Berlin. Die Bayern haben zum 20. Mal den DFB-Pokal und zum 13. Mal das Double gewonnen. Beim ersten Geister-Endspiel bezwang der FCB Leverkusen mit 4:2.

Eine Viertelstunde war gespielt im leeren Berliner Olympiastadion, als sich David Alaba den Ball rund 17 Meter vor dem Tor zurechtlegte. Dass der Österreicher im Dress des FC Bayern München über einen der besten linken Füße der Bundesliga verfügt, ist allseits bekannt – und doch konnte Bayer Leverkusens Torwart Lukas Hradecky gegen diesen perfekt gezielten Freistoß in den Winkel nichts ausrichten. Der Treffer zum 1:0 im DFB-Pokalfinale war der Wegbereiter für den 20. Titel des Rekordsiegers, der letztlich mühelos 4:2 siegte. Leverkusen muss dagegen weiterhin auf den ersten Titel seit 27 Jahren warten.

Bayern-Trainer Hansi Flick setzte auf exakt jene Elf, die vor zwei Wochen in Bremen die 30. Deutsche Meisterschaft perfekt machte und Anfang Juni 4:2 gegen Leverkusen gewann. Der wiedergenese Thiago musste also zunächst auf der Bank Platz nehmen, im Zentrum spielte Leon Goretzka an der Seite Joshua Kimmichs. Erstmals seit seinem Kreuzbandriss aus dem Oktober stand Niklas Süle (24) wieder im Kader.

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Auf Leverkusener Seite tauschte Peter Bosz im Vergleich zum 1:0-Sieg gegen den FSV Mainz 05 am letzten Bundesliga-Spieltag auf fünf Positionen. Für den verletzten Daley Sinkgraven, Jonathan Tah, Kerem Demirbay, Florian Wirtz und Kevin Volland begannen Edmond Tapsoba, Wendell, Charles Aranguiz, Moussa Diaby und Kai Havertz, der beide Liga-Spiele zwischen Leverkusen und Bayern in dieser Saison verpasst hatte. Havertz agierte ganz vorne.

Plan von Bayer Leverkusen geht nicht auf

Es war eine defensivere Variante als üblich, die Leverkusens Trainer wählte. Der Plan war klar: Nach Ballgewinn wollte der Tabellenfünfte der abgelaufenen Saison über die flinken Außenspieler Leon Bailey, der im Bundesliga-Hinspiel doppelt traf, und Diaby möglichst schnell umschalten und die Bayern kalt erwischen. Das Vorhaben ging jedoch gründlich schief.

Von Beginn an nahm der Favorit das Heft in die Hand. 20 von 21 Spielen hatte die Mannschaft von Hansi Flick bis dato im Kalenderjahr 2020 gewonnen, dementsprechend groß war das Selbstvertrauen. Ein erster Kopfball von Robert Lewandowski blieb ungefährlich (3.), Joshua Kimmich, der über das Leverkusener Tor zielte (9.) und Kingsley Coman, dessen Schuss zentral in den Armen von Hradecky landete (10.), näherten sich langsam an. Fünf Minuten später stellte sich der nicht immer sicher wirkende Leverkusener Innenverteidiger Edmond Tapsoba in Strafraumnähe plump an und rannte Lewandowski um – den fälligen Freistoß nutzte Alaba wie erwähnt zur Führung.

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Bayern gab der Vorsprung zusätzliche Sicherheit, während Leverkusen nur noch hinterherlief. Hradecky verhinderte zunächst mit einer starken Parade gegen Thomas Müller, der in eine Hereingabe von Serge Gnabry stürmte, noch das 0:2 (22.), war jedoch zwei Zeigerumdrehungen später machtlos. Kimmich gewann den Ball gegen Julian Baumgartlinger und suchte per Steilpass direkt den Weg nach vorne. Sven Bender hob das Abseits auf, Gnabry schoss aus halbrechter Position unhaltbar ins lange Eck. Das 2:0 nach 24 Minuten war hochverdient.

Bayer Leverkusen: Kai Havertz ohne Bindung zum Spiel

Doch was war mit Leverkusen? Es kam so gut wie nichts. Zweimal gelang es Bayer, Bailey und Diaby in Szene zu setzen, beide Male standen sie jedoch im Abseits. Havertz wirkte ungewohnt teilnahmslos und nicht glücklich in seiner Rolle ganz vorne, wo er gegen Alaba und Jerome Boateng zumeist auf verlorenem Posten stand. Nach einer halben Stunde wurde die Partie zwar ausgeglichener, aber mehr als ein Schuss von Lars Bender (45.), den Manuel Neuer festhalten konnte, sprang nicht heraus. So ging es mit einem 2:0 in die Kabine.

Bosz reagierte zur Pause, wechselte doppelt und stellte auf ein 4-4-2- um. Volland und Demirbay kamen für Nadiem Amiri und Baumgartlinger ins Spiel, wodurch Havertz mehr Unterstützung in der Offensive bekommen sollte. Zunächst sorgten aber wieder nur die Münchener für Gefahr. Lewandowski verzog nach schöner Vorarbeit von Coman aus aussichtsreicher Position ungewohnt deutlich (55.).

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Doch plötzlich kam Leverkusen. Erst verschätzte sich Neuer bei einem langen Ball gegen Bailey, der aus dieser Situation aber kein Kapital schlagen konnte. Eine Minute später eilte Diaby allen Bayern-Verteidigern davon und legte hervorragend für den mitgelaufenen Volland auf. Der 27-Jährige hätte nur einschieben brauchen – traf den Ball aber nicht (57.).

Just in diese Phase schlug Bayern wieder zu, dank gütiger Mithilfe der Leverkusener. Tapsoba sah gegen Lewandowski erneut nicht gut aus, der Pole zog einfach mal aus etwas mehr als 20 Metern ab. Hradecky bekam die Kugel trotz des zentralen Schuss nicht unter Kontrolle und legte sich den Ball mehr oder weniger selbst hinein (59.). Die Entscheidung?

Bayern ermöglicht Bayer Leverkusen noch einige Chancen

Nicht ganz. Denn Bayer hatte offenbar Gefallen daran gefunden, weiter nach vorne zu spielen. Nach einer Ecke von Demirbay köpfte Sven Bender am zweiten Pfosten zum 1:3 aus Bayer-Sicht ein (64.). Zwei Minuten später verpasste Volland nach Diaby-Flanke knapp den Anschlusstreffer. Es war die beste Phase im Spiel der Leverkusener, der Flick-Elf fehlte trotz des Lewandowski-Treffers plötzlich der Zugriff.

Aber die Werkself nutzte die sich bietenden Chancen nicht. Weder der glücklose Volland (71.) noch Bailey (75.). Dazwischen vergab Lewandowski die endgültige Entscheidung (74.) – es war endlich der packende Schlagabtausch, den sich der neutrale Zuschauer von Beginn an gewünscht hatte. Hätte Diabys Hereingabe auf Karim Bellarabi mehr Genauigkeit gehabt, es hätte zudem noch einmal richtig spannend werden können (85.). Stattdessen stellten die Bayern den alten Vorsprung wieder her: Lewandowski schnürte mit einem schicken Lupfer seinen Doppelpack und traf zum 4:1 (89.). Dass Havertz in der Nachspielzeit per Strafstoß nach Handspiel von Alphonso Davies noch einmal verkürzte, war nicht mehr als Schadensbegrenzung.