Essen. Fifa-Chef Joseph Blatter forciert die Einführung einer Tor-Kamera ab der Saison 2012/2013. Mit seiner Forderung nach Profi-Schiedsrichtern stößt er allerdings auf massiven Widerstand in der Bundesliga. Falls die Bundesliga nicht mitziehe, solle es bei der WM 2014 keinen deutschen Schiedsrichter geben, droht Blatter.
Bayern Münchens Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge hat verwundert, aber grundsätzlich positiv auf die von FIFA-Präsident Joseph Blatter vorgeschlagenen Änderungen im Weltfußball reagiert. "Ich wundere mich, dass Sepp Blatter in seinem Alter noch Revolutionen anzettelt. Vielleicht muss man alt werden, um weise zu sein und Dinge zu tun, die dem Fußball helfen", sagte Rummenigge.
"Die Torkamera ist längst überfällig, damit könne man viele Diskussionen beenden", sagt Rummenigge. Um die Schiedsrichter zu unterstützen, hatte sich Blatter in einem Interview mit der "Bild" für technische Hilfsmittel ausgesprochen: "Mindestens eines dieser Hilfsmittel muss man jetzt zulassen - und das ist die Torkamera", hatte der 75-Jährige gesagt. Das International Football Association (IFAB) werde im März 2012 in London über das Hilfsmittel abstimmen. Blatter: "Wenn die finale Entscheidung getroffen wird, kann es ab der Saison 2012/13 eingesetzt werden."
Profi-Schiedsrichter in Deutschland ist unerwünscht
Dagegen stößt Blatter mit seiner Forderung nach Profi-Schiedsrichtern in Deutschland auf massiven Widerstand. "Der Profi-Schiedsrichter ist nicht das Allheilmittel. Es geht vielmehr darum, optimale Rahmenbedingungen für die Schiedsrichter zu schaffen. Und dabei ist es wichtig, dass die Schiedsrichter ihr zweites Standbein aufrechterhalten", sagte Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel am Dienstag dem Sport-Informations-Dienst (SID).
Auch Bayern Münchens Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge glaubt nicht, "dass ein Schiedsrichter besser wird, wenn er besser bezahlt wird". Hinsichtlich des Alterslimits für Schiedsrichter von 45 Jahren müsse man die Diskussion sehr seriös führen. "Wenn die bis 45 Profi-Schiedsrichter waren, wird das Geld nicht bis ans Lebensende reichen", sagte Rummenigge.
Zwanziger kritisiert Blatters Idee
Nach Fandels Meinung sei der Druck für die Referees "viel größer", wenn sie keinen Beruf hätten. "Schließlich wäre ihre Existenz bedroht, wenn sie sich verletzen oder sportlich aus dem Bereich der Profi-Referees ausscheiden müssen. Zudem hat man auch beispielsweise im Finale der WM 2010 in Südafrika gesehen, dass ein Profi-Schiedsrichter nicht gleichbedeutend mit einer perfekten Spielleitung ist", sagte Fandel. Der Engländer Howard Webb war nach dem WM-Finale zwischen Spanien und den Niederlanden (1:0 n.V.) harsch kritisiert worden.
Auch DFB-Präsident Theo Zwanziger äußerte sich kritisch zu der Idee Blatters. "Ich habe gehört, dass der FIFA-Präsident in den nächsten Tagen mit mir sprechen will, um zu erreichen, dass die Deutschen den Profischiedsrichter einführen. Eine ganz aktuelle Diskussion. Da gehen die Meinungen sehr auseinander. Es geht nicht um die Frage, ob jemand Profi oder Amateur ist. Es geht um die Frage, ob er gut ist. Und da kann man schon unterschiedlicher Auffassung sein", sagte FIFA-Exko-Mitglied Zwanziger in der Sendung 'Heimspiel' des Hessischen Rundfunks.
Kein deutscher Schiedsrichter bei der WM 2014?
Blatter hatte zuvor mit Blick auf die jüngsten Affären im deutschen Schiedsrichterwesen gefordert, dass auch in Deutschland endlich der Profi-Referee zum Einsatz kommen müsse. Sollte der DFB dieser Maßgabe nicht schnellstens nachkommen, wird Deutschland laut Blatter bei der WM 2014 in Brasilien keinen Referee stellen. Bei der WM in Südafrika war Wolfgang Stark (Ergolding) für den DFB im Einsatz.
"Wir werden von der FIFA aus für die WM 2014 nur noch Schiedsrichter nehmen, die Profis sind. Es kann nicht sein, dass Schiedsrichter einen Tag nach dem Spiel wieder an ihren Schreibtisch müssen. Sie brauchen Sicherheit, feste Profi-Verträge. Außerdem werden sie so von den Fans und Spielern auch mehr respektiert", sagte der 75-Jährige im Bild-Interview.
Fälle wie der Selbstmordversuch von Bundesliga-Schiedsrichter Babak Rafati könnten laut Blatter überhaupt erst entstehen, weil die Referees in Deutschland weiterhin Amateure sind. "Ja, die Schiedsrichter haben einen viel zu hohen Druck. Warum? Weil es noch Verbände gibt, wie auch in Deutschland, wo die Schiedsrichter keine Profis sind. Wenn du zwei, drei Fehler machst, wirst du nicht mehr aufgestellt. Du wirst pro Spiel bezahlt. Da geht es auch um Existenzängste. Das ist ein Problem, das man in Deutschland anpacken muss. Die Italiener, Franzosen, Engländer - sie alle machen es richtig", sagte Blatter. (sid/dapd)