St. Leon-Rot. . Mäzen Dietmar Hopp von 1899 Hoffenheim spricht vor dem Auswärtsspiel auf Schalke über seinen geplanten Rückzug, das Aus für Ralf Rangnick, Prämien aus Leberwurst - und Felix Magath.
Draußen regnet es. An eine Partie Golf ist gar nicht zu denken. Dietmar Hopp sitzt im vornehm, aber dezent eingerichteten Konferenzraum seines Golfklubs St. Leon-Rot. Und spricht über Golf, über Geld und seine große Leidenschaft: Fußball bei der TSG Hoffenheim. In diesen Tagen kein ganz einfaches Thema für den milliardenschweren 70-Jährigen.
Herr Hopp, stimmt es, dass Sie als Kind Ihrer Mutter durchaus ernst gesagt haben, sie wollten Millionär werden?
Dietmar Hopp: Ja, das ist richtig. Dass es dann so gekommen ist, wie es heute ausschaut, hätte ich allerdings nie gedacht.
Sie sind 1940 geboren, im Nachkriegsdeutschland aufgewachsen. Wie sehr hat Sie diese Zeit geprägt?
Hopp: Wenn Sie das meinen: Ich bin bis heute keiner, der sein Geld verschwenderisch ausgibt. Und ich habe als Kind schon gearbeitet. Ich konnte immer ganz gut selbst für mich sorgen.
Aber nie durch den Fußball, oder?
Hopp: Nein, natürlich nicht. Ich habe als Junge und später als Student bei der TSG Hoffenheim gekickt. Wir hatten ja kein anderes Hobby als Fußball. Aber Geld gab’s nie.
Auch interessant
Sondern?
Hopp: Ich war Stürmer in der ersten Mannschaft. Kreisliga, also nichts dolles. Aber ich konnte beidfüßig schießen und habe immer meine Tore gemacht. Vielleicht wegen der Prämie: Pro Tor gab’s von einem Bauern eine Dose Leberwurst. Das war schon ein gutes Gefühl, wenn ich wieder zum Studium nach Karlsruhe gefahren bin und zwei Dosen Leberwurst im Beutel hatte.
Sie sind danach als SAP-Gründer zu einem der reichsten Deutschen geworden. Was bedeutet Ihnen Geld heute?
Hopp: Es ist natürlich angenehm, keine materiellen Sorgen zu kennen. Man gewöhnt sich allerdings auch schnell daran. Und ich habe Sorgen und Ängste wie andere Menschen auch. Geld hilft ja nicht gegen alles.
Sie haben Ihren Heimatverein 2008 in die Bundesliga geführt. Ein Teil der Fans feindet Sie seitdem an. Dietmar Hopp kauft den Erfolg – trifft Sie das noch?
Hopp: Vor allem ist es Unsinn. Ich bin nie angetreten, um künstlich etwas aufzubauschen und Erfolge zu kaufen. Ich habe auch nie geglaubt, Hoffenheim könne sich irgendwann ernsthaft mit Bayern, Dortmund oder Schalke vergleichen. Das wäre völlig vermessen, wir reden von zwei verschiedenen Welten. Mainz und Freiburg, das ist so unsere Kragenweite. Und der Auslöser für Profi-Fußball in Hoffenheim war die intensive Jugendförderung, die ich in der Rhein-Neckar-Region betreibe.
Also haben alle, auch im eigenen Verein, Sie falsch verstanden als sie geglaubt haben, Dietmar Hopp pumpt auf ewig Geld in die Mannschaft?
Hopp: Ich wundere mich selber darüber, weil ich seit langem gebetsmühlenartig sage: Die TSG muss so schnell wie möglich unabhängig von mir und meinem Geld werden, wenn sie eine Zukunft haben will. Das hat nur leider kaum einer ernst genommen.
Vielleicht, weil Sie über die Jahre 240 Millionen Euro in den Verein gesteckt haben?
Hopp: Aber 120 Millionen stecken in der Infrastruktur: Wir haben ein tolles neues Stadion, ein modernes Trainingszentrum und endlich ein Jugendinternat. Dazu kommt dann eine gute Mannschaft, außerdem ist der Verein schuldenfrei. Das war die Investitionsphase. Dazu stehe ich. Aber bitte, in nicht so ferner Zukunft muss die TSG sich selber tragen. Hoffenheim muss auch mal Spieler im Kader haben, bei denen auf der Einkaufsseite eine Null steht. Aus unserer Jugend wird in den nächsten Spielzeiten auch was kommen, da bin ich sicher. Seit dem Sommer läuft unser Internatsbetrieb. Und der neue Trainer Marco Pezzaiuoli sieht es als absolute Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass wir in jedem Jahrgang vier, fünf große Talente ausbilden können.
Hoffenheim ohne Dietmar Hopp: Beschäftigen sie sich mit diesem Gedanken?
Hopp: Natürlich denkt man darüber nach. Solange ich lebe, stehe ich der TSG zur Verfügung. Finanzielle Unterstützung braucht die TSG sicher noch 3 Jahre. Aber irgendwann muss das zu Ende sein, dabei ist mein Ziel die Saison 2014/15. Ich habe die Investitionsphase gestemmt, das Ergebnis ist ein funktionierender Bundesligaklub mit mehr Anhängern, als viele in den so genannten Traditionsvereinen wahrhaben wollen. Aber das muss es dann auch mal gewesen sein.
Sie haben Ihre neue Richtung in der Winterpause schon umgesetzt und mit Luiz Gustavo einen Leistungsträger für bis zu 20 Millionen Euro an die Bayern verkauft. Trainer Ralf Rangnick hat es so dargestellt, dass Sie ihn übergangen haben und er deshalb gegangen ist…
Hopp: Ach, diese Version wieder. Sie ist nun mal in der Welt und man kriegt sie wohl nicht mehr raus. Ich sage nur soviel: Als wir mit den Bayern wegen Gustavo einig waren, war Ralf Rangnick schon nicht mehr Trainer. Die Trennung hatte mit dem Transfer nichts zu tun, es gab ganz andere Gründe dafür. Aber Ralf Rangnick und ich sind uns einig, das nicht in die Öffentlichkeit zu tragen. Das ganze Ding ist medial nur auf die schiefe Ebene gekommen, weil ich zu dem Zeitpunkt in Florida war. Das war ein Fehler.
Rührt daher der Satz, Sie hätten vielleicht zu viel Golf gespielt?
Hopp: Da kam ich diesmal so gut wie gar nicht dazu und zudem bin ich doch gar nicht der Typ, der einfach seinen Ruhestand genießen kann. Ich arbeite. Ich habe sehr viele Investitionen in Startup-Unternehmen im Biotech-Bereich getätigt, meine Stiftung beschäftigt mich mehrere Tage im Monat. Bei der TSG habe ich allerdings gedacht, um die musst du dich nicht mehr so sehr kümmern. Ich habe reichlich spät gemerkt, dass das nicht funktioniert.
Das alles klingt, als habe Sie der Abgang Rangnicks und Ihre Darstellung in der Öffentlichkeit persönlich getroffen?
Hopp: Ja, vielleicht ist das so. Dieses Stigma, ich hätte hinter dem Rücken Rangnicks einen Transfer eingefädelt und dabei mutwillig den Trainer entsorgt, wird haften bleiben. Ich kann zwar damit leben, weil ich weiß, es war nicht so. Aber so etwas bleibt ja auch am Verein hängen.
Andererseits fällt es schwer, sich vorzustellen, dass Sie in Hoffenheim nicht bei jeder Entscheidung das letzte Wort haben sollen?
Hopp: Ich kann versichern: Wir haben in der Ära Rangnick vielleicht 40 Transfers durchgeführt und ich habe nicht bei einem mitgewirkt. Nicht bei einem einzigen. Aber darum geht es in Wahrheit nicht.
Sondern?
Hopp: Zunächst einmal: Ein Bundesligaverein ist ein Wirtschafts-Unternehmen und muss auch so geführt werden. Alles andere wäre unverantwortlich. Aber natürlich ist auch mein Herzblut in die TSG geflossen. Hier ist meine Heimat, sonst hätte ich das alles nicht gemacht. Aber man muss doch akzeptieren, dass ich längerfristig denke und plane. Ich bin 70 Jahre alt, ich kann meinen Erben keinen Verein hinterlassen, der ein Fass ohne Boden ist. Es war noch nie mein Ding, zu sagen: Nach mir die Sintflut. Das wäre unverantwortlich. Jetzt kümmere ich mich intensiv darum, dass die TSG von mir unabhängig wird. Und das sorgt auch für Irritationen? Manchmal ist das alles schwer zu verstehen.
Sie haben eine Stiftung gegründet, ein großes Förderkonzept für Jugendliche aufgelegt. Vermissen Sie Anerkennung?
Hopp: Gründet man deshalb eine Stiftung? Oder gar nur aus steuerlichen Gründen? Das ist doch wohl zu billig. Aber ich habe nie großen Beifall erwartet. Das ist in Deutschland – anders als in den USA – eben so.
Haben Sie Verständnis, dass Unternehmer - und einige Spitzensportler - ihr Vermögen nicht in Deutschland versteuern?
Hopp: Was Unternehmer angeht: null. Bei Sportlern ist die Frage, ob der Staat sich etwas überlegen muss. So jemand hat vielleicht zehn Jahre, um Geld zu verdienen. Kann man das nicht steuerlich auf 20, 30 Jahre umlegen um die Progression zu mildern? Dennoch muss ich sagen: Für mich ist es undenkbar, ein Land zu verlassen, das mir ermöglicht hat, zu studieren und das dafür sorgt, dass ich mich auf der Straße sicher fühlen kann. Wem es gut geht, der muss etwas zurückgeben.
Zweiter Komplex Schalke 04: Die TSG spielt am Samstag bei Schalke 04. Überrascht Sie das bisherige Abschneiden der Schalker?
Hopp: Was mich wundert, ist der respektable Erfolg in der Champions League einerseits und das bescheidene Abschneiden in der Bundesliga. Wobei ich einschränken muss: Ich glaube, Schalke erholt sich in der Liga gerade. Insofern sehe ich die Saison nicht so pessimistisch.
Ein Wort zum Modell Magath?
Hopp: Ich würde mich nicht wohlfühlen, wenn das bei uns so laufen würde. Nichts gegen Felix Magath, er ist sicher ein guter Trainer und hat auch von wirtschaftlichen Dingen Ahnung. Aber mir wäre das alles zu risikoreich.
Schauen Sie sich das Spiel an?
Hopp: Ich kündige das vorher grundsätzlich nicht an, vor keinem Spiel. Ich war früher bei jeder Auswärtspartie dabei, aber in der Bundesliga gibt es Stadien und Stimmungen, die ich lieber meide. Es ist schade, aber wohl nicht zu ändern.