Dortmund. Zweimal in Rückstand geraten, zweimal zurückgekommen: Beim 3:2 über den FC Bayern geht Trainer Favres Strategie voll auf.
Die Fans sangen, was sie schon oft gesungen haben in dieser Saison, aber spätestens an diesem Samstagabend wollte es niemand mehr für weltfremde Träumerei halten: „Deutscher Meister wird nur der BVB“, skandierte jener Teil der 81.365 Zuschauer, der es mit BVB hält, nachdem eine intensive, wilde Partie gegen den FC Bayern München letztlich verdient 3:2 (0:1) ausgegangen war. Sieben Punkte Vorsprung hat der Spitzenreiter BVB nun vor den Münchenern auf Tabellenplatz drei, vier immerhin vor Borussia Mönchengladbach. Und gerade die zweite Halbzeit durfte den Optimismus der Dortmunder wecken, dass sie ihren Spitzenplatz halten können.
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Nach 45 Minuten hatte es noch ganz anders gesehen. Die Gäste aus München „wollten zeigen, dass sie die Nummer eins in Deutschland sind“, sagte BVB-Abwehrspieler Manuel Akanji, entsprechend aufgedreht gingen sie ins Spiel, griffen die Dortmunder tief in deren Hälfte an und dominierten Spiel und Gegner. „30 Minuten war Bayern viel besser als vier“, meinte BVB-Trainer Lucien Favre. „Sie hatten Ballbesitz, haben das Spiel beherrscht.“
Dennoch hatten die schnellen BVB-Profis Räume für Konter. Aber Sancho versäumte den Pass auf den frei durchstartenden Reus (5.) und Mario Götze verschenkte eine 5:2-Überzahlsituation durch einen schwachen Pass in Jadon Sanchos Rücken (6.). Die größte Dortmunder Gelegenheit aber verschenkte Reus, als er Mats Hummels den Ball an der Mittellinie vom Fuß klaute, alleine aufs Tor zulief dann aber viel zu früh und schwach abschloss, sodass Manuel Neuer keinerlei Mühe hatte, den Ball festzuhalten (10.).
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Und so waren es die Bayern, die das Tor machten: Jacob Bruun Larsen und Achraf Hakimi ließen Serge Gnabry auf der rechten Seite erstaunlich viel Platz, den dieser für eine butterweiche Flanke auf Lewandowski nutzte. Der Ex-Dortmunder hatte sich zwischen den BVB-Innenverteidigern davongestohlen und köpfte unbedrängt ein – Marwin Hitz, der den wegen einer Oberschenkelprellung fehlenden Stammtorhüter Roman Bürki ersetzte, war ohne Chance (26.). „Ich habe viele Spiele der Bayern in dieser Saison gesehen, aber sie waren nie so stark wie in diesen 30 Minuten“, meinte Favre. „Ich war zufrieden, nur mit 0:1 in die Kabine zu gehen.“
Aus dieser aber kamen die Dortmunder wie ausgewechselt – auch weil Favre reagierte und Mahmoud Dahoud für den indisponierten Julian Wegl brachte. Den Münchenern entglitt die Kontrolle über das Zentrum, was sich schnell bemerkbar machte: Sancho steckte durch auf Reus, Manuel Neuer brachte Reus zu Fall – und der verwandelte den fälligen Elfmeter traumwandlerisch sicher (49.). „Ich hatte in der ersten Halbzeit keinen Spaß, weil mir Thomas Müller ständig auf den Füßen stand und ich nicht so viele Ballkontakte hatte“, erzählte Axel Witsel. „Aber nach der Pause hatte ich richtig Spaß. Ich war öfter am Ball, wir haben viel mehr nach vorne gespielt.“
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Tatsächlich schien der BVB einem zweiten Tor nahe – es fiel aber erst einmal auf der anderen Seite. Die Münchener kombinierten sich mit schnellen Pässen durch die Dortmunder Defensive, am Ende flankte wieder Kimmich, köpfte wieder Lewandowski und die Bayern lagen 2:1 vorne (52.). Doch das schwarz-gelbe Selbstvertrauen schien an diesem Tag unerschütterlich: „Wir haben auf dem Platz das Gefühl, dass wir alles schaffen können, und darum klappt das auch“, erklärte Akanji.
Und wie es klappte: Zunächst ließen die Gastgeber noch beste Chancen aus, doch dann flankte Lukasz Piszczek scharf von recht und Marco Reus jagte den Ball direkt zum 2:2 ins Tor (67.). Nun war Dortmund endgültig die spielbestimmende Mannschaft, die Bayern hatten dem BVB-Tempo kaum noch etwas entgegen zu setzen. Axel Witsel schlug aus der eigenen Hälfte einen Steilpass auf den eingewechselten Paco Alcácer und der blieb allein vor neuer cool und lupfte den Ball über den hinausstürzenden Torhüter zum 3:2 ins Tor (73.).
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Und so konnte der zufriedene Favre gleich zwei zutreffende Erkenntnisse mitnehmen: „Das war ein verrücktes Spiel, super Werbung für die Bundesliga“, sagte der 60-Jährige. Und: „Nach 95 Minuten war es kein unverdienter Sieg.“