Rom. . In Rom verfiel der BVB in alte Muster - und enttäuschte. Viel Zeit, das aufzuarbeiten, bleibt nicht. Denn schon am Samstag steht das Derby an.
Viel Zeit zum Verschnaufen blieb nicht am Mittwoch: Um 13.16 Uhr landete Flug EW1909 aus Rom in Dortmund, anschließend ging es für die Fußballprofis der schwarz-gelben Borussia direkt zum Trainingsgelände im Stadtteil Brackel. Es galt, die 1:3 (0:2)-Niederlage des Vortags bei Lazio Rom aufzuarbeiten – und dafür zu sorgen, dass es am Samstag im Derby gegen den Revierrivalen Schalke 04 (18.30 Uhr/Sky) wieder besser läuft.
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Gesprochen wurde nur intern, öffentlich bissen sich die Verantwortlichen auf die Zunge – wohl wissend, dass es ohnehin kaum Positives zu sagen gegeben hätte. Und dass auch mit einer Nacht Abstand nicht wirklich zu erklären war, was sich da abgespielt hatte im Olympiastadion von Rom.
Lizenzspieler-Chef Sebastian Kehl war unmittelbar nach dem Spiel deutlich geworden: „Das war eine desolate Leistung. Nur wenige Spieler sind in der ersten Halbzeit annähernd an ihre Leistungsgrenze gekommen. So können wir in der Champions League nicht auftreten.“ Auch der sonst so zurückhaltende Trainer Lucien Favre war sichtlich erbost über das, was seine Mannschaft ihm da präsentiert hatte: „Wir müssen wissen: Es ist ein Kampf, es ist ein Kampf“, schimpfte der Schweizer. „Zu verteidigen, zu laufen – das hat gefehlt.“ Es ist eher selten, dass der Fußballästhet Favre derart auf den Grundtugenden des Fußballs herumreitet. Umso mehr untermauerte es, was der BVB in Rom alles hatte vermissen lassen.
Ex-Dortmunder Ciro Immobile genoss seine Vendetta still und leise
Denn es waren ja zwei Erzählungen möglich zu diesem Spiel: die vom Rachefeldzug des Ciro Immobile etwa. Der war einst in Dortmund als Stürmer nicht glücklich geworden. Weil der Italiener sich 2014/2015 nicht gerade mit zahlreichen Toren in Erinnerung brachte, war im Klub der Widerstand gegen die Reißausnahme nach nur einer Saison auch nicht gerade groß.
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Nun schoss der 30-Jährige das erste Tor gegen den BVB selbst und bereitete das dritte vor. Immobile genoss die Rache, die Vendetta, still und leise.
Die zweite Erzählung aber liegt wohl deutlich näher an der Wahrheit und geht davon aus, dass nicht die Qualität der Römer das Spiel entschied – sondern die vielen Einladungen, die schwarz und gelb Gekleidete diesmal aussprachen. Die Römer münzten nur einige davon in Treffer durch Immobile (6.) und Jean-Daniel Akpa-Akpro (76.) um, dazu wurde dem Roman-Bürki-Ersatz Marwin Hitz noch ein Eigentor (23.) angekreidet.
BVB: Diskussionen um Trainer Lucien Favre werden wieder an Fahrt aufnehmen
Dass die BVB-Hintermannschaft durch diverse Ausfälle gebeutelt war, wollte niemand als Ausrede gelten lassen – dafür gab es zu viele zu eklatante Unzulänglichkeiten, die sich durch alle Mannschaftsteile zogen. Thomas Meunier etwa, der erfahrene Neuzugang von Paris Saint-Germain, leitete das 0:1 mit einem Katastrophen-Fehlpass ein, vergab später die mit Abstand beste BVB-Chance und fiel ansonsten damit auf, dass er erstaunliche 19 Pässe beim Gegner landeten. Auch Abwehrchef Mats Hummels patzte mehrfach schwer, Kapitän Marco Reus sowie Offensivbegabung Jadon Sancho tauchten weitgehend ab.
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Die Diskussionen um Lucien Favre werden zwangsläufig wieder an Fahrt aufnehmen. Auch im Klub meint ja mancher, dass die Mannschaft bei zu vielen Gelegenheiten die Sprunghaftigkeit ihres Trainers abbildet. In Rom aber waren es auch und vor allem die Führungsspieler, die Favre im Stich ließen. Nur Hitz und Erling Haaland, der immerhin den zwischenzeitlichen Anschlusstreffer erzielte (71.), zeigten ein akzeptables Spiel.
Besonders unerfreulich war aus BVB-Sicht, dass sich gegen Lazio ein altbekanntes Muster wiederholte: Die fußballerisch überlegene Mannschaft ließ sich das Spiel aus der Hand nehmen von einem Gegner, der galliger, aggressiver, bissiger agierte. Die Römer stürzten sich mit Wonne in jene Zweikämpfe, denen die Dortmunder lieber aus dem Weg gingen. Ähnlich hatte es in dieser Saison auch schon beim 0:2 gegen den FC Augsburg ausgesehen, der noch nicht mal einen Immobile hat.
BVB-Lizenzspielerchef Kehl vor Derby gegen Schalke: "... sonst werden die nächsten Wochen sehr hart für uns"
Und auch gegen Schalke sind derartige Totalausfälle schon vorgekommen, entsprechend alarmiert ist man beim BVB. S04-Trainer Manuel Baum dürfte sehr genau hingeschaut haben, wie dich die Schwarz-Gelben in Rom abkochen ließen – und Favre ist nun gefordert, eine Wiederholung zu verhindern. „Am Wochenende wird uns ein anderer Fight erwarten“, warnte Kehl nachdrücklich. „Die Schalker gehen noch mal mit anderen Emotionen in dieses Spiel als Lazio. Wir müssen uns ganz anders präsentieren. Sonst werden die nächsten Wochen sehr hart für uns.“
Immerhin steht der in der Champions League gesperrte Emre Can wieder zur Verfügung, und auch Manuel Akanji ist nach überstandener Corona-Infektion ins Training zurückgekehrt. Thorgan Hazard und Nico Schulz haben ihre Muskelfaserrisse auskuriert und bereiten sich mit der Mannschaft aufs Derby vor. Die Personallage in der Defensive ist damit deutlich weniger angespannt als zuletzt – um diesen Effekt bei der Stimmung im Klub zu erzeugen, braucht es einen Sieg gegen Schalke.