Zürich. . Mehrere Mitglieder der Fifa-Exekutive stehen unter Korruptionsverdacht. DFB-Präsident Theo Zwanziger geht davon aus, “dass man unter diesem Gesichtspunkt die Vergabe der WM noch einmal überprüfen muss“.

DFB-Präsident Theo Zwanziger fordert eine Überprüfung der skandalumwitterten Vergabe der Fußball-WM 2022 an Katar, bleibt aber bei seiner Unterstützung für Fifa-Präsident Joseph S. Blatter. "Ich muss nach dem, was ich höre und lese, davon ausgehen, dass es einen beachtlichen Grad an Verdächtigungen gibt, den man nicht einfach wegschieben kann", sagte Zwanziger wenige Stunden vor der Wahl des Fifa-Präsidenten im Interview mit dem ZDF-Morgenmagazin.

Er müsse davon ausgehen, "dass man unter diesem Gesichtspunkt die Vergabe der WM noch einmal überprüfen muss. Wie das zu geschehen hat, dazu will ich mich erst äußern, wenn ich mehr über den Sachverhalt weiß. Ich komme von außerhalb und war nicht Mitglied der Exekutive." Mehrere Mitglieder der Fifa-Exekutive, die über die Vergabe der WM-Endrunde an das Emirat entschieden haben, stehen unter Korruptionsverdacht.

Trotz der immer größer werdenden Krise in der Fifa will Zwanziger als Kopf des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am Mittwoch bei der Präsidenten-Wahl in Zürich für Amtsinhaber Joseph S. Blatter stimmen. "Ich kann doch nicht aufgrund von Verdachtsmomenten, die bisher in gar keinem Fall über die Person Blatter sich haben bewahrheiten lassen, sagen, nun ist er nicht mehr wählbar. Er hat sich ordnungsgemäß beworben, er ist der einzige Kandidat, und der Gegenkandidat ist der Korruption verdächtig, nicht Blatter. Solange dies so ist, muss eine Wahl stattfinden, damit die Fifa in der Lage ist aufzuklären", sagte Zwanziger.

Er erwarte von Blatter "klare Worte", eine Strukturveränderung und Transparenz. "Ich hoffe, und darin vertraue ich Blatter, dass er bereit und in der Lage ist, dies auch umzusetzen. Eine Alternative gibt es nicht, wir können niemand anderen wählen."

Zwanziger fordert "sofortige Aufklärung"

Eine Enthaltung, die der englische Verband FA anstrebt, kommt für Zwanziger nicht infrage. Die englische Initiative sei keine wirkliche Alternative, sagte Zwanziger, "sie macht die Fifa monatelang führungslos und bietet damit keine Grundlage, den Skandal sachgerecht aufzuarbeiten". Im Interview auf dfb.de ergänzte er: "Wir brauchen jetzt sofortige Aufklärung und keine Führungslosigkeit."

Der DFB-Boss warnte Blatter, sich in Zürich per Akklamation und nicht in einer geheimen Abstimmung wählen zu lassen. "Wir brauchen einen Präsidenten, der mit der Mehrheit der Stimmen gewählt wird, und nicht in einer geheuchelten Wahl. Eine Mehrheit würde Blatter auch helfen und ihn stärken, diese ganz schwere Aufgabe, vielleicht die schwierigste seiner Amtszeit, auch verantwortungsbewusst anzugehen", sagte Zwanziger. Nach den Eindrücken, die er in Zürich gewonnen habe, gehe er auch bei einer geheimen Abstimmung von einer Mehrheit für Blatter aus.

Unabhängig davon hat die Aufarbeitung der Affäre für Zwanziger absoluten Vorrang. "Es geht meiner Meinung nach vorerst darum, sämtliche Bestechungs- und Korruptionsvorwürfe, die seit Wochen rund um die Fifa kursieren, gründlich zu untersuchen und, so sich Beweise ergeben, konsequent zu handeln", sagte Zwanziger.

DFB-Präsident nimmt Platz von Beckenbauer ein

Zudem müssten Prozesse in Bewegung gesetzt werden, um einen solchen Imageschaden, wie er inzwischen entstanden ist, in Zukunft auszuschließen: "Es geht schließlich um die Glaubwürdigkeit der Fifa, ihres Präsidenten und somit des Fußballs auf der ganzen Welt. Da kann und darf es keine Kompromisse geben."

Zwanziger nimmt am Mittwoch in der Exekutive, der "Regierung" der Fifa, offiziell den Platz von Franz Beckenbauer ein. Ganz wohl ist ihm dabei nicht. "Natürlich ist da ein etwas ungutes Gefühl. Ich würde schon lieber in ein Gremium einziehen, das auch in der Öffentlichkeit über jeden Zweifel erhaben ist und nur gute Kritiken bekommt. Das ist doch normal. Aber das kann ich mir in meiner Funktion nicht aussuchen", sagte Zwanziger. Er wolle mitarbeiten, die Fifa transparent zu machen und sprach vom "Krebsgeschwür der Korruption".

Sollte er aber feststellen, dass das "ernsthafte Bemühen um Aufklärung und Transparenz" in der Exekutive "an unüberwindbare personelle und strukturelle Grenzen stößt, dann werde ich ganz gewiss mit dem DFB und der Uefa sprechen, ob mein Mitwirken im Exekutivkomitee wirklich sinnvoll ist", sagte Zwanziger: "Denn verbiegen lasse ich mich auf keinen Fall." (sid)