Dortmund. . Wann hat Borussia Dortmund den Trainer über den Neuzugang Isak informiert? Thomas Tuchel muss sein Verhältnis zu den Bossen öffentlich erklären.

Die Scheinwerfer der Kameras, eilig herbeigetragen, leuchteten hell. Thomas Tuchel stand da, die Hände in den Taschen seiner Winterjacke vergraben, und warf einen Schatten auf die gelbe Wand hinter ihm. Wegen der Mütze, die Tuchel auf dem Kopf trug, nahm dieser Schatten so seltsame Konturen an, dass er der finsteren Kulisse eines Kriminalfilms hätte entsprungen sein können. Und tatsächlich ging es ja gerade um die Aufklärung eines vermeintlich ungeheuerlichen Tathergangs. Deshalb stand der Trainer von Borussia Dortmund am Mittwoch dort. Der Trainer, der sonst nur am Tag vor und direkt nach dem Spiel öffentlich Stellung bezieht.

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Draußen auf dem Platz war das Training gerade erst beendet worden. Erstmals mit dabei: Neuzugang Alexander Isak, 17 Jahre alt, schwedisches Sturm-Talent. Bei dessen Verpflichtung, so übermittelt es das Magazin Sport-Bild unter der Überschrift „Machtkampf in Dortmund“, sei der Trainer übergangen, zumindest aber erst sehr spät in Kenntnis gesetzt worden. Ein Zehn-Millionen-Invest ohne Kenntnis des Trainers?

Mangel an Vertrauen unterstellt

Allein diese Information implizierte einen erstaunlichen Mangel an Vertrauen, vielleicht sogar das schon blockweise Bröckeln des gemeinsamen Fundaments. Deshalb musste Tuchel, außerplanmäßig und offenbar keineswegs freiwillig, vor die Kameras treten und die Sache im Sinne des Vereins einordnen.

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„Es gibt immer Transfers wie den von Isak, in die du als Trainer sehr spät involviert bist, weil es sich um einen Perspektivspieler handelt“, sagte der Trainer und bezeichnete den Ablauf des Geschehens als „normalen Vorgang“. Vor allem da der Transfer erst kurzfristig zustande kam. „Alex war sehr weit mit Real Madrid, die Tür für uns ist erst sehr spät aufgegangen, daher musste schnell entschieden werden.“

Am Mittwoch der vergangenen Woche soll er über die tags zuvor eingetretene Möglichkeit einer Verpflichtung in Kenntnis gesetzt worden sein. Zu diesem Zeitpunkt hätte er noch eingreifen können.

„Hätte Thomas Tuchel nein gesagt, hätten wir es nicht gemacht“, sagt BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke auf Nachfrage.

Nichts Negatives über Tuchel

Dass Tuchel den Mann, für den sich sein Klub schon länger stark interessierte, bis dahin gar nicht kannte, wirkt jedoch wie eine Nachlässigkeit, die aus fehlender Nähe oder mangelnder Kommunikation zwischen Tuchel auf der einen und Watzke sowie Sportdirektor Michael Zorc auf der anderen Seite erwächst. Vermutungen, die sich hartnäckig halten in Dortmund. Und die Unruhe stiften an einem Bundesliga-Standort, der Jahre lang immun war gegen derlei Schlagzeilen. Ebenso hartnäckig betont Watzke bei jeder Gelegenheit, dass weder er noch Zorc jemals etwas Negatives über Tuchel gesagt haben. Das klingt fast so, als sei diese Selbstverständlichkeit eben das: nicht selbstverständlich.

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„Das ist nichts Neues, dass das von außen kolportiert wird, und ich habe keine Lust, das jedes Mal neu zu dementieren“, sagt Tuchel. Als „sehr professionell und auch freundschaftlich“ bezeichnet er die Zusammenarbeit mit seinen Vorgesetzten, leugnet aber auch nicht, „dass ich in inhaltlichen Diskussionen um meine Positionen kämpfe“.

Eine dieser Positionen – und das könnte schon eher der Grund für eine gewisse Verstimmung beim Trainer sein – hat mit der Tatsache zu tun, dass nun erneut ein offensiver Jüngling verpflichtet wurde, der derzeit nicht viel mehr ist als eine hoch dotierte Wette auf die Zukunft. Von dieser oder ähnlicher Kategorie Spieler hat er viele, während in der Innenverteidigung Qualitätslücken klaffen.

Watzke hält den Druck hoch

Sokratis ist unverzichtbar, Sven Bender noch mindestens fünf Wochen verletzt, Marc Bartra fehlerhaft, Matthias Ginter zu unbeständig. Dennoch hielt Watzke zuletzt den Druck beständig hoch mit dem unmissverständlichen Verweis auf das Saisonziel Platz drei.

Die gute Nachricht im vermeintlichen Schattenreich Dortmund: Jener Rang drei ist derzeit nur einen Punkt entfernt. Sonntag geh’s zu Mainz 05 (17.30 Uhr).