Berlin. Kai Havertz konnte dem DFB-Pokalfinale nicht seinen Stempel aufdrücken. Womöglich war es sein letztes Spiel für Bayer Leverkusen.
In der letzten Szene des Spiels durfte Kai Havertz dann doch noch einmal seine Klasse unter Beweis stellen. Der 21-Jährige knallte einen Strafstoß in den Winkel, besser lässt sich ein Elfmeter nicht schießen. Es war das zweite Tor für Bayer Leverkusen in diesem Pokalfinale, Ergebniskosmetik beim dennoch deutlichen 2:4. Wieder einmal erwies sich der FC Bayern München als zu stark. Auch weil Leverkusens Super-Talent in seinem ersten Endspiel einen schwachen Tag erwischt hatte und Lehrgeld zahlen musste.
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„Ich werde hier nicht einen Spieler beurteilen“, sagte Leverkusens Trainer Peter Bosz im Anschluss. Die 90 Minuten im Berliner Olympiastadion wirkten in der Nachbetrachtung jedoch so, als hätte sich der 56-Jährige mit seiner Aufstellung verzockt. Er hatte eine defensivere Aufstellung als üblich gewählt und seinen besten Spieler in den Sturm beordert: Havertz sollte als falsche Neun agieren. Dass er das durchaus kann, hatte der Nationalspieler in der Bundesliga bereits bewiesen, doch gegen einen Gegner von der Klasse des FC Bayern ging der Plan nicht auf.
FC Bayern kann sich Kai Havertz in diesem Jahr nicht leisten
In den ersten 45 Minuten hing Havertz völlig in der Luft. Der Edeltechniker fand gegen die Bayern-Abwehr um Jerome Boateng und David Alaba nie den Weg zum Tor, hatte kaum Ballkontakte und wirkte auch nicht glücklich mit der ihm zugeteilten Rolle. „Wir haben mit drei schnellen Spielern gespielt und wollten den Ball hinter die Kette legen. Bayern fängt immer aggressiv an und macht früh Druck nach vorne. Da geben sie einem viele Räume. Wir wollten diese mit schnellen Spielern nutzen“, erklärte Bosz die Aufstellung in der Offensive mit Havertz und den beiden Außen Leon Bailey und Moussa Diaby.
Doch zur Halbzeit lag Leverkusen 0:2 zurück und war bis dahin chancenlos. Besser wurde es erst nach dem Seitenwechsel, einer Systemumstellung und der Hereinnahme von Kevin Volland – einem echten Stürmer. Havertz durfte nun endlich als Spielmacher agieren und zeigen, dass er mit wesentlich mehr Spielfeldfläche vor den Augen ein besserer Spieler ist sowie größeren Einfluss auf seine Mannschaft hat. Immerhin konnte er nun das eine oder andere Mal zeigen, warum er als größtes Versprechen des deutschen Fußballs gilt.
Seit Monaten ranken sich Spekulationen um die Zukunft von Kai Havertz, dessen Name auf dem Zettel von Topklubs in ganz Europa steht. Auch der FC Bayern galt als Interessent, allerdings schob Münchens Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge den Gerüchten in den vergangenen Tagen einen Riegel vor. „Das wird für uns in diesem Jahr finanziell nicht möglich sein“, sagte er in einem Interview mit Sport1.
Chelsea steigt wohl in den Poker um Kai Havertz ein
Andere große Vereine sind jedoch noch im Rennen. Das Interesse von Real Madrid ist längst verbrieft, rund um das Pokalfinale berichtete die englische Zeitung „Telegraph“, dass der FC Chelsea nach der Verpflichtung von Timo Werner von RB Leipzig auch im Poker um Havertz Ernst machen möchte, ein Angebot aber noch nicht eingegangen sei.
Leverkusen pocht weiterhin auf einen dreistelligen Millionenbetrag als Ablöse für Havertz, dessen Vertrag bei der Werkself noch bis 2022 gültig ist. Klar ist: Sollte ein Klub bereit sein, diese Summe zu zahlen, dürfte auch Bayers Sport-Geschäftsführer Rudi Völler schwach werden. In den nächsten Tagen sollen Gespräche zwischen Havertz und Leverkusen stattfinden.
Könnte der enttäuschende Abend von Berlin also etwa schon der letzte Auftritt von Havertz im Bayer-Trikot gewesen sein? „Nein, das glaube ich nicht“, sagte Peter Bosz. Aus sportlicher Perspektive wünschen sich der niederländische Trainer und Sportchef Völler natürlich einen Verbleib ihres jungen Stars. Nicht zuletzt, weil im August in Nordrhein-Westfalen auch noch das Final-Turnier der Europa League stattfindet, in der Leverkusen nach einem 3:1-Hinspielsieg über die Glasgow Rangers mit einem Bein im Viertelfinale steht. Im Juni hatte Völler noch gesagt, dass es für ihn „selbstverständlich“ sei, dass Havertz auch bei einem Abgang dieses Turnier noch bestreiten werde. Ob sich darauf ein potentieller neuer Klub allerdings einlassen würde, ist zu bezweifeln.