Berlin. Der Supersprinter kommt spät zum Termin im Beach-Club von Berlin, redet nicht gern - und schon gar nicht über Doping. Wer zum schnellsten Mann der Welt möchte, muss an ein paar der stärksten Männer der Welt vorbei.

Sie tragen grüne T-Shirts und sehen aus wie gesperrte russische Hammerwerfer. Usain Bolt soll um Gotteswillen nichts passieren. Es ist sein einziger öffentlicher Auftritt vor der Leichtathletik-WM in Berlin, die am Samstag beginnt.

Der 100-m-Weltrekordler aus Jamaika ist noch nicht da. Im Beachclub „Yaam”, der sich hinter dem Ostbahnhof an die Reste der Berliner Mauer schmiegt, gibt es Carib-Bier und coole Jungs mit Rasta-

locken. Wo ist Bolt? Im Rücken der Leibwächter läuft die Rastafahndung an. Aber sie wird nach einer halben Stunde langweilig. Die Mädchen hinter der Bar haben Lächeln, die groß wie Essteller sind, also bestellt man noch ein Carib und wartet. Es ist wie in der Karibik, vielleicht klappt es heute, vielleicht morgen. Wer weiß? Aus den Boxen dröhnt Reggae.

Doch der Sportartikel-Ausrüster des 22-Jährigen will ins Fernsehen und lässt die Kameras nicht allzu lange warten. Bolt wird durch einen Hintereingang eingeschleust und bahnt sich den Weg auf die kleine Bühne des Clubs durch einen schwarzen Vorhang. Die Luft ist stickig, die Scheinwerfer heizen den Raum zusätzlich auf. Alle schwitzen, nur Bolt nicht.

Wie ihm Berlin gefällt? „Ach”, sagt er. „Jeder große Wettkampf ist für mich Business. Das Wetter in Berlin ist okay, aber sonst sehe ich nicht viel von der Stadt. Wenn ich vor die Tür gehe, muss ich nur Autogramme schreiben, also bleibe ich in meinem Zimmer.”

Bolt spricht nicht gerne über Doping.
Bolt spricht nicht gerne über Doping. © AFP

Die Sprache ist nicht seine Feindin, aber sie ist auch nicht seine Geliebte. Der dreimalige Olympiasieger aus Peking spricht im Nuschelton, aber mit großem Respekt über seinen Rivalen Tyson Gay. Nein, findet Bolt, das 100-Meter-Finale sei auf keinen Fall ein „Fight”, es sei ein Rennen. Eben ein Wettkampf gegen „einen anderen unheimlich schnellen Typen aus den USA”.

Und wer ist nun der schnellere der beiden Typen? „Ich!” Bolt wirkt so selbstbewusst, als könne er mit einem Sprung von seinem Ego Selbstmord begehen. „Das Selbstbewusstsein habe ich durch mein Training erlangt”, sagt er. „Ich arbeite jeden Tag hart, und daher bin ich sehr schnell.”

Der Moderator auf der Bühne hat vorgebeugt. Unangenehme Fragen zum Thema Krach in der Sprintmannschaft der Jamaikaner – unter anderem hatte das Team den früheren Weltrekordler Asafa Powell kurzzeitig von der WM verbannt und dann wieder aufgenommen – sind nicht erlaubt. Dafür sei eine weitere Pressekonferenz am Abend an anderer Stelle vorgesehen. Auch das Wort Doping taucht im Beachclub nicht auf.

Bolt mag das Thema nicht. In einem Fernseh-Interview wurden seine Lippen zuletzt bei Fragen nach Doping schmal wie ein Schnitt. Ob er mal in Versuchung gewesen sei? Ob er mal Kontakt zu Doping-Dealern gehabt habe? Ob er mal etwas ausprobiert habe? Der 22-Jährige, der bis dahin locker geplaudert hatte, schwieg und antwortete auf jede Frage nur noch mit Kopfschütteln.

So weit lässt es die Regie im „Yaam” nicht kommen. Die karibische Welt ist heil, und Bolt wird noch ein paar Sätze los, auf die alle warten:

„Ich bin im Form, ich habe keine Probleme, alles wunderbar.” Ob er in Berlin einen Weltrekord laufen wird? „Man weiß nie.”

Das war's! Die Männer in den grünen T-Shirts rücken wieder an. Bolt verschwindet. Samstag wird er bei den Vorläufen im Stadion wieder zu sehen sein. Auch nur kurz; etwa zehn Sekunden.