Dortmund. Nach dem 3:2 gegen den FC Bayern ist das Wort Meisterschaft beim BVB kein Tabu mehr. Einer aber warnt weiter vor Bayern.
Nein, so beteuerten alle, abheben wollen sie bei Borussia Dortmund jetzt nicht, und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ging am Sonntag mit gutem Beispiel voran: Wegen technischer Probleme konnte sein Flieger zunächst nicht in Dortmund abheben. Und so kam der BVB-Boss zu spät an in München, wo er in einer Sky-Sendung auftrat. Es klappt eben auch nicht alles derzeit beim BVB, zumindest abseits des Rasens.
Auf dem Platz dagegen klappt fast alles, auch nach elf Spielen bleibt der BVB in der Bundesliga ungeschlagen. Und der 3:2 (0:1)-Sieg gegen den FC Bayern München ließ den Vorsprung auf den Rekordmeister auf sieben Punkte anwachsen.
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Als er endlich im Münchener TV-Studio angekommen war, tat Watzke allerdings alles, um der schwarz-gelben Euphorie entgegenzuwirken: „Ja, ich habe im Februar gesagt, dass wir da sein müssen, wenn die Bayern schwächeln“, sagte er. „Wir sind ja auch da. Aber die Bayern schwächeln nicht.“ Mit dem Rekordmeister müsse man „bis zum letzten Spieltag rechnen“.
Beste Werbung für den Fußball
Watzke wusste aber auch, dass er es schwer haben würde, Gehör zu finden nach dem am Ende verdienten Sieg des BVB in einer rasanten, prickelnden, intensiven Partie, die alle Beteiligten zurecht als beste Werbung für den Fußball einstuften.
Manche Profis waren denn auch ein gutes Stück weniger zurückhaltend als ihr Chef: „Wenn du sieben Punkte Vorsprung hast, wird es natürlich schwierig, zu sagen: Wir wollen nicht da oben stehen“, sagte Kapitän Marco Reus und bekräftigte: „Natürlich wollen wir da oben sein.“ Man bleibe „hoffentlich bis zum Ende der Saison“ an der Tabellenspitze, meinte Manuel Akanji, und Lukasz Piszczek ergänzte: „Wenn wir weiter so hungrig sind, können wir am Ende etwas erreichen.“ Sie alle beeilten sich hinzuzufügen, dass ja erst ein Drittel der Saison absolviert sei, dass man weiter konzentriert arbeiten müsse, dass noch nichts entschieden sei – was Fußballprofis in solchen Situationen eben so sagen. Aber das Wort Meisterschaft ist zumindest kein Tabu mehr in Dortmund.
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Das war nicht abzusehen gewesen nach der Anfangsphase, die die Münchener deutlich dominiert hatten. „Sie waren in dieser Saison noch nie so stark wie in diesen 30 Minuten“, urteilte BVB-Trainer Lucien Favre. Folgerichtig traf Robert Lewandowski zum 1:0 (26.). „Ich war zufrieden, nur mit 0:1 in die Kabine zu gehen“, sagte Favre. Und dort nahm er die richtigen Anpassungen vor, er brachte Mahmoud Dahoud für den indisponierten Julian Weigl, forderte mehr Mut von seinen Spielern – und versicherte ihnen, dass die Bayern ihr Tempo unmöglich würden halten können.
Unerschütterliches BVB-Selbstbewusstsein
Favre sollte recht behalten: Erst glich Reus per Elfmeter aus, nachdem Nationaltorhüter Manuel Neuer ihn zu Fall gebracht hatte (49.). Dass Lewandowski wenig später Bayern wieder in Führung brachte (52.), warf die Dortmunder nicht aus der Bahn. „Wir haben auf dem Platz das Gefühl, dass wir alles schaffen können“, sagte Akanji. „Und darum klappt das auch.“
Sinnbildlich für das unerschütterliche Selbstbewusstsein standen Kapitän Reus und Edeljoker Paco Alcácer. Beide ließen allerbeste Chancen liegen und drehten danach dennoch das Spiel – Reus mit einer herrlichen Direktabnahme (67.), Alcácer mit einem nicht minder prächtigen Heber über den herausstürzenden Neuer (73.). Bayern hatte dem Dortmunder Tempo, Esprit und Willen immer weniger entgegenzusetzen, das Modell einer relativ jungen Mannschaft mit einem erfahrenen Trainer zeigte sich dem einer alternden Mannschaft mit einem vergleichsweise unerfahrenen Trainer deutlich überlegen.
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Zur Feier des Tages ein Glas Rotwein
Favre nahm dies vergnügt zur Kenntnis, der 61-Jährige war geradezu aufgekratzt. Handgestoppte 2:24 Minuten dauerte seine erste Antwort auf der Pressekonferenz, für seine Verhältnisse ein regelrechter Redeschwall. Und zur Feier des Tages wollte er sich ein Glas Rotwein genehmigen, nachdem es kürzlich zum Geburtstag nur ein Glas Wasser gegeben hatte – „ohne Gas“.
Doch auch Favre hatte mahnende Worte parat: „Wir werden weiter von Spiel zu Spiel denken“, sagte er. „Und wir wissen, dass wir viel zu korrigieren haben.“ Für die Konkurrenz ist das nicht unbedingt eine ermutigende Botschaft.