Dortmund. Michael Rummenigge spielte in seiner Karriere für den BVB und den FC Bayern. Im Interview spricht er über das Topspiel zwischen seinen Ex-Klubs.
Es ist das Duell, auf das ganz Fußball-Deutschland schaut. Borussia Dortmund trifft am Samstag auf Bayern München (18.30 Uhr/Sky). Michael Rummenigge, 56 Jahre alt, hat in den 1980er- und 1990er-Jahren für beide Klubs gespielt. Im Interview spricht der ehemalige Stürmer über den BVB-Aufwärtstrend der vergangenen Wochen, die Dortmunder Aussichten im Topspiel - und darüber, was ihn beim BVB manchmal ärgert.
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Herr Rummenigge, was trauen Sie dem BVB im Spitzenspiel zu?
Rummenigge: Die Chancen stehen gut. Zuletzt hat sich der BVB ja sehr stabil präsentiert, in der Bundesliga erst zwei Gegentreffer kassiert. Und wenn du hinten kein Tor kriegst, kannst du schon mal nicht verlieren. Für Dortmund wäre es wichtig, wenn Jadon Sancho mal wieder einen sehr guten Tag erwischt. Erling Haaland ist immer für ein Tor gut – Robert Lewandowski bei den Bayern aber auch.
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Wie bewerten Sie den Dortmunder Aufwärtstrend in den vergangenen Spielen?
Die Bilanz spricht natürlich für die Abwehr. Aber auch Mittelfeld und Angriff arbeiten gut mit nach hinten. Durch die Ausfälle von Dan-Axel Zagadou, Emre Can und Mats Hummels musste Trainer Lucien Favre wieder von einer Dreier- auf eine Viererkette umstellen. Er hat aus der Not eine Tugend gemacht. In Brügge hat Axel Witsel als Vertreter von Hummels eine gute Leistung gezeigt. Borussia ist da wirklich im Stile einer Spitzenmannschaft aufgetreten.
Das dürfte auch Favre den Rücken gestärkt haben, oder?
Absolut, Siege tun einem Trainer immer gut. Bei so einem Programm ist es nicht einfach, die Belastung der Profis zu steuern, da muss viel rotiert werden. Favre hat das gut gemacht. In der Kritik steht er ja eher, weil er kein Lautsprecher ist – ganz im Gegensatz zu Jürgen Klopp, mit dem er oft verglichen wird. Es war aber klar, dass Favre ein ganz anderer Typ ist. Wichtig ist, wie er die Mannschaft erreicht – und die scheint bei allem, was man so hört, zufrieden zu sein.
Trotzdem hatte der BVB schon zwei Aussetzer in dieser Saison. Beim 0:2 in Augsburg und beim 1:3 bei Lazio Rom. Wie erklären Sie sich das?
Ich kann mir nur vorstellen, dass Augsburg von der Mannschaft unterschätzt worden ist. Da sah Dortmund schon in den vergangenen Jahren immer schlecht aus. Dazu stand der Gegner massiv hinten drin, hat die Dortmunder Offensivspieler gedoppelt, teilweise sogar mit drei Mann attackiert. Da hast du es natürlich schwer.
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Und Rom?
Klar, Lazio war nur 14. in der italienischen Liga. Aber vorne haben sie immer noch Ciro Immobile, Europas besten Torjäger. Der war gegen seinen alten Klub besonders motiviert und hat ja auch früh getroffen. In beiden Partien hätte man der Mannschaft vielleicht noch näher bringen müssen, worauf es ankommt.
Ist das Spiel gegen die Bayern also eine Reifeprüfung für das junge Team?
Es ist eine Bewährungsprobe. Bayern ist das Maß aller Dinge im europäischen Fußball. Der Lauf unter Hansi Flick ist beeindruckend. Gegen Hoffenheim, bei ihrer einzigen Niederlage, waren sie müde. Drei Tage zuvor mussten sie ja noch den Europäischen Supercup gegen Sevilla spielen. Borussia Dortmund hat jetzt die Chance, ein Ausrufezeichen zu setzen. Vor allem die jungen Spieler müssten auch diesen Anspruch an sich selbst haben. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass es erst der 7. Spieltag ist. Eine Vorentscheidung im Meisterrennen wird es also nicht sein.
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Dem BVB fehlen die Fans auf der Südtribüne im Rücken. Das Topspiel wird ein Geisterspiel. Ist das ein Nachteil?
Sicherlich. Ich erinnere mich an das Heimspiel vor zwei Jahren. Dortmund lag 1:2 zurück. Marco Reus machte den Ausgleich, anschließend ist beim 3:2-Siegtreffer das Stadion explodiert. Die Unterstützung fehlt natürlich. Auch den Spielern müssen die Geisterspiele nach wie vor merkwürdig vorkommen.
Kann Borussia Dortmund die neunte Münchener Meisterschaft in Folge verhindern?
Ob es für den Titel reicht, wird man sehen. Leipzig und die Gladbacher, die mich sehr überrascht haben, darf man nicht vergessen. Mich ärgert aber, wenn von vornherein gesagt wird, dass auch ein zweiter Platz ein Erfolg wäre. Das macht mich wahnsinnig, schließlich ist der Zweite der erste Verlierer. Damit kannst du nicht zufrieden.
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Warum?
Von der Qualität hat der BVB einen der stärksten Kader der vergangenen Jahre. Nur für Haaland und Hummels steht kein adäquater Ersatz zur Verfügung, sollten die Beiden mal für einen längeren Zeitraum ausfallen. Du kannst dich nicht darauf verlassen, dass der dann 16-jährige Youssoufa Moukoko ab November die Kohlen aus dem Feuer holt. Der letzte Titel, der Pokalsieg 2017, ist nun auch schon drei Jahre – von daher wäre es mal wieder an der Zeit.