Dortmund. Dank neuer defensiver Stärke erwartet der BVB die Bayern mit viel Selbstbewusstsein. Allerdings ist die beste Offensive der Liga zu Gast.

Zeit zum Genießen war keine. Unmittelbar nach dem 3:0 (3:0)-Sieg im Champions-League-Spiel beim FC Brügge machten sich die Spieler von Borussia Dortmund auf den Heimweg, noch in der Nacht landeten sie am Flughafen Paderborn. Es galt, den Corona-Hotspot Belgien so schnell wie möglich zu verlassen, das war der eine Grund. Der andere: Die Dortmunder gewannen so einen halben Trainingstag, um sich vorzubereiten – auf? Das Spiel der Spiele, das Bundesliga-Topspiel, die Partie des Meisters und Spitzenreiters gegen den punktgleichen Tabellenzweiten. Am Samstag kommt der FC Bayern München nach Dortmund (18.30 Uhr/Sky).

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Und davor gibt es einiges zu klären: „Seinen letzten Pass auf mich hat er nicht gut gemacht“, rügte Thorgan Hazard seinen Mitspieler Erling Haaland. „Ich hoffe, er macht das am Samstag besser.“ Es war ein Scherz, natürlich. Die Laune war blendend bei den Dortmundern, durch den hochverdienten Sieg dank Treffern von Thorgan Hazard (14. Minute) und Erling Haaland (18. und 32.) hatten sie weiteres Selbstvertrauen getankt.

Die Stürmer machen beim BVB mit

Zum vierten Mal in Serie hatte der BVB gewonnen, zum vierten Mal hatte er dabei kein Gegentor kassiert und überhaupt kaum gefährliche Schüsse aufs Tor zugelassen. Die Mannschaft, die in den vergangenen Jahren stets viel zu viele Tore für eine Spitzenmannschaft kassierte, steht auf einmal erstaunlich stabil. In acht von bislang elf Pflichtspielen blieb sie ohne Gegentor.

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„Die Abwehr ist wichtig, aber die Mittelfeldspieler und Stürmer sind auch wichtig, wenn wir eine gute Abwehr haben wollen“, betonte Trainer Lucien Favre. Tatsächlich ist inzwischen die ganze Mannschaft deutlich bissiger im Spiel gegen den Ball. „Der Trainer liebt das“, verriet ein schmunzelnder Hazard. „Man muss zwar viel laufen, aber es hilft der Mannschaft. Wenn wir zu null spielen, sind alle sehr froh.“ Die neue Laufbereitschaft dürfte auch daher rühren, dass der Konkurrenzkampf groß ist wie lange nicht. Fast ohne Qualitätsverlust kann Favre derzeit durchwechseln; wer nicht mitzieht, muss damit rechnen, im nächsten Spiel auf der Bank zu landen.

Trotzdem Hoffen auf Hummels

Und doch hat die neue Stabilität auch ein paar Gesichter. Thomas Meunier zum Beispiel, der zu Beginn seiner Dortmunder Zeit unglücklich agierte, nun die rechte Seite aber verlässlich zumacht und sogar das 3:0 vorbereitete. Oder Axel Witsel, der als Vertreter des verletzten Abwehrchefs Mats Hummels in die Innenverteidigung rückte, erstmals in seiner Karriere – und „ein sehr gutes Spiel“ machte, wie Favre attestierte. Sollte Hummels seine Oberschenkelbeschwerden nicht rechtzeitig überwinden, könnte dies auch eine Option gegen die Bayern sein.

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Die defensive Stabilität ist ein großer Trumpf im anstehenden Spitzenspiel, ein weiterer ist das stetig wachsende Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten, das auch die Bayern zu spüren bekommen sollen. „Wir müssen mutig sein, müssen draufgehen, dann können wir die Bayern schlagen“, sagte BVB-Lizenzspielerchef Sebastian Kehl.

Zumal die Münchener derzeit eher Probleme haben, ihr Tor zu beschützen: Neun Gegentore gab es in den zurückliegenden sechs Partien, Rechtsverteidiger Benjamin Pavard steckt im Formtief, auch Innenverteidiger David Alaba agiert nicht so souverän wie in der Triple-Saison. Sein auslaufender Vertrag sorgt für Unruhe.

Bayern bleibt Favorit im Topspiel

Dennoch sind die Münchener Favorit bei den Buchmachern. Weil sie diese unglaubliche Serie vorweisen können, weil sie in einem Jahr unter Trainer Hansi Flick nur ein einziges Spiel verloren haben. Und weil die Offensive dafür sorgt, dass man im Zweifel immer mindestens ein Tor mehr schießt als der Gegner.

In sieben Pflichtspielen der laufenden Saison erzielten die Münchener mindestens vier Treffer. 24 Tore sind mit weitem Abstand Ligaspitze. Wenn Robert Lewandowski mal nicht trifft, dann erledigt das eben Serge Gnabry. Oder Kingsley Coman. Oder Leroy Sané. Oder Thomas Müller. Oder Leon Goretzka. Oder Joshua Kimmich.

Für die neue Dortmunder Defensivstärke wird die Partie der erste echte Stresstest. Und der BVB bot in den vergangenen Partien bei aller Stabilität durchaus Lücken an, die ein gefährlicherer Gegner hätte ausnutzen können – im Rücken von Raphael Guerreiro etwa, der als Linksverteidiger gerne weit nach vorne rückt. Es sind genau die Räume, die die pfeilschnellen Bayern-Flügelspieler gerne ansteuern.