Dortmund. Der BVB verliert immer mehr den Anschluss an die Bundesliga-Spitzenränge. Ein spezieller Fall würde dem Revierklub erneut helfen.
Vielleicht öffnet sich wieder ein Hintertürchen, durch das die Dortmunder schlüpfen können, um sich für den wichtigsten europäischen Mannschaftswettbewerb zu qualifizieren. Sollte die Bundesliga im Europapokal erneut zu den beiden erfolgreichsten Ligen gehören wie im vergangenen Jahr, als der BVB sensationell ins Königsklassen-Finale galoppierte, dann würde erneut Platz fünf für die Champions League genügen.
Hätte, sollte, noch bleibt das alles im Konjunktiv – und überhaupt: Nach dem 1:1 gegen die TSG Hoffenheim befindet sich Borussia Dortmund nur auf Rang acht. In einer Saison, in der die Entwicklung nach oben zeigen sollte, in der der Klub aus der neuntgrößten Stadt Deutschlands wieder Freude hervorrufen wollte, gerät das Minimalziel, also der Sprung in die Königsklasse, in Gefahr.
Stagnation anstatt Fortschritt. Enttäuschung anstatt Euphorie. Mittelmaß anstatt Titelkampf.
BVB muss in der Bundesliga dringend Punkte einfahren
„Wir haben noch ein Spiel, das müssen wir gewinnen. Egal mit welchen Mitteln“, sagte Sportdirektor Sebastian Kehl. Am kommenden Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) beschließt der BVB sein Fußballjahr beim VfL Wolfsburg. Dort, in der Autostadt, ist der Verein im Oktober bereits aus dem DFB-Pokal geschlittert. Diesmal geht es gegen den Tabellennachbarn darum, den Anschluss an die oberen Ränge zu halten, um sich dann in der kurzen Winterpause zu erholen und zu analysieren, wo die Probleme liegen.
Eigentlich sind die Verantwortlichen um Sport-Geschäftsführer Lars Ricken überzeugt von der Qualität des Kaders, eigentlich glauben sie auch an die Führungsstärke von Trainer Nuri Sahin. Aber ausgerechnet im Heimspiel gegen Hoffenheim, indem es nach drei Pflichtspielen ohne Sieg darum ging, nicht wieder in ein Loch zu fallen, zeigte Sahins Elf ihre schwächste Saisonleistung.
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Dies sei schwer erklärbar, meinte Kehl. Er sei „sehr sauer und sehr enttäuscht“, schimpfte Sahin. „Das war eine Katastrophenvorstellung. Die Art und Weise, wie wir aufgetreten sind, das geht überhaupt nicht“, motzte Kapitän Emre Can.
BVB: Ausgerechnet Bruun Larsen trifft, ausgerechnet Lührs begeht den Fehler
Viel Wut über eine Misere, die mehrere Auslöser hat. Weiterhin erschweren die vielen Ausfälle die Weiterentwicklung. Am Sonntagabend fehlten Nuri Sahin in Niklas Süle, Julian Ryerson und Waldemar Anton unter anderem drei potenzielle Defensiv-Stammkräfte. Als dann kurz vor Schluss Rechtsverteidiger Yan Couto aufgrund von Muskelbeschwerden ausgewechselt werden musste, betrat Yannik Lührs, eigentlich mit der U23 in der Dritten Liga beheimatet, den Rasen. Und es kam, wie es kommen musste: TSG-Torschütze Jacob Bruun Larsen, bis 2020 beim BVB unter Vertrag, entwischte Lührs im Rücken und riss seinem Ex-Klub den Sieg in der Nachspielzeit aus den Händen. „Das Spiel nach einem Einwurf herzuschenken, das darf uns auf dem Niveau nicht passieren“, sagte Kehl.
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Es ist es aber, wodurch der Abstand auf den Vierten RB Leipzig auf fünf Punkte angewachsen ist. Eine Lücke, die erst mal gestopft werden muss. Zumal die Dortmunder wie ein Orchester wirken, das es mal schafft, gemeinsam zu musizieren, in dem dann aber plötzlich wieder jeder seine eigene Melodie spielt.
BVB-Kapitän Emre Can: „Nicht zu wichtig nehmen“
Sahin ist mit dem Ziel angetreten, dass seine Mannschaft Dominanz durch Ballbesitz erzeugt, dass sie so mehr Konstanz erlangt. „Du musst einfach den Ball laufen lassen“, sagte der Trainer, stattdessen „hatten wir unglaublich viele Ballverluste“, bemängelte Verteidiger Nico Schlotterbeck, der trotz einer Bänderverletzung auf dem Platz gestanden hatte. „Ich habe das Gefühl, viele sind einfach mit sich selbst beschäftigt, das darf nicht sein. Mentalität kriegt man nur als Mannschaft zusammen, wenn alle Spieler auf dem Platz das gleiche denken und alle sich nicht zu wichtig nehmen“, kritisierte Emre Can.
So ploppt wieder die Mentalitätsfrage auf, zudem stellt sich die Frage der Fitness. „Es ist nicht zum ersten Mal passiert, dass wir im dritten Spiel einer Englischen Woche Probleme hatten“, räumte Nuri Sahin ein. Hoffnung macht, dass sich der BVB diesmal eine Woche lang ausruhen kann, dass Julian Brandt, Waldemar Anton und Julian Ryerson zurückkehren könnten. Platz fünf könnte zur Champions-League-Qualifikation reichen. Um dieses Hintertürchen aber nicht aus dem Blick zu verlieren, muss Wolfsburg bezwungen werden.