Mainz. Plötzlich war Schluss mit lustig beim selbsternannten Karnevalsverein: Bundesliga-Neuling Mainz 05 hat sich schon vor dem ersten Bundesliga-Spieltag von Aufstiegstrainer Jörn Andersen getrennt.

Das peinliche Pokal-Aus beim Viertligisten VfB Lübeck war indes nur der allerletzte Auslöser nach Monaten voller interner Irritationen. Der Nachfolger steht schon fest: Thomas Tuchel, Schüler von Ralf Rangnick und aktueller Meistermacher der Mainzer A-Junioren, der seine Berufung mit den Worten kommentierte: „Ich lebe meinen Traum.”

„Ich lebe meinen Traum”

Für Andersen dagegen ist der Traum von der Bundesliga ausgeträumt. Schon die offizielle Begründung für die Trennung lässt an Deutlichkeit wenig zu wünschen übrig: „Wir haben als Mainz 05 ein klares Anforderungsprofil, wie ein Trainer mit der Mannschaft und im Verein arbeiten soll. Unsere Stärken sind Teamwork, die Nähe zur Mannschaft und die interne Kommunikation", sagte Manager Christian Heidel, bevor er ergänzte, dass „der Trainer eine ganz andere Richtung einschlägt”.

Viele Gespräche seien gerade in der Vorbereitung darüber geführt worden. Ziemlich erfolglos, wie das Statement von Präsident Harald Strutz unterstreicht: „Wir haben diese Entwicklung beobachtet, intern ausführlich diskutiert und Jörn Andersen unsere Vereinsphilosophie klar gemacht.” Am Ende seien die Vorstellungen von beiden Seiten „nicht mehr vereinbar” gewesen – und da sei die Trennung eben „konsequenter und auch ehrlicher, als eine Entscheidung mit halbgaren Treueschwüren aufzuschieben”.

Halbgar waren nicht nur die Treueschwüre während der – trotz des letztendlichen Aufstiegs – oft „steinigen” Vorsaison, wie sie Andersen selbst charakterisiert. Vor allem die Heimschwäche sorgte immer wieder für Diskussionsstoff.

In der Rückrunde spitzte sich nicht nur die Negativbilanz am Bruchweg zu: Nach dem Heim-1:4 gegen Aachen am 25. Spieltag flogen in einer dreistündigen Krisensitzung die Fetzen. Das Verhältnis zwischen Trainer, Verein und Mannschaft war nie über den Status „lauwarm" hinausgekommen. Denn Andersen ist – ganz anders als Vorgänger und 05-Heiligtum Jürgen Klopp – kein Mann der Massen und erst recht keiner, der mal augenzwinkernd Fünfe gerade sein lässt. Der Norweger gerierte sich zunehmend als stiller Disziplinfanatiker, der zu bisweilen schalen Scherzen neigt.

Beim Trainingslager im österreichischen Flachau schwante den Bossen mehr und mehr, dass Andersen („Ich halte viel von Felix Magath. Und unter einem Schleifer wie Jörg Berger war ich am besten") die taffe Distanz zur dauerhaften Arbeitsform stilisieren will. „Wir waren verdutzt über völlig veränderte Abläufe", lässt Heidel das Sommercamp Revue passieren: „Wenn wir das vorher gewusst hätten, hätten wir gesagt: Diesen Weg gehen wir nicht mit.”

"Menschlich ganz, ganz schwierige Entscheidung”

Stattdessen habe man, auch auf die Gefahr eines Gesichtsverlusts beim Trainer, in vielen Gesprächen versucht umzusteuern – zuletzt in einer langen Unterredung vor elf Tagen. Ohne Erfolg, im Gegenteil: „Wir hatten den Eindruck, dass Jörn Andersen nicht mehr wusste, was in der Mannschaft los ist”, fällt Heidel trotz der „menschlich ganz, ganz schwierigen Entscheidung” ein letztlich vernichtendes Urteil über die Sozialkompetenz des Trainers.

Als Andersen am Montag seinen Kommentar zur Trennung abgab, dürfte er von den Aussagen der Vereinsvertreter noch nichts gewusst haben: „Wir haben in unseren Auffassungen keine gemeinsame Linie mehr gefunden. Das ist sehr schade. Aber wir gehen nicht im Bösen auseinander.”