialist erst einmal tief Luft, dann sagt er: „Wenn man in diesem Tunnel, in diesem Trott drin ist, will man sich vielleicht das eine oder andere nicht immer eingestehen. Und so war es bei mir auch.“ Im Schatten der Schwarzwaldwipfel will er nun den Weg aus dem Tunnel finden. Beim Ligastart in Augsburg klappte das schon mal prima: Zum klaren 4:0-Erfolg des SC steuerte Ginter einen Treffer bei und strahlte anschließend: „Ich glaube, ich bin der glücklichste Mensch überhaupt – und unfassbar froh, hier zu sein.“

Früher Liga-Gipfel gegen Dortmund und Anthony Modeste

Richtig geknickt war der Vater eines zweieinhalbjährigen Jungen dagegen, als ihn Bundestrainer Hansi Flick, der ihm zu seinem Wechsel nach Freiburg gratuliert hatte, in diesem Sommer nicht für die Spiele in der Nations League berücksichtigte. Selbst wenn sein alter und neuer Trainer Christian Streich dies als „hilfreich und gut“ für ihn befand.

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Das bislang letzte seiner 46 Länderspiele absolvierte Ginter am 14. November vergangenen Jahres beim 4:1 in der WM-Qualifikation in Armenien. Partien wie der frühe Liga-Gipfel jetzt gegen den BVB, bei dem der frisch aus Köln verpflichtete Angreifer Anthony Modeste sein Debüt im Dortmunder Dress geben könnte, sind da besonders geeignet, verstärkt auf sich aufmerksam zu machen.

Auch SC-Kapitän Christian Günter fehlte im Juni im Kader für die Nations League – weswegen Flicks Assistent Marcus Sorg bei seinem Besuch im Freiburger Trainingslager im Montafon Mitte Juli beruhigend erklärte: „Es ist nicht unüblich, mal nicht dabei zu sein.“ Das gelte wegen der vielen kurzen Sommerurlaube in den letzten acht Jahren gerade für Ginter, betonte Sorg. Und fügte hinzu: „Beide sind weiter ganz normal dabei und natürlich bei uns im Fokus.“